Bauen mit Urin, Sand und Bakterien
Ein Grossteil der Ziegelsteine wird auch heute noch in kohlebefeuerten Öfen gebrannt. Dies bedeutet grosse CO2-Emissionen. Diesen Umstand versucht eine amerikanische Architektin zu ändern: Sie hat Ziegel erfunden, die nicht gebrannt werden müssen.
Jährlich werden etwa 1,3 Billionen Ziegelsteine produziert. „Für die Herstellung von 25'000 Ziegelsteine müssen 400 Bäume verbrannt werden. Dieser Verbrauch ist beängstigend “, sagt Architektin Ginger Krieg Dosier, die an der American University Sharjah in den Vereinigten Arabischen Emiraten lehrt. Dosier hat einen Ziegelstein erfunden, der nicht gebrannt werden muss. Sein Geheimnis sind seine Bestandteile: Er besteht nicht aus Ton sondern aus Sand, Bakterien, Kalziumchlorid und Harnstoff – dem Hauptbestandteil von Urin. Aufgrund einer chemischen Reaktion verfestigen sich diese Komponenten bei Zimmertemperatur. Dieses Verfahren nennt sich „mikrobiell induzierte Calcit-Ausscheidung“ (MICP) und nutzt die Mikroben auf den Sandkörnern als eine Art Leim, der den Sand zusammen klebt. Was dabei entsteht, sieht aus wie Sandstein und ist ebenso hart wie Backstein oder gar Marmor. Dies berichtet das amerikanische „Metropolis Magazine“.
Einen Haken hat das neue Baumaterial allerdings: Weil beim Herstellungsverfahren grosse Mengen Ammoniak abgesondert werden, die das Grundwasser vergiften können, muss an der Erfindung noch gefeilt werden. Dosier plant deshalb zur Weiterentwicklung des Backsteins Experten aus verschiedensten Bereichen der Ökologie beizuziehen. Und sie träumt schon von einem weiteren Schritt: von einem Feldversuch in der Wüste im Norden der Vereinigten Arabischen Emirate. – Für ihre Erfindung ist Dosier übrigens mit dem Next Genereation Design Award des „Metropolis Magazines“ geehrt worden, das mit diesem Preis jeweils Design auszeichnet, das innovativ ist und gleichzeitig etwa sozialen und ökologischen Umständen Rechnung trägt. (mai)