09:47 BAUBRANCHE

Bauregion Bern: Kanton behauptet sich dank guter Konjunktur

Geschrieben von: Stefan Schmid (sts)
Teaserbild-Quelle: KWO

Bern hat sich im letzten Jahr gut entwickelt. Grossprojekte im Hochbau betreffen das Gesundheitswesen und die Bildung, aber auch die Industrie. Die Umsetzung des Richtplans bietet wenig Anlass zu Diskussionen. Die Achse Thun-Bern-Biel bleibt der Wachstumsmotor der grössten Bauregion der Schweiz. Doch wird der Kanton mit weniger Geld aus dem Finanzausgleich rechnen müssen.

Unser Berner Werk führt Projektevorbildlich durch. Wir haben Mitarbeitende von hier in unsere Fabriken ins Ausland geschickt, damit dort von Bern gelernt werden kann», sagte Paul Perreault, Chef des australischen CLS-Konzerns, als er beim Besuch den Stand der Bauarbeiten für die Erweiterung des Werks in Bern-Wankdorf überprüfte.

Das grösste Tochterunternehmen CSL Behring erstellt dort bis Ende 2020 für 250 Millionen Franken ein neues Gebäude samt Produktionsanlagen. Evaluiert als Standort wurden auch Irland und Singapur, die finanziell sehr gute Angebote gemacht hätten. Bei der Wahl eines Standorts gehe es aber um eine Gesamtbetrachtung wie die Loyalität der Mitarbeitender. «Diese Stabilität ist gut für uns», betonte Perreault im Interview mit der Zeitung «Der Bund». Die Chancen stünden gut, dass in Bern weiter investiert werde. «Die grösste Schwierigkeit ist es immer, neues Bauland zu finden», schränkt CEO Perreault gegenüber dem «Bieler Tagblatt» ein, und lobt die Zusammenarbeit mit den Berner Behörden. Im bernischen Lengnau hat der Konzern bereits eine Milliarde Franken in eine Biotechfabrik für die Herstellung von Medikamenten investiert.

Die Westinghouse Air Brake Company (Wabco) verlegt ihren Hauptsitz von Brüssel nach Bern. Das vor 150 Jahren gegründete Unternehmen stellt unter anderem Bremssysteme für Nutzfahrzeuge her. Vorerst ziehen 40 Mitarbeiter nach Bern um. Geplant sei später der Aufbau eines Technologiezentrums für Forschung und Entwicklung des autonomen Fahrens. Die Rede ist von 100 bis 200 zusätzlichen Arbeitsplätzen. Für den an der New Yorker Börse gelisteten Konzernwar bei der Sitzverlegung dem Vernehmen nach vor allem die Nähe zur Berner Fachhochschule sowie zu Industriepartnern entscheidend.

Bern kann bei der Ansiedlung von Unternehmen Erfolge vermelden, doch wegen der Anpassungen beim Finanzausgleich muss der Kanton mittel- fristig mit Einbussen rechnen. Dabei muss Bern immer mehr Zentrumslasten übernehmen.

Quelle: Bern Tourismus

Bern kann bei der Ansiedlung von Unternehmen Erfolge vermelden, doch wegen der Anpassungen beim Finanzausgleich muss der Kanton mittel- fristig mit Einbussen rechnen. Dabei muss Bern immer mehr Zentrumslasten übernehmen.  

Investitionen in Bildung

Die Berner Fachhochschule konzentriert ihre Aktivitäten in Biel sowie an drei Standorten in Bern. In Bern sollen die Bauarbeiten für den Campus Bern-Weyermannshaus laut aktuellem Planungsstand 2022 beginnen. Für den Campus in Bern rechnet der Kanton mit Investitionen von 364 Millionen Franken (siehe auch «Campus beim Weiher» Seite 28). Der Campus in Biel für 233 Millionen Franken soll 2022 bezugsbereit sein. Bis Ende 2020 entsteht zudem in Biel der Switzerland Innovation Park Biel / Bienne (SIPBB). 45 Millionen Franken kostet der Bau samt Forschungsanlagen. Finanziert wird das Projekt vom Kanton, den SIPBB-Aktionären sowie der Berner Kantonalbank.

Die Universität Bern soll ein neues Forschungszentrum für nachhaltige Entwicklung und Umwelt erhalten. Für die Grundfinanzierung und die Umsetzung des Wyss Centre hat der Grosse Rat bereits 50 Millionen Franken gesprochen, 50 Millionen kommen von der Universität und 100 Millionen Franken von der Stiftung des gebürdigen Berner Milliardärs Hansjörg Wyss.

Leichte Ergebnisverbesserung

Ein solides Finanzergebnis erwartet auch dieBerner Finanzdirektorin Beatrice Simon. Sie stellte für die Rechnung 2018 «eine leichte Ergebnisverbesserung» gegenüber dem Budget in Aussicht. Der Kanton könnte von der guten konjunkturellen Entwicklung profitiert und mehr Steuern eingenommen haben. Die Staatsrechnung 2018 liegt wegen der Umstellung auf das neue harmonisierte Rechnungslegungsmodell (HRM) erst
Anfang Juni vor. Die Jahresrechnung 2017 präsentiert sich bei einem Aufwand von 11,30 Milliarden Franken und einen leicht tieferen Ertrag von 11,29 Milliarden ausgeglichen.

Doch trotz der momentan guten Entwicklung bei den Kantonsfinanzen bleibt der Druck auf Bern beim Steuerrecht bestehen. «Wir sind als Wirtschaftsstandort weniger attraktiv, denn trotz anderer Faktoren spielen die Steuern eine Rolle», gab die Finanzdirektorin zu bedenken, nachdem die Revision des Steuergesetzes an der Urne abgelehnt wurde. Die Gewinnsteuern hätten moderat von 21,64 auf 18,71 Prozent gesenkt werden sollen. Befürchtet wurden Mindereinnahmen, die sich laut Regierungsrat bei Kanton, Gemeinden und Kirchgemeinden insgesamt auf 161 Millionen Franken belaufen hätten. Damit gerät Bern gegenüber anderen Kantonen steuerlich weiter ins Hintertreffen. Schweizweit wurden die Gewinnsteuersätze zwischen 2007 in den Kantonen im Durchschnitt von 20,76 auf 17,71 Prozent (2018) gesenkt, wie der «Berner Steuermonitor» des Beratungsunternehmens KPMG zeigt. Dass Bern im internationalen Vergleich gut dastehe, helfe dem Kanton kaum, da der Wettbewerb um gute Steuerzahler im Inland stattfinde, mahnt der Handels- und Industrievereins des Kantons.

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