Bauen wie vor 1400 Jahren
Mitten in der barocken Pracht des St. Galler Klosterbezirks entstehen seit gestern zwei bescheidene Holzhütten: Klosterzellen, wie sie dort einst in den Anfängen der Klosterstadt vor 1400 Jahren gestanden haben könnten. Das Projekt geht auf den Verein „Gallus-Eremitage 2012“ zurück, der es anlässlich des Gallusjubiläums initiert hatte.
Für Planung und Bau der Zellen wird auf Expertenwissen zurück gegriffen. Besonders wichtig seien Archäologie und historische Forschungen über die Anfänge des Christentums in der Ostschweiz, teilt dazu der Verein „Gallus-Eremitage 2012“ mit. Auf diese Weise lasse sich eine historische Authentizität von rund 50 Prozent realisieren. Der Rest sei Fiktion. Das Holz stammt aus der Umgebung der Stadt. Für die Ausführung sind Menschen aus der Region besorgt, die die Häuschen nach Bautechniken des 7. Jahrhunderts errichten. Für Planung und Leitung zeichnet Markus Sommer aus Guggisberg verantwortlich. Der 54-jährige gilt als ausgewiesener Fachmann für vor- und frühzeitliche Holzbauten.
Hütten, wie sie zurzeit in der Nähe der Kathedrale entstehen, dienten hauptsächlich als Schlafplatz und als Meditationsraum. Somit ist ihre Grundfläche für heutige Verhältnisse sehr klein. Man rechnet etwa mit Ausmassen von zwei auf drei Metern. Die Wandhöhe hat vermutlich zwei Meter betragen. Fenster gab es keine; zum einen aus heizungstechnischen Gründen und zum andern wegen des Materials und der damit verbundenen Kosten – Fensterglas, oder damals vermutlich auch Alabaster, war ausgesprochen selten und teuer. Die Türe besteht aus einer einfachen Holzkonstruktion und dürfte keine zwei Meter hoch gewesen sein. Spartanisch war auch die Möblierung: Die Schlafstelle wird aus einem Laubsack auf Brettern bestanden haben, ein Schemel, einige Pflöcke an den Wänden, um Kleider und sonstige Habseligkeiten aufzuhängen, vervollständigten die Einrichtung. Für Licht sorgte allenfalls ein einfaches, tönernes Talglämpchen. Ob es in den einzelnen Zellen auch noch eine Feuerstelle gab, dessen sind sich die Archäologen nicht sicher.
Umweltfreundliche Mönche?
„Die Zellen erinnern daran, dass in St.Gallen praktisch von Anfang an Menschen zusammenlebten“, führt dazu Mitinitiant des Prjojektes, Clemens Müller aus. „Sie vergegenwärtigen das einfache Leben dieser ersten Eremitengemeinschaft und die bis in unsere Gegenwart wirkenden Folgen ihres Handelns. Ohne diesen Ursprung gäbe es unser heutiges St.Gallen nicht.» Laut Müller sind diese Mönchswohnungen bis heute aktuell: “Die beiden Zellen stehen auch für Einfachheit, Nachhaltigkeit und ökologische Verantwortung.“ (mai/mgt)
Parallel zum Bau der Häuschen beleuchtet im Vestibül des Kulturraumes im Regierungsgebäude ein sogenanntes Informatorium die Hintergründe des Projektes. Die fertigen Zellen werden im Rahmen des Jubiläumsfestakt am 20. April eingeweiht und können anschliessend bis in den Spätsommer besichtigt werden.
Weitere Informationen unter: wwww.gallusjubilaeum.ch