Baumaschinen-Servicetechniker: Mit gutem Antrieb ausgerüstet
Wechselhafte Aufgaben füllen die Fahrtenbücher von Baumaschinen-Servicetechnikern. Heute hier, morgen dort, sorgen sie dafür, dass die Maschinen möglichst durchgehend arbeiten. Das Baublatt hat zwei Servicetechniker beim Reparieren einer Caterpillar-Raupe besucht.
Es nieselt kalt an diesem trüben Tag. Kein Grund für Jens Meyer von Avesco, nicht mit hochgekrempelten Ärmeln seiner Dienstkleidung in und um die Antriebskomponenten eines 23 Tonnen schweren Caterpillar-Dozers «D6 T» zu klettern. Die rüstige Maschine mit Baujahr 2014 bekommt heute neue Ketten, Tragrollen und Ritzel an den Endantrieben ihrer Delta-Laufwerke. Dafür sind Jens und sein Kollege Ramon Nussbaumer vom Caterpillar-Importeur Avesco nach Kaisten am Hochrhein im Kanton Aargau gekommen, zur aktuellen Gewinnungsfläche der Kies + Beton Münchwilen AG.
Das Unternehmen betreibt hier Kiesabbau und nimmt parallel Bodenaushub
von regionalen Bauprojekten an. Zum Verschieben des Materials auf der
Deponiefläche dient die bullige Baumaschine. Dabei zeigte sich, dass das
Fahrwerk einer Überprüfung bedurfte. Eine Fehlerdiagnose durch den
Maschinenlieferanten ergab jedoch, dass ein sofortiges Eingreifen nicht
notwendig war. Daher vereinbarte man mit dem Kunden, den Tausch der Komponenten
von Antrieb und Laufwerken im ruhigeren Spätjahr vorzunehmen.
Am Vormittag sind die verschlissenen Ketten
bereits vom Laufwerk abmontiert und die Maschine steht auf ihren frisch
lackierten, neuen Ketten. Mit routinierten Handgriffen lösen Jens und Ramon die
Schrauben der alten Tragrollen und demontieren bis zur Mittagspause auch die
abgenutzten Ritzel der Antriebsräder. Dann ist Zeit für einen Schwatz im
behaglich geheizten Bauwagen.
Quelle: Joachim Zeitner
Bei grossen Baumaschinen und Einsätzen kommen sie im Team: Jens Mayer, Servicemechaniker im vierten Gesellenjahr, und Ramon Nussbaumer im vierten Lehrjahr.
Quelle: Joachim Zeitner
Auf seinem Bordrechner kann der Servicetechniker Jens Mayer die Fehlermeldungen und Reparaturanleitungen der Baumaschine aufrufen.
Bereits im fünften Gesellenjahr arbeitet
der 24-jährige Jens bei Avesco als Baumaschinenmechaniker, sein jüngerer
Kollege Ramon ist Lernender im dritten Ausbildungsjahr. Tagein, tagaus draussen
zu sein, bei jedem Wetter – das macht ihnen überhaupt nichts aus, sagen sie.
Auch nicht der innige Kontakt mit an den Baumaschinen zwangsläufig anhaftendem
Boden, mit Schmierfett und anderen Betriebsmitteln. Auch nicht, dass sie
niemals wissen, welche Tätigkeiten sie in der kommenden Woche erwarten, noch
nicht einmal drei Tage im Voraus.
Immerhin, einige Routinen gibt es doch. Zum
Beispiel, dass grössere Revisionen an Baumaschinen in den ruhigen
Winter-monaten vorgenommen werden, wenn vielerorts der Baustellen- und
Gewinnungsbetrieb ruht. Dann kommen die Servicetechniker, je nach Arbeitsumfang,
auch einmal mehrere Tage hintereinander zu einer Einsatzstelle.
Guten Service organisieren
Avesco betreibt in der Schweiz ein dichtes
Servicenetz für Baumaschinen. Der Caterpillar-Vertriebspartner unterhält
hierzulande 20 Servicestützpunkte. Im Feld arbeiten 13 Serviceberater als
Verkäufer von Kundendienstleistungen, im Innendienst steuern 13 Disponenten
die insgesamt 80 Servicetechniker mit ebenso vielen Servicefahrzeugen. Diese
kümmern sich ihrerseits um rund 20 000 Maschinen im Feld.
«In dieser Jahreszeit», sagt Jens Meyer,
«besteht unser Alltag etwa zur einen Hälfte aus lange im Voraus geplanten
Arbeiten, zur anderen Hälfte aus spontanen Reparaturen an Maschinen, die im
Einsatz havariert sind.» Im Sommer mit seinem regen Baubetrieb sind solche
unerwarteten Störungen oder Schäden an Baumaschinen deutlich häufiger, und die
Monteure müssen dann schneller reagieren. Aber die Disponenten in Langenthal
planen ihre Kollegen im Aussendienst so ein, dass möglichst je Arbeitstag immer
nur einer aus einem regionalen Team für einen solchen Notfalltag mit
unplanbaren Einsatzorten eingesetzt wird. Die übrigen Kollegen wissen meistens
bereits einen Nachmittag im Voraus, wohin sie zum nächsten Serviceeinsatz
fahren müssen und welche Aufgaben sie dort erwarten.
Quelle: Joachim Zeitner
Vom rechten Antriebsrad des Dozers sind schon die Ritzelsegmente abmontiert. Jetzt werden die Kontaktflächen gereinigt und von Flugrost befreit.
Quelle: Joachim Zeitner
Ramon Nussbaumer verschraubt unterdessen am linken Antriebsrad der Baumaschine die neuen Ritzelsegmente.
Die Disponenten planen die Arbeitszeiten
für bestimmte Arbeitsroutinen anhand ihrer Erfahrungswerte. Für den Wechsel der
Ketten, Antriebsrad-Zahnsegmente und Tragrollen einer mittelgrossen
Caterpillar-Raupe «D6 T» etwa rechnen sie mit 12 bis 14 Stunden. Die
Disponenten versuchen auch immer, dieselben Kollegen zu denselben Maschinen zu
schicken. Auf diese Weise erwerben die Serviceleute eine gewisse Vertrautheit
mit den Maschinen, ihren Fahrern und den Betreibern. Es bringt auch Vorteile im
Monteursalltag, die betrieblichen und räumlichen Gegeben-heiten der Kundschaft
zu kennen – und wenn die Maschinen der Kundschaft nicht allzu weit vom eigenen
Stützpunkt entfernt sind.
Jens hatte jedoch in diesem Fall nicht das
Glück. Für den Caterpillar-Dozer und seinen Betreiber ist eigentlich ein
Kollege aus einem Nachbarort verantwortlich. Weil aber für die Reparatur an der
Maschine spezielles Werkzeug, darunter ein Schweissbrenner und eine
Kettenpresse, notwendig waren, die lediglich in Langenthal verfügbar sind, ist
Jens mit diesen Utensilien vom Avesco-Hauptstützpunkt, der ziemlich genau
mittig zwischen Bern und Zürich liegt, hierher an den Hochrhein gefahren.
Manager für Equipment
Nach der Mittagspause beginnen die beiden
Servicetechniker erneut, neue Tragrollen und Ritzel an den Antriebsrädern des
Dozers zu montieren. Jens klappt im Servicewagen seinen mobilen Rechner auf,
schaltet ihn an und ruft die Datensätze der Maschine auf. Darin ermittelt er
die Drehmomente, mit welchen die Schrauben an den frisch montierten Ritzeln
angezogen werden müssen.
Er bekommt im System auch die
aufgelaufenen Fehlermeldungen der Maschine angezeigt, kann
Trouble-Shooting-Anleitungen aufrufen und gemäss seinem Arbeitsfortschritt die
einzelnen Fehler als behoben quittieren. Dieselben Daten bekommen auch die
Kollegen im Servicecenter von Avesco angezeigt, nach Wunsch auch der Betreiber
K + B. Dieser unterhält am Standort Kaisten insgesamt vier
Caterpillar-Maschinen – den Dozer, einen Bagger, einen Radlader und eine Walze
– und hat, genauso wie die Techniker von Avesco über das elektronische Portal
«Equipment Management» von Avesco einen genauen Überblick über seinen
Maschinenbestand.
Quelle: Avesco
Der Kollege in Langenthal hat auf dem linken Monitor das Service Information System (SIS) geöffnet, auf dem rechten Monitor ein Diagnosetool.
Welche feinsinnigen Instrumente Caterpillar
den Technikern seiner Handelspartner ausserdem noch bereithält, um wie mit
einem Stethoskop ins Innere der Baumaschinen zu blicken, zeigt ein Blick in die
Serviceorganisation von Avesco am Firmensitz in Langenthal. Auf dem linken
Monitor seines Arbeitsplatzes hat ein Kollege das Service Information System
(SIS) von Caterpillar geöffnet. Es erlaubt unter anderem den Zugriff auf
Ersatzteilpläne zum Kettendozer und eine Fernfehlerbehebung – die sogenannte
«Troubleshooting-Funktion». Im rechten Monitor ist ein Diagnosetool geöffnet,
also eine Software-Lösung, mit der man Daten der Baumaschine in Echtzeit sehen
kann. In diesem Fall sind es Daten zur Elektrik der Maschine.
Über das Onlineportal «Equipment
Management» haben Servicetechniker und Kunden direkten Zugriff auf den Standort
der Maschinen, auf statische Maschinendaten wie etwa die Konfiguration zum
Zeitpunkt der Auslieferung und dynamische Daten wie Arbeitsstunden und
Kraftstoffverbrauch. Die Monteure haben auch Einblick in die Servicehistorie
und anstehende Wartungstermine, und die Kunden gelangen über einen Klick auf
andere Portale, etwa den Webshop für Ersatzteile.
Neben der Ersatzteilversorgung, Wartung,
Revision und Reparaturen gehören auch Schulungen und digitaler Support zum
Leistungsumfang dieser Dienstleistungseinheit des schweizerischen
Caterpillar-Distributors. «Bereits vor rund 20 Jahren», erzählt der Serviceleiter
Stefan Hager, «sind Laptops, elektronische Diagnosetools und Datenverarbeitung
zur Gewohnheit im Alltag unserer Baumaschinen-Mechaniker geworden.» Das
bedeutete das Ende eines täglichen Kampfes mit Papier. Solche Zettelwirtschaft
kennen die Baumaschinen-Mechaniker Jens und Ramon überhaupt nicht mehr. Sie
gehören zu den «digital natives», den jungen Mitbürgern, die in der digitalen
Welt aufgewachsen sind. «Allerdings gehört dazu einiges an Ausbildung», räumt
Stefan Hager ein, «und unsere Techniker lassen sich regelmässig nachschulen.
Sie sehen es als eine Herausforderung und einen persönlichen Anspruch, mit
ihrem Technikwissen jederzeit à jour zu sein und beim Stand der Technik
mitzuhalten.»
Neue Herausforderungen in der
Baumaschinenwelt brachten beispielsweise moderne Motoren- und
Getriebetechnologien mit aufwendigen Systemen zur Abgasnachbehandlung. Im
nächsten Schritt werden sich Jens, Ramon und seine Kollegen vermehrt mit
alternativen Antrieben und Elektrobaumaschinen befassen müssen. «Was wir schon
jetzt deutlich spüren», bestätigt Jens Meyer, «sind die zunehmende Vernetzung
von Maschinen sowie die Verwendung elektronischer Arbeitshilfen. Immer öfter
richten wir beispielsweise 3D-Maschinensteuerungen auf Hydraulikbaggern ein,
mit denen die Baggerfahrer elektronische Planungsdaten abarbeiten können –
zentimetergenau dank GPS-Positionsbestimmung.» Entsprechend lassen sich bereits
sämtliche Serviceverträge um ein Modul «3D Connect» für 3D-Maschinensteuerungen
ergänzen.
Spät am Nachmittag packen die beiden jungen
Techniker ihr Werkzeug zusammen und fahren nach Hause. Ganz haben sie es heute
nicht geschafft. Morgen werden sie noch einmal zur Kiesgrube nach Kaisten
fahren und die Ketten des Dozers wieder aufziehen. Dann wird Jens abschliessend
auf seinem Laptop die Störungsmeldungen quittieren und die Reparaturen als
ausgeführt eingeben. Danach kann die Maschine wieder Abraum schieben,
hoffentlich störungsfrei bis zum nächsten Servicetermin.