Alte Kapelle benennt neues Stadtquartier
Schutzengel? Alltäglich ist dieser Name für eine neue städtische Wohnsiedlung des 21. Jahrhunderts gewiss nicht. Eine malerische alte Wegkapelle stand der Überbauung Pate.
Von Robert Stadler
Von Robert Stadler
Bossard Arena, Uptown und Wohnsiedlung Schutzengel liegen im Quartier Zug-West. Dieses erstreckt sich westlich der Bahngleise bis an die westliche Stadtgrenze im Gebiet Choller und beherbergt auf 345 Hektaren Land rund 8000 Einwohnerinnen und Einwohner oder fast einen Drittel der Zuger Stadtbevölkerung. Noch vor sechzig Jahren standen hier nur vereinzelte Bauernhöfe, ein paar Gewerbebetriebe und da und dort einige kleinere Wohnhäuser. Und eben die Schutzengelkapelle.
Alte Richtstätte
Die Schutzengelkapelle ist «Unserer Lieben Frau», dem Schutzengel und dem St. Wendelin geweiht. Der schmucke kleine Sakralbau markiert eine der beiden früheren Richtstätten in diesem Gebiet. Im Jahre 1400 hatte sich die Stadt Zug vom König Wenzel den so genannten Blutbann – das Recht, Fehlbare mit dem Tode zu bestrafen – erworben. Die letzte Hinrichtung bei der Schutzengelkapelle fand am 23. Dezember 1847 statt. Der vermutlich aus Luzern stammende Josef Schanz hatte aus Rache darüber, dass man ihn als Birnendieb verklagt hatte, eine Scheune niedergebrannt. Die Hinrichtung ist gut dokumentiert. Sie war ursprünglich auf den 22. November 1847 angesetzt, musste aber verschoben werden, weil die Stadt Zug an jenem Tag von eidgenössischen Truppen besetzt wurde, welche den ehemals feindlichen Vorposten des Sonderbundes kampflos einnahmen. Dieser Besetzung folgte die Absetzung der gewählten konservativen Regierung. Die neue liberale Regierung musste sich erst in die Geschäfte einarbeiten, bestätigte aber das Todesurteil gegen Schanz, so dass der Scharfrichter von Schwyz den Delinquenten zwei Tage vor Weihnachten hinrichtete. Aus Spargründen hatte Zug einige Jahre zuvor auf die Anstellung eines eigenen Scharfrichters verzichtet.
Kapelle mit eigenem S-Bahn-Anschluss
Die heutige Schutzengel-Kapelle stammt aus dem Jahr 1804. Eigentümerin ist seit dem Jahr 1802 die Nachbarschaft Lorzen, eine der insgesamt 16 Zuger Nachbarschaften. Nachbarschaften sind eine Art Vorläufer der Quartiervereine, Mitglieder können ausschliesslich hier wohnende Haus- und Grundeigentümer sein. Die Nachbarschaft Lorzen wurde spätestens 1748 zum ersten Mal erwähnt. Früher erfüllte sie wichtige gemeinnützige Aufgaben im Quartier. Heute fördert und pflegt sie hauptsächlich freundnachbarschaftliche Beziehungen. Eine Hauptaufgabe ist und bleibt die Verwaltung und Pflege der Schutzengelkapelle. Laut Präsidentin Edith Weiss gehören der Nachbarschaft Lorzen zurzeit rund 140 Mitglieder an. Mit dem Bezug der Eigentumswohnungen in der Überbauung Schutzengel hat sich das Mitgliederpotenzial erneut spürbar vergrössert. Wer Mitglied werden möchte, muss gemäss Statuten allerdings mindestes seit drei Jahren im Quartier wohnhaft sein. Die Schutzengelkapelle und das Quartier Schutzengel erreicht man am besten mit der Stadtbahn S1 Baar-Zug-Cham-Rotkreuz, Richtung Rotkreuz, Haltestelle Schutzengel. Die Züge fahren viertelstündlich.
Quellen: www.zugwest.ch, www.stadtzug.ch, www.kath-zug.ch