Abschaffung Eigenmietwert? So nicht!
Mitte Februar ging die Vernehmlassung zum Bundesgesetz über die Besteuerung des privaten Wohneigentums, das der Bundesrat als indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative "Sicheres Wohnen im Alter" des Hauseigentümerverbands Schweiz unterbreiten will, zu Ende. Die Reaktionen der Vernehmlassungsteilnehmer waren überwiegend negativ. Das ist auf den ersten Blick erstaunlich, denn die Besteuerung des Eigenmietwertes, eines "fiktiven" Einkommens, geriet in den letzten Jahren zunehmend in die Kritik. Die Vorlage hat aber zahlreiche Pferdefüsse. Für die Bauwirtschaft steht hier vor allem der Wegfall des Steuerabzugs für Unterhaltskosten im Vordergrund.
Diese Abzugsmöglichkeit ist für die vielen Betriebe und ihre Beschäftigten von existenzieller Bedeutung, bei denen ein erheblicher Teil des Umsatzes im Bereich Unterhalt und Erneuerung liegt. Sehr oft handelt es sich dabei um Klein- und Kleinstunternehmen. Fällt die Abzugsmöglichkeit für den Unterhalt weg, hat dies negative Auswirkungen auf die entsprechenden Renovationsentscheide der Eigentümer. Gemäss einer repräsentativen Umfrage des Schweizerischen Baumeisterverbandes erwirtschaften immerhin 31 Prozent der befragten Mitgliedfirmen über 20 Prozent ihres Umsatzes im Segment Sanierungen und Umbauten. Ganz zu schweigen vom Ausbaugewerbe.
Auch volkswirtschaftlich wirkt sich der Wegfall dieser Abzugsmöglichkeit negativ aus. Bei den Wohngebäuden werden Unterhalt und Erneuerung bereits heute vernachlässigt. Dies bestätigen unter anderem die Empfehlungen der Eidgenössischen Wohnbaukommission zur künftigen Wohnbaupolitik des Bundes von 1999, die auf die drohende "Verslumung" aufgrund versäumter Erneuerungsinvestitionen hinweisen, oder die Schlussfolgerungen im Credit Suisse Bulletin plus – Wohnen aus dem Jahre 2008 mit der Überschrift "Anhaltender Renovationsstau in der Schweiz". Deshalb hat das Parlament vor kurzem die so genannte Dumont-Praxis abgeschafft. Die Eidgenössischen Räte wollten damit das steuertechnisch bedingte Hinausschieben notwendiger Renovationsarbeiten verhindern und damit einen Beitrag zum Erhalt des Immobilienparks leisten. Und nun soll wieder eine Kehrtwende vollzogen werden? Kommt hinzu, dass der Anreiz für Schwarzarbeiten viel geringer ist, wenn die Kosten für Hausrenovationen steuerlich abgesetzt werden können.
Erstaunlich sind übrigens die Ausführungen des Bundesrats, beim Wegfall der Eigenmietwertbesteuerung sei die Abzugsfähigkeit der Unterhaltskosten nicht mehr gerechtfertigt: Derselbe Bundesrat schlug im Rahmen des Steuerpakets 2001 trotz analogen Systemwechsels eine, wenn auch begrenzte, Abzugsfähigkeit der Liegenschaftsunterhaltskosten vor. Er führte damals in der Botschaft aus, dass es auch darum gehe, die Bausubstanz langfristig zu erhalten. Richtig! Deshalb wird die Bauwirtschaft den aktuellen Entwurf des Bundesrats bekämpfen.
Charles Buser, Direktor "bauenschweiz", Dachorganisation der Schweizer Bauwirtschaft