Ausbau des Stromnetzes kostet 18 Milliarden
Der Bundesrat rechnet für den Ausbau und die Erneuerung des Stromnetzes bis 2050 mit Kosten von rund 18 Milliarden Franken. Er hat am Mittwoch die Eckpunkte der Stromnetz-Strategie festgelegt und beschlossen, die Beschwerdemöglichkeiten einzuschränken.
Dass das Stromnetz in den nächsten Jahren ausgebaut werden muss, hat auch, aber nicht nur mit dem geplanten Ausstieg aus der Atomenergie zu tun: Das alternde Stromnetz gelange schon heute regelmässig an seine Leistungsgrenzen, schreibt das Energiedepartement (Uvek). Laut der Sprecherin des Bundesamtes für Energie, Marianne Zünd, steht der kleinste Teil des Netzausbaus im Zusammenhang mit dem Atomausstieg. Die Netze müssten so oder so erneuert werden. Künftig werden die Stromflüsse zwischen Kraftwerken und Steckdose jedoch komplexer, da immer mehr kleine, dezentrale Anlagen Strom produzieren werden. Das Zusammenspiel zwischen Produktion und Verbrauch müsse trotz der zunehmenden Einspeisung von unregelmässig anfallendem Strom aus erneuerbaren Energien stabil gesteuert werden, hält das Uvek in seiner Medienmitteilung fest. Dies sei nur möglich, wenn Übertragungsnetz und Verteilnetze rasch erneuert und ausgebaut würden.
Grosser Ausbaubedarf
Beim Übertragungsnetz schätzt das Bundesamt für Energie die Kosten der Ausbauprojekte bis 2050 auf 2,3 bis 2,7 Milliarden Franken. Zusätzlich fallen bis 2030 rund 4 Milliarden Franken für die Erneuerung des Übertragungsnetzes an. Bei den Verteilnetzen geht der Bund bis 2050 von einem noch höheren Ausbaubedarf aus. Die Ausgaben betragen je nach Szenario zwischen 3,9 und 12,6 Milliarden Franken. Sie könnten durch intelligente Steuerungen reduziert werden, schreibt das Uvek. Insgesamt beläuft sich der finanzielle Aufwand für den Netzausbau ohne Erneuerungsmassnahmen bis 2050 laut Uvek auf 6,2 bis 15,3 Milliarden Franken.
Weniger Beschwerdemöglichkeiten
Der erste Schritt ist längst geplant. Das Ausbauvorhaben "strategisches Netz 2015" ist allerdings laut Zünd "weit weg von der Realisierung". Hauptgrund sind die zahlreichen Einsprachen: Praktisch gegen jede geplante Hochspannungsleitung regt sich Widerstand. Um das Stromnetz rasch ausbauen zu können, will der Bundesrat nun die Bewilligungsverfahren beschleunigen - und die Beschwerdemöglichkeiten einschränken. Beschwerden bis ans Bundesgericht sollen nur noch bei "Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung" möglich sein. Der Weg ans Bundesgericht stünde damit nur noch für neue, bisher nicht entschiedene grundsätzliche rechtliche Fragestellungen offen. Ferner sollen Regelfristen für die Gesamtverfahrensdauer und die einzelnen Verfahrensschritte festgelegt werden. Die erforderlichen Gesetzesänderungen will der Bundesrat im Sommer im Rahmen der Energiestrategie 2050 in die Vernehmlassung schicken.
Neue Regeln nötig
Die neue Netzstrategie dürfte laut Zünd zahlreiche weitere Regelungen erfordern. Da das Stromnetz eine Infrastruktur von nationalem Interesse darstellt, soll das Parlament Leitlinien erlassen. Dazu gehören Vorgaben zu Funktionalität und Auslegung, zur internationalen Anbindung, zur Beteiligung an den paneruopäischen Strom-Autobahnen sowie zu Smart Grid (intelligentes Netz). Das Parlament werde Vieles definieren müssen, sagte Zünd - angefangen bei der Frage, was ein intelligentes Stromnetz überhaupt sei. Der Begriff "Smart Grid" umfasst die Vernetzung und Steuerung von Stromerzeugern, Speichern, elektrischen Verbrauchern und Netzbetriebsmitteln in Übertragungs- und - verteilungsnetzen. In den nächsten Tagen will der Bund eine Studie zu den Herausforderungen vorlegen, die sich in diesem Zusammenhang stellen.
Anreize für Investitionen
Die Stromnetz-Strategie sieht vor, dass der Bundesrat die Rahmenbedingungen für die Netzplanung festlegt. Diese beruhen auf Angaben zur inländischen Erzeugung und zum Verbrauch sowie zum internationalen Austausch. Die Planung soll in enger Zusammenarbeit mit den wichtigsten Akteuren erfolgen. Neben klaren Rahmenbedingungen und Planungsprozessen seien für den Aus- und Umbau der Netze auch "geeignete wirtschaftliche Investitionsanreize" erforderlich, insbesondere ein nachhaltiger Kapitalkostenersatz, schreibt das UVEK. Über die Details zur Stromnetz-Strategie will der Bundesrat Ende Sommer entscheiden. (sda)