12:39 BAUBRANCHE

Ein Schweizer baggert mit den Besten der Welt

Geschrieben von: Claudia Bertoldi (cb)
Teaserbild-Quelle: Caterpillar

Der Beruf des Frutiger Baggerunternehmers Bruno Grossen ist auch seine grosse Leidenschaft. Dass er zu den Besten auf diesem Gebiet gehört, hatte er bereits im letzten Jahr am europäischen Wettbewerb von Caterpillar in Málaga bewiesen. Jetzt zeigte er sein Können an den erstmals durchgeführten Weltmeisterschaften in Las Vegas.

Las Vegas in der Mojave-Wüste im US-Bundesstaat Nevada ist ein beliebtes Reiseziel für Nachtschwärmer und Zocker. Rund um die Uhr sind die Casinos geöffnet und wird Unterhaltung geboten. Doch die Stadt ist alle drei Jahre auch das Eldorado des Bausektors. Conexpo, die bedeutendste Bauindustriemesse auf dem amerikanischen Kontinent und weltweit drittgrösste Messe auf diesem Sektor, ist internationaler Treffpunkt für Vertreter der Bauindustrie, die ihre neusten Produkte, Zubehör, Dienstleistungen und Technologien vorstellen. Im Rahmen der Conexpo wurden im März erstmals die Weltmeisterschaften des amerikanischen Baumaschinenherstellers Caterpillar organisiert.

Mittendrin ein Schweizer: Bruno Grossen aus Frutigen. Als echter Meister seines Fachs steuert er die grossen Baumaschinen per Joystick, als wären sie Spielzeuge. Bei der europäischen Vorausscheidung Ende Oktober letzten Jahres in Spanien erreichte er den dritten Rang. Fünf anspruchsvolle Prüfungen mit Cat-Maschinen hatten die 29 Konkurrenten aus 15 Ländern zu bewältigen, mit dem Minibagger 308, dem Radlader 982M, den Hydraulikbaggern 320 und 336 sowie dem Dozer D5. Entscheidend waren neben Präzision und Schnelligkeit auch die besten Lösungen bei den gestellten Aufgaben. Fehler bedeuteten Punkteabzug.

Beruf als echte Berufung

Die Bagger sind die «Lieblingsmaschinen» des erfahrenen Baumaschinenführers. Auch im Berufsalltag arbeitet Grossen fast ausschliesslich mit Mobil- und Raupenbaggern. Seine Leistung bei der Prüfung «Watch your weight», bei der er sich den ersten Rang erbaggerte, war deshalb sein Glanzlicht beim europäischen Wettbewerb. Mit einem Hydraulikbagger Cat 336 musste ein Muldenkipper mit 25 Tonnen Material beladen werden. Eine Minute und 13,9 Sekunden benötigte der Frutiger – damit war er gut zwei Sekunden schneller als der Zweitplatzierte, der dreifache Europameister Sebastian Behr aus Deutschland und mehr als sechs Sekunden schneller als der Gesamtsieger der europäischen Ausscheidung, Thomas Murphy aus Irland. Mit dieser Leistung war das Ticket für Las Vegas gelöst

Sein Training absolviert Bruno Grossen bei der täglichen Arbeit. Er ist gelernter Maschinenmechaniker und kann auf eine fast 30-jährige Praxiserfahrung aufbauen. Sein Unternehmen BG-Bau GmbH ist auf Planier-, Aushub- und Abbrucharbeiten spezialisiert, die er vor allem in den Regionen Bern, Mittelland und Nordwestschweiz ausführt. Die Leidenschaft für Baumaschinen liegt in der Familie. Bereits sein Vater Ruedi arbeitete als Maschinist. So war es quasi vorbestimmt, dass der Sohn nach der Schule ebenfalls in die Kabine stieg.

Viel Erfahrung im Gepäck

Bereits zum dritten Mal nahm Grossen an der europäischen Operator Challenge teil. Zum ersten Mal gab es nun die Chance zur Teilnahme an den Weltmeisterschaften für Cat-Baumaschinenführer. Weltweit traten mehr als 10´000 Personen aus 30 Ländern bei den regionalen Fahrermeisterschaften an, die von 70 Cat-Händlern in 30 Ländern von März bis September 2019 abgehalten wurden. Die Schweizer Teilnehmer starteten am gemeinsamen Wettbewerb mit den besten Baumaschinenführern aus Deutschland.

Nur die neun Besten sind letztendlich übrig geblieben, jeweils drei Männer aus den Regionen Amerika, Asien und aus Europa. Das Team Europa bestand neben Bruno Grossen aus dem Deutschen Sebastian Behr und Thomas Murphy aus Irland.

Vier Monate Zeit hatten die Teilnehmer, um sich auf die Weltmeisterschaften vorzubereiten. Bei Bruno Grossen ist der normale Arbeitsalltag allerdings so eng gestaffelt, dass ein spezielles Training kaum möglich war. Abgesehen von sehr seltenen Tests nach Feierabend ging es einmal zur Schulung zu Avesco nach Langenthal, um für die Technik der neusten Modelle von Cat-Baumaschinen fit gemacht zu werden.

Überwältigende Momente

Maschinenführer arbeiten bei Wind und Wetter, oft von Morgengrauen bis Sonnenuntergang – man sollte meinen, alles «harte» Typen, die so leicht nichts umwirft. Die Erlebnisse in Amerika gingen aber auch am besten Schweizer Baggerfahrer nicht spurlos vorbei. «Die Arena zu betreten, in der die Prüfungen durchgeführt werden, war eindrücklich», erzählt Grossen.

Auf riesigen Bildschirmen wurden die Teilnehmer vorgestellt und die Wettkämpfe übertragen. So entging den begeisterten Zuschauern auf den Tribünen kein Detail. Zudem wurde das Geschehen auf dem grossen «Spielfeld» der tonnenschweren Maschinen von Rutledge Wood, einem bekannten Sportmoderator des US-TV-Senders NBC, live moderiert. Hinter dem Stadion bildeten die Hoteltürme und Casinos eine eindrückliche Kulisse – Wettkampfbedingungen die für einen Europäer alles andere als normal sind und letztendlich doch etwas Nervosität aufkommen liessen.

Trotz der Anspannung kam aber fast so etwas wie Normalität auf. Hier waren Bauleute unter sich. Obwohl die neun Finalisten ja eigentlich als Rivalen angetreten waren, ging es sehr kollegial zu. «So wie auf der Baustelle eben. Man tauscht sich aus. Wir gaben uns vor dem Final sogar gegenseitig Tipps», berichtet Grossen.

Beladen eines Muldenkippers mit dem Cat Radlader 962M

Quelle: zvg

Bruno Grossen beim Beladen eines Muldenkippers mit dem Cat Radlader 962M – der ersten Finalprüfung.

Drei knifflige Herausforderungen

Dann ging es los: Die erste «Challenge», wie die Prüfungen genannt wurden, startete unmittelbar nach der Eröffnung der Conexpo auf dem neuen Freigelände von Caterpillar. Insgesamt waren drei maschinenbezogene Herausforderungen zu bewältigen. Als erste Aufgabe stand das exakte Beladen eines Muldenkippers mit einem mittelgrossen Radlader mit Produktionsmanagement, gefolgt von einer Aufgabe mit einem Minibagger der modernsten Bauart.

Schliesslich gab es bei der dritten Challenge mit einem mittelgrossen Hydraulik-Kurzheckbagger mit Grade-2D-System möglichst präzise einen vorgegebenen Aushub zu erledigen. Das moderne Anzeigesystem ermöglicht den schnelleren Abschluss von Planierarbeiten, indem Tiefe und Neigung vorprogrammiert werden können. Der Maschinenführer wird auf dem Monitor von bordinternen Prozessoren und Sensoren in Echtzeit über die Position des Baggerlöffels im Verhältnis zum Planum informiert.

Nach Abschluss der fertigkeitsbezogenen Aufgaben wurden die Preise für die kürzeste Zeit bei den jeweiligen Herausforderungen und für die beste Teamleistung vergeben. Anhand der Gesamtleistungen wurde der Weltmeister ermittelt.

Mit dem Team zum Sieg

Ganz oben auf dem Podest jubelte der Kanadier Jaus Neigum. Der Beste der Besten darf sich nun «Global Operator Challenge Champion» nennen. Bruno Grossen wurde Sechster. «Ich bin sehr ehrgeizig, deshalb auch ein bisschen enttäuscht», sagt er. Vor allem mit der Leistung in seiner Paradedisziplin ist er nicht recht zufrieden. Allerdings ist er ist dennoch Weltmeister geworden – mit seinem Team Europa. Denn Bruno Grossen, Sebastian Behr und Thomas Murphy absolvierten die drei Challenges in der kürzesten Zeit.

Nachgefragt bei …. Bruno Grossen

Wie haben Sie sich auf die WM vorbereitet?

Ich arbeite ja täglich mit Baumaschinen und hab so auch mein regelmässiges Training. Aber zwei- oder dreimal bin ich abends nach Feierabend noch einmal üben gegangen.

Wurden Sie bei den Vorbereitungen seitens des Baumaschinenherstellers unterstützt?

Ich wurde von Avesco nach Langenthal zum Training eingeladen. Dort habe ich mit einem Ausbilder die technischen Details der modernen Maschinen, besonders Hydraulik, Computer oder CPM- und Grade-Technologien, vertieft.

Welche Baumaschinen liegen Ihnen besonders?

Meine Favoriten sind eindeutig die grossen Hydraulikbagger, mit denen ich auch hauptsächlich in unserer Firma tätig bin.

Welche Wettbewerbsprüfung ist Ihnen besonders gut gelungen?

Erstaunlicherweise war das der Test mit dem Radlader. Mit der Leistung auf meinem Paradegerät, dem Bagger, war ich nicht so zufrieden. Selbst die Aufgabe mit dem Minibagger, wobei ein Golfschläger umplatziert und ein Golfball eingelocht werden mussten, ist mir gut gelungen.

Was waren die bewegendsten Momente für Sie in Las Vegas?

Eindeutig der Einmarsch ins Stadion. Überall hingen Plakate mit meinem Foto, und bei der Vorstellung der neun Finalisten war ich der Erste auf dem Bild vorne in der Reihe. Die Stimmung war super. Die «Operators», wie Maschinisten in den USA genannt werden, haben beim Publikum quasi Heldenstatus. Ich wurde sogar auf der Strasse vor dem Conexpo-Messegelände von Fans angesprochen, die mich erkannt hatten.

Wer war zur Unterstützung mit Ihnen in Amerika?

Wir feiern in diesem Jahr unser Firmenjubiläum. Deshalb habe ich alle Mitarbeiter und einige Freunde eingeladen. Insgesamt waren wir 20 Personen, zuerst eine Woche in Las Vegas zur Conexpo und im Anschluss eine weitere Woche mit dem Camper unterwegs bis nach San Francisco. Es war ein tolles Erlebnis.

Gab es angesichts der momentanen Krisenlage Probleme bei der Rückkehr?

Im Trubel der Weltmeisterschaften ist das Thema Corona in den Hintergrund gerückt. Erst in San Francisco haben wir wirklich realisiert, dass wir eigentlich nirgendwo mehr sein sollten als zu Hause, und sind umgekehrt. Wir hatten Glück. Auch mit der Rückreise hat alles problemlos geklappt.

Wie geht es nun bei Ihnen weiter?

Ich liebe meine Arbeit auf den grossen Maschinen. Nach diesem Erlebnis ist klar, dass ich wieder antreten werde. Ich habe mich schon für den neuen Vorentscheid angemeldet.(cb)

Bruno Grossen auf dem Caterpillar-Messestand der Conexpo in Las Vegas

Quelle: zvg

Vor dem Finale: Bruno Grossen auf dem Caterpillar-Messestand der Conexpo in Las Vegas.

Auf zur neuen Operator Challenge

Schweizer Vorausscheidung

Bereits jetzt laufen die Anmeldungen zum Schweizer Vorausscheidung für die nächste Operator Challenge von Caterpillar. Sie soll voraussichtlich am 23. und 24. Mai 2020 im Kieswerk Weiach ZH stattfinden. Weitere Detail oder eventuelle Terminänderungen gibt Avesco bekannt. Einschreibungen unter:avesco.ch/oc.

https://www.youtube.com/embed/Ul4bE79jQDQ?autoplay=0&start=0&rel=0

Geschrieben von

Ehemalige Redaktorin Baublatt

Claudia Bertoldi war von April 2015 bis April 2022 als Redaktorin beim Baublatt tätig. Ihre Spezialgebiete waren Architektur- und Technikthemen.

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