08:39 BAUBRANCHE

Ausblick 2025: «Strukturwandel lenkt Investitionen in die Zentren»

Geschrieben von: Robert Kuert
Teaserbild-Quelle: zvg

Der Büroflächenmarkt in der Schweiz hat seit 1970 zahlreiche Zyklen durchlaufen. Nach einer Phase des Gleichgewichts über fast zwei Jahrzehnte setzte Ende der 90er-Jahre ein Strukturwandel ein, der durch die Pandemie verstärkt wurde. Gefragt sind laut Robert Kuert, Real Estate Research Analyst Switzerland bei Swiss Life Asset Managers, nun hochwertige Flächen an zentralen Lagen. Darauf dürften sich die Investitionen konzentrieren.

Jahresausblick 2025: Bürobau

Quelle: zvg

Robert Kuert ist Real Estate Research Analyst Switzerland bei Swiss Life Asset Managers.

Es ist daher nicht erstaunlich, dass sich der Büroflächenbedarf ebenfalls stetig vergrösserte. In den Jahren zwischen 1970 und 2023 stieg die Geschossfläche in Bürobauten um insgesamt 160 Prozent auf heute rund 60 Millionen Quadratmeter an (siehe Grafik 1). Dieser Verlauf folgte aber gewissen Zyklen und insbesondere den Entwicklungen der Erwerbssituation im tertiären Sektor.

Lange Zyklen

Im Zeitraum von 1970 bis 1980 erhöhte sich die erwerbstätige Bevölkerung nur leicht, was der Ölkrise von 1973/74 und 1979/80 geschuldet war. Proportional zum Beschäftigtenwachstum entstand damals auch zu viel Fläche. Die Angebotsmieten stürzten in der zweiten Hälfte der 1970er-Jahre ab. Im darauffolgenden Aufschwung zwischen 1980 und 1991 legte die Erwerbstätigenzahl stark zu. Die damals fünf Grossbanken bauten ihre Filialnetze aus und suchten Standorte für ihr Büropersonal. Im Bankensektor allein stieg die Zahl der Niederlassungen zwischen 1980 und 1990 um 14 Prozent. Die Krise ab Mitte 90er-Jahre setzte dem ein Ende. Es kam zum Einstellungsstopp, der spekulative Bau wurde eingestellt und die Marktmieten korrigierten kontinuierlich um 30 Prozent.

Danach befand sich in den 20 Jahren zwischen 1997 und 2017 das Angebot und die Nachfrage im Gleichgewicht. Die Geschossfläche wuchs um 1,7 Prozent, die Zahl der Erwerbstätigen um 1,2 Prozent und die Mieten um 1,3 Prozent pro Jahr. Es war auch eine Zeit der baulichen Veränderung. Denn in den Städten entstanden grosse Bürotürme wie 2003 der Basler Messeturm oder 2011 der Prime Tower. Und 2015 weihte Roche die (damals) höchste Baute der Schweiz ein – einen reinen Büroturm.

Strukturwandel ab 2018

Ab 2018 scheint sich die Dynamik der Angebotsmieten aber von der ökonomischen Logik entkoppelt zu haben. Obwohl die Geschossfläche und die Anzahl der Erwerbstätigen gleichmässig wuchsen, fielen die Angebotsmieten um fünf Prozent, was historisch betrachtet etwas Aussergewöhnliches darstellt (siehe Grafik 2). Firmen begannen damals schon ihre Flächeneffizienz zu hinterfragen und teils hybride-Konzepte einzusetzen. Als 2020 die Pandemie den Grossteil der Büroangestellten ins Homeoffice verbannte, stand das Büro als Arbeitsort auf dem Prüfstand.

Jahresausblick 2025: Bürobau

Quelle: Bundesamt für Statistik, Gebäude und Wohnungsregister, Wüest Partner AG

Grafik 1: Spitzenmieten beschreiben hier das arithmetische Mittel der Büro-Spitzenmieten in den fünf Grosszentren Zürich, Genf, Basel, Lausanne und Bern.

Der Büroflächenmarkt in der Schweiz war immer ein dynamisches Spiel zwischen angebotener Bürofläche und nachgefragter Arbeitsfläche für Büroangestellte. Auf der Nachfrageseite war der wohl bedeutendste Treiber der Wandel hin zur Dienstleistungsgesellschaft. 4,1 Millionen Arbeitskräfte oder beinahe 80 Prozent der Arbeitsbevölkerung sind heute im Dienstleistungssektor beschäftigt, was seit 1970 beinahe einer Verdreifachung entspricht. Zum Vergleich: die Bevölkerung wuchs im selben Zeitraum nur um 45 Prozent.

Jahresausblick 2025: Bürobau

Quelle: Datenquellen: Macrobond, Wüest Partner AG; letztverfügbarer Datenpunkt: Juli 2024

Grafik 2: Angebotsmieten und ökonomische Logik (Mieten und Spitzenmieten Q4-2019 = 100).

Doch die Nachfrage verschwand nicht, sie verlagerte sich lediglich hin zu attraktiveren und zentraler gelegenen Gebäuden mit Büroflächen. Die Spitzenmieten in den grössten fünf Büromärkten sind ein Indiz dafür. Demnach brachen sie während der Pandemie zwar stärker ein als die durchschnittlichen Angebotsmieten, doch holten sie danach schnell wieder auf und lagen im 3. Quartal 2024 acht Prozent über dem Wert des 4. Quartals 2019. Dass sich die «Spitze» plötzlich abhob, leuchtet ein: Wenn weniger Zeit im Büro verbracht wird, steigen die Anforderungen an Erreichbarkeit und die Qualität der Arbeitsräume und letztlich die Zahlungsbereitschaft für solche Orte. Die Zweiteilung der Nachfrage hinterliess auch Spuren bei den Bauinvestitionen.

Aktuell und künftig mehr Umbauten und Sanierungen

Gemeinsam mit der Verlagerung der Nachfrage haben sich in der Schweiz auch die Büroflächeninvestitionen verändert. Ab 2018 waren diese leicht rückläufig (siehe Graphik 3) und der Neubaubereich überschritt nur noch selten den langfristigen Mittelwert von zwei Milliarden Franken. Im 3. Quartal 2024 lagen die Neubauinvestitionen 50 Prozent unter dem langfristigen Mittelwert.

Jahresausblick 2025: Bürobau

Quelle: Datenquellen: Macrobond, Wüest Partner AG; letztverfügbarer Datenpunkt Juli 2024

Grafik 3: An hochwertigen Lagen dürfte mehr in Qualitätssteigerungen bestehender Bauten investiert werden. Bei anspruchsvollen Lagen und Büroneubauten dürfte das Volumen verhalten bleiben.

Auch bei Umbau und Sanierungen fiel das Investitionsvolumen in Büroflächen, allerdings erholte sich dieses schneller und lag per 3. Quartal 2024 nur 23 Prozent unter dem langfristigen Mittelwert. Das ist ebenfalls ein Ausdruck der Polarisierung und ein Trend, der sich halten dürfte. An guten Lagen wird mehr investiert, insbesondere in Qualitätssteigerungen von bestehenden Bauten, an anspruchsvollen Lagen und in Neubauten dürfte das Volumen verhalten bleiben.

Experten blicken voraus

Die Baubranche dürfte auf absehbare Zeit mit einer guten Auftragslage rechnen, bedingt durch positive Erwartungen der Investoren. Doch makroöko-nomisch bestehen weltweit einige Unwägbarkeiten. Drei Experten widmen sich mit ihren Analysen mehreren Segmenten und nehmen relevante Hintergründe ins Blickfeld.

Weitere Einschätzungen: 

Dr. Fabian Waltert, Ökonom im UBS Chief Investment Office GWM
Ausblick 2025: Erholung mit Risiken bei der Wohnbautätigkeit

Fredy Hasenmaile, Chefökonom der Raiffeisen Gruppe
Ausblick 2025: Europas Schwäche hemmt Industriesegment in der Schweiz

Jahresausblick 2025: Bürobau

Quelle: Unsplash – Aleks Marinkovic – eigenes Werk

Die Nachfrage nach Büroflächen verschwand in den letzten Jahren nicht. Vielmehr verlagerte sie sich hin zu attraktiveren, zentraleren Lagen.

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Real Estate Research Analyst Switzerland bei Swiss Life Asset Managers.

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