Abschaffung des Eigenmietwerts geht auf weitere Zusatzrunde
Der Nationalrat will die Abschaffung des Eigenmietwertes noch nicht beraten und schickt ihn auf eine Zusatzrunde zurück in die Kommission. Das Fuder sei überladen, befand er. Damit sei keine Volksabstimmung zu gewinnen.
Quelle: Pascale Boschung
Der Bundesrat unterstützt im Grundsatz die Abschaffung des Eigenmietwertes. Im Bild: Einfamilienhäuser in Estavayer-le-Lac.
Der Rat beschloss am Donnerstag mit 125 zu 68 Stimmen zwar Eintreten auf die Vorlage. Den erfolglosen Nichteintretensantrag hatte die SP gestellt. Den schliesslich mit 114 zu 77 Stimmen bei 2 Enthaltungen vom Rat gutgeheissenen Rückweisungsantrag hatte Markus Ritter (Mitte/SG) im Namen seiner Fraktion eingebracht.
FDP und SVP hätten den Vorschlag der vorberatenden Kommission im Detail beraten wollen. SP, Grüne, Mitte und Grünliberale fanden dies angesichts der Chancenlosigkeit der Vorlage vor dem Volk keine gute Idee.
Über den Weg einer Subkommission will der Nationalrat nun die Kantone besser einbinden, die vehement gegen die geltende Vorlage opponieren. Ritter zeigte sich zuversichtlich, dass so bis in einem Jahr ein besserer Vorschlag auf dem Tisch liege.
Mit ausgewogener Vorlage vor das Volk
Gerade der vergangene Sonntag habe gezeigt, dass es Steuervorlagen vor dem Volk schwer hätten, sagte Ritter. Und beim Eigenmietwert sei die Lösungsfindung besonders anspruchsvoll. Die Vorlage der Wirtschaftskommission des Nationalrates (WAK-N) habe sich zu weit vom ursprünglichen Ziel entfernt.
Wenn der Eigenmietwert abgeschafft werde, dürften nicht gleichzeitig Steuerabzüge für Wohneigentum möglich bleiben. Und für die Kantone seien die Steuerausfälle nicht verkraftbar. «Die Rückweisung ist eine riesige Chance für alle, die den Eigenmietwert abschaffen wollen.»
Cédric Wermuth (SP/AG) sprach bei der Begründung seines Nichteintretensantrags von «der wohl längsten Beerdigung eines Geschäftes». Die Abschaffung des Eigenmietwertes wäre eine grosse Ungerechtigkeit. Die finanziellen Ausfälle wären für Bund und Kantone nicht verkraftbar. Die Rede ist von insgesamt 3,8 Milliarden Franken.
Verbesserungen hinzukriegen, ohne gleichzeitig wieder jemanden zu benachteiligen, ist laut Wermuth kaum machbar. Mit dem heutigen System seien dagegen «etwa alle gleich unzufrieden».
Schon zweimal an der Urne gescheitert
Die Abschaffung des Eigenmietwertes ist ein heisses Eisen. Bisher scheiterte er zweimal an der Urne und schon mehrfach im Parlament. Die Wirtschaftskommission des Ständerats unternahm 2017 einen neuen Anlauf. Der Ständerat sprach sich im Herbst 2021 relativ knapp für einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung aus.
Die Wirtschaftskommission des Nationalrates (WAK-N) hiess die Vorlage nach einlässlichen Beratungen in der Gesamtabstimmung mit 12 zu 10 Stimmen gut. Nach Ansicht der Mehrheit des Nationalrates hat sie dabei aber das Fuder komplett überladen. Von einem eigentlichen Systemwechsel könne nicht mehr die Rede sein, wenn gleichzeitig für alles und jedes Abzüge gemacht werden könnten, so der Tenor.
Die Kommissionsmehrheit habe den Massstab der steuerlichen Gleichbehandlung völlig ausser Acht gelassen, kritisierte Balthasar Glättli (Grüne/ZH). Ihre Lösung mache die Welt ungerechter. «Da ist nicht mehr viel zu retten.»
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Mehrfamilienhaus: Mit dem Eigenmietwert können Eigentümer Zinsen und Investitionen von der Steuer abziehen, Mieter aber nicht.
Lösung muss haushaltsneutral sein
Der Eigenmietwert sei steuersystematisch richtig, sagte Jacqueline Badran (SP/ZH). Schliesslich könnten die Eigentümer Zinsen und Investitionen von der Steuer abziehen, Mieter nicht. Für einen reinen Systemwechsel wäre ihre Fraktion zu haben, aber die Lösung müsse haushaltsneutral sein. Mit der Kommissionslösung würden die Wohneigentümer dagegen weiter «eklatant begünstigt».
Auch die Grünliberalen wollten eine haushaltsneutrale Vorlage. Hauptsächlich gehe es darum, die Verschuldungsanreize zu reduzieren und damit die volkswirtschaftliche Stabilität der Schweiz zu erhöhen, sagte Kathrin Bertschy (GLP/BE).
Esther Friedli (SVP/SG) erinnerte daran, dass der Eigenmietwert während des Ersten Weltkrieges als befristete Kriegssteuer eingeführt wurde. Es sei höchste Zeit für eine Abschaffung, denn damit werde ein fiktives Einkommen besteuert. Es handle sich um eine «Steuerstrafe für Wohneigentümer». Das System unterstütze das Schuldenmachen und benötige eine aufwendige Bürokratie.
Nicht weiter auf lange Bank schieben
Es sei schon alles diskutiert worden, die Fakten lägen auf dem Tisch, so Friedli weiter. Das Geschäft dürfe nicht weiter auf die lange Bank geschoben werden. Es brauche nun einen politischen Entscheid.
Das fand auch Petra Gössi (FDP/SZ). Es gebe ordnerweise Material zu dieser Frage. Der alte Zopf gehöre endlich abgeschnitten. Eine kostenneutralere Ausgestaltung der Abschaffung könne man auch im Rahmen der Detailberatung unter den Räten noch finden.
Der Bundesrat unterstütze im Grundsatz die Abschaffung des Eigenmietwertes, sagte schliesslich Finanzminister Ueli Maurer. Der Anreiz zur Verschuldung sei schlecht, das System zu komplex und es gebe das Problem der Rentner mit tiefem Einkommen und hohem Eigenmietwert.
«Es ist allerdings Ihre Vorlage», betonte Maurer aber. Welchen Weg er gehen wolle, sei der Entscheid des Rates. Aus seiner Sicht sei aber die bessere Einbindung der Kantone über eine Subkommission «einen Versuch wert». In spätestens einem Jahr müsse allerdings ein besserer Vorschlag auf dem Tisch liegen. Möglich mache einen solchen auch der Umstand, dass im Frühling 2023 neue Daten vorliegen werden. (sda)