09:06 BAUBRANCHE

Bauprognose: Dynamischer Baumarkt in der Flughafenregion Zürich

Geschrieben von: Jörg Schläpfer
Teaserbild-Quelle: Ricardo Gomez Angel, unsplash

In der Flughafenregion Zürich bleibt der Baumarkt dynamisch. 2022 ist gegenüber dem Vorjahr mit einem Anstieg der Bauinvestitionen von sieben Prozent zu rechnen. Das geht aus der neusten Bauprognose hervor, die das auf Bau- und Immobilienmärkte spezialisierte Beratungsunternehmen Wüest Partner auf Basis von Daten der Docu Media Schweiz GmbH erstellt hat. Das Wachstum in der Region wird deutlich höher ausfallen als in der gesamten Schweiz, bei der die Wachstumserwartung bei zwei Prozent liegt.



Entwicklung nach Bauwerksart

Getragen wird das prognostizierte Wachstum in der Flughafenregion Zürich hauptsächlich von der bedeutendsten Bauwerkskategorie, dem Neubau von Mehrfamilienhäusern. Da der Wohnungsleerstand in der Flughafenregion weniger stark angestiegen ist als in der Gesamtschweiz, sind institutionelle Investoren weiterhin sehr daran interessiert, hier Wohnbauten zu entwickeln. In der Flughafenregion wurden zwischen Juli 2018 und Juni 2021 im Jahresschnitt Bewilligungen für den Neubau von 1434 Wohnungen erteilt, das zeigen Datengrundlagen der Docu Media Schweiz GmbH für jede Mitgliedsgemeinde (siehe Abbildung  1). Damit werden pro tausend Einwohner in der Flughafenregion acht Wohnungen pro Jahr baubewilligt, bei den Einfamilienhäusern sind es nur 0,3 Einheiten.

Das Verhältnis von neuen Wohnungen in Mehrfamilienhäusern und Einfamilienhäusern ist in der insgesamt urban geprägten Flughafenregion also deutlich. An dieser Stelle ist festzuhalten, dass die Entwicklung der Neubauten von Einfamilienhäusern in der Flughafenregion zwischen 2018 und 2022 dynamischer ausfällt als in den Jahren davor. Die im Homeoffice verstärkten Bedürfnisse nach einem Einfamilienhaus führten dazu, dass 2022 auch schweizweit zum ersten Mal seit über zehn Jahren mit einer Erhöhung der Neubauten von Einfamilienhäusern gerechnet werden kann. Mittlerweile wird in der Flughafenregion mehr in baubewilligungspflichtige Bildungsbauten investiert als in Einfamilienhäuser.

Darüber hinaus wird auch weiterhin in Büro- und Verkaufsliegenschaften investiert, und dies obwohl mit «The Circle» der grösste Schweizer Hochbau mittlerweile seine Tore geöffnet hat. Es scheint also, dass das grösste Schweizer Hochbauprojekt eher den Standort als Ganzes stärkt, als dass es weitere Neubauprojekte aus Kapazitätsgründen verhindert.

Das hohe Tempo der Entwicklung dürfte nachhaltig sein. Dies zeigt sich auch bei den Industrie- und Gewerbebauten. Das Segment leidet zwar unter den Auswirkungen der Pandemie, profitiert aber vom Trend der fortschreitenden Digitalisierung. So entstehen in Glattbrugg und Rümlang neue, grössere Rechenzentren.



Ausblick nach Bauberuf und Bauteil

Die Zusammensetzung nach Bauwerksarten hat Auswirkungen auf die Lage in den einzelnen Segmenten. Da das Wachstum von Spezialobjekten wie Rechenzentren und vor allem dem Wohnbaumarkt getrieben ist, aber Bürobauten den Zenit erreicht haben, ist die Zusammensetzung der Bauwerksart eher negativ für das Segment der Fenster. 

In der Flughafenregion Zürich dürften die Investitionen im Jahr 2022 um sieben Prozent tiefer liegen als noch im Vorjahr. Entsprechend fällt auch der Wachstumsausblick für Fensterbauer negativ aus, wobei auch Schreinerarbeiten tangiert sind. Letztere aber haben dank einer guten Auftragslage bei Küchenbauten eine insgesamt neutrale Wachstumserwartung, und dies obwohl 2022 im Vorjahresvergleich weniger Innentüren verbaut werden. Maler und Gipser wiederum können von einer positiven Wachstumsaussicht ausgehen.

Einordnung des Wachstums

Der Ausblick für den Baumarkt in der Flughafenregion Zürich ist somit positiv. Die Stärke des Baumarkts ist nicht überraschend. Auch in der Flughafenregion profitieren die Baufirmen davon, dass das Vertrauen in die Wirtschaft zurückgekehrt ist, zumal auch die Bevölkerungsentwicklung stetig ansteigend ist (siehe Abbildung 2). Darüber hinaus werden Bauinvestitionen gefördert, da die Zinsen tief sind. Auch stellen Politik und Gesellschaft immer höhere Anforderungen an den Gebäudepark.

Die Auftragsbücher vieler Baufirmen sind deshalb voll und die Beschäftigungslage sowohl im Hochbau wie auch im Ausbaugewerbe deutlich angestiegen. Doch trotz hoher Investitionssummen fallen die Margen bei vielen Betrieben eher bescheiden aus – nicht zuletzt aufgrund verschärfter Konkurrenzsituationen.

Aktuell erhöhen mehrere Baumarktakteure ihre Preise. Und so trägt auch die Entwicklung der Baupreisteuerung zur erwarteten Umsatzsteigerung bei. Im April 2021 lag der Zürcher Wohnbaupreis um 1,2 Prozent höher als im Vorjahresmonat. Die Preise für Materialien wie Holz oder Dämmstoffe sind deutlich angestiegen und wirken sich entsprechend auf die Kosten von neuen Bauprojekten aus.

Die jüngste Vergangenheit war herausfordernd für den Baumarkt. Das Projekt «The Circle», das über Jahre ein hohes Bauvolumen generierte, feierte im Jahr 2020 in Kloten Eröffnung. Entsprechend kann 2021 kein ähnlich hohes Wachstum erwartet werden. Zusätzlich haben auch der lange und harte Winter 2021, punktuelle Lieferengpässe und die Corona-Pandemie mit ihren zahlreichen Unsicherheitsfaktoren und den neuen Sicherheitsvorschriften auf den Baustellen den Schweizer Baumarkt auf eine harte Probe gestellt.



Methodik der Hochbauprognosen

Die Hochbauprognose ist eine Kombination von zwei unterschied­lichen Ansätzen. In einem ersten Schritt werden Daten zu Baugesuchen und -bewilligungen detailliert untersucht. Für jedes Projekt wird angenommen, wann die Bauarbeiten beginnen und wann sie enden. In einem zweiten Schritt werden die Ergebnisse mit Daten zu den Arbeitsvorräten und statistischen Analysen der vergangenen Investitionen angereichert.

Darüber hinaus erfolgt in einer Expertenrunde ein Abgleich mit der gesamtwirtschaftlichen Lage in der Schweiz. Reflektiert und in die Prognose miteinbezogen wurden zuletzt etwa der Anstieg der Baupreise, punktuelle Lieferschwierigkeiten oder auch das Vertrauen in die Wirtschaft in Pandemiezeiten.

Sowohl für die Bauberufs- als auch die Bauteilprognose bildet die Hochbauprognose die Grundlage. Für jede Bauwerksart wird beurteilt, welchen Anteil an der gesamten Bausumme eines Gebäudes ein Bauberuf für sich verbuchen kann.     

Effizientere Planung

Die Prognose dient dazu, die Auftragslage in einer Region und einem Marktsegment sehr spezifisch für die nahe Zukunft einzuschätzen, was bei der Ressourcenplanung Vorteile bringt. Bisher verliess man sich auf lokale und segmentspezifi­sche Einschätzungen. Intuition und der persönliche Austausch sind zwar weiterhin wichtig. Doch mit der Bauprognose von Wüest Partner und der Docu Media Schweiz GmbH steht umfangreiches Datenmaterial zur Verfügung, das aufgrund von detaillierten Analysen die Basis für fundierte Entscheidungen bietet.

Die Prognosen können bei der Docu Media Schweiz GmbH bezogen werden. Die Standard­prognosen mit Zahlen für eine vorgegebene Region und Zahlen für die Jahre 2020, 2021 sowie 2022 kosten zwischen 490 und 1490 Franken. Mass­geschneiderte Prognosen – wie etwa hier für die 13 Gemeinden der Flughafenregion – können auf Anfrage für jede spezifische Region sowie für unterschiedliche Bauteile oder Bauberufe bestellt werden.

Weitere Informationen: www.baublatt.ch/bauprognose

Sonderausgabe zur Flughafenregion

Die FRZ Flughafenregion Zürich veröffentlicht im August 2021 gemeinsam mit dem Baublatt eine Sonderausgabe. In Fachbeiträgen werden unter anderem laufende oder geplante Projekte vorgestellt und die aktuelle Situation der Region beleuchtet. Alle Beiträge des Hefts werden in unserem Dossier «Die Flughafenregion Zürich im Fokus» gesammelt.

Geschrieben von

Leiter Makroökonomie bei Wüest Partner AG

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