Bauen auf eine bessere Welt
Bei Designpreisen geht es in der Regel um gute Gestaltung, intelligente Konstruktion, kluge Materialisierung. Beim dänischen Index Award geht es um mehr: um Objekte, die das Leben besser machen. Etwa mit einfachen, günstigen Brillensystemen, mit denen Kinder aus armen Ländern die Möglichkeit haben, endlich etwas zu sehen in der Schule. Diese Arbeit vom Schweizer Yves Béhar war eines der ausgezeichneten Projekte am soeben verliehenen Index Award in Kopenhagen.
Gutes Design sollte idealerweise nicht nur schön sein, sondern das Leben, den Alltag erleichtern. Dass gute Gestaltung auch mit sozialen Ideen verbunden wird, ist relativ neu. Beim dänischen Index Award ist eben dies das Thema. Der Preis ehrt Ideen und Ansätze, die den Alltag von Menschen aus der 1. Welt, aber auch aus unterprivilegierten Ländern erleichtern. Bestes Beispiel dafür war der 100-Dollar-Laptop XO, den der Schweizer Gestalter Yves Béhar 2007 für Kinder in Entwicklungsländern erfand. Eine Idee, die damals mit dem Index Award ausgezeichnet wurde.
Durchblick für Mexikos Kinder
Nun hat der Schweizer, der in San Francisco sein renommiertes Designstudio Fuseproject betreibt, erneut einen Preis geholt. In der Kategorie "Body" gewann er mit seinem Projekt"VerBien". In Mexiko wurde festgestellt, dass 60 Prozent aller Schulkinder brillen bräuchten, sich aber keine leisten können. Als Folge ihrer Sehschwäche sehen sie wenig in der Schule und bekommen deshalb den Schulstoff nicht mit. Béhar hat nun ein Projekt entwickelt, bei dem eine Brille inklusive Untersuch und massgeschneiderten Linsen gerade mal 10 Dollar kostet. "Deshalb war es für die Mexikanische Regierung ganz klar, dass sie in dieses Projekt investieren", sagt Yves Béhar. Der Clou an den Brillen ist zudem, dass die Kinder ihre Brille mit farbigen Elementen individuell zusammenstellen können. Bis heute wurden 100'000 Brillen verteilt, weitere 400'000 sollen nächstes Jahr abgegeben werden.
Ebenfalls in Mexiko stehen die Sozialwohnungen Elemental, ein Projekt, das in der Kategorie "Home" den Index Award gewonnen hat. Die Idee des chilenischen Architekten Alejandro Aravena ist verblüffend einfach und genial: Er baut die Häuser nur zur Hälfte, mit dem allernotwendigsten ausgerüstet wie elektrische Anschlüsse und sanitäre Einrichtungen. Die andere Hälfte der Häuser bleibt offen und ist eine Art überdachter Patio. Er kann unterschiedlich genutzt oder ausgebaut werden.
Velohelm als Halsschmuck
In der Kategorie "Play" schliesslich gewann eine Idee aus Schweden. Hövding ist ein Velohelm, der kein Helm ist, sondern wie ein Schal getragen wird. Es ist ein Airbag für Velofahrer, der sich bei ungewöhnlichen ruckartigen Bewegungen aufbläst und um den Kopf schmiegt wie eine kunstvolle Föhnfrisur. Hinter dem wundersamen Produkt stecken die beiden Industriedesignerinnen Anna Haupt und Terese Alstin. Das Duo fand in Umfragen heraus, dass viele Leute keinen Helm tragen, weil sie zu eitel sind. Also entwickelten sie den sportlich wirkenden Kragen, der im Notfall zum lebensrettenden Airbag wird. Die Helm-Alternative kommt diesen Herbst auf den Markt, zunächst aber nur in Skandinavien.
Die Non-Profit-Organisation Index verleiht alle zwei Jahre Preise im Wert von insgesamt 500'000 Euro in fünf Kategorieren. Der Index Award ist damit der höchstdotierte Designpreis weltweit. (ka)