Wald: Grünraum für die Corona-Krise
Dichtestress für Eichhörnchen und Reh wegen des Corona-Virus? Nicht überall. Im Lockdown haben viele den Wald für Freizeit und Erholung neu entdeckt. Waldbesuche haben zwar markant aber nicht überall in der Schweiz zugenommen. Dies zeigen Umfragen der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL).
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Während des Lockdown suchten vor allem Städter vermehrt den Wald auf.
Als der Corona-Lockdown Anfangs April in der Schweiz den Höhepunkt erreicht hatte, waren viele Menschen häufiger im Wald unterwegs als in der Zeit vor dem Lockdown. Noch viel grösser war aber auch die Anzahl derjenigen Erholungssuchenden, die viel weniger oder überhaupt nicht mehr in den Wald gegangen waren. Dies ergab ein Vergleich von zwei Befragungen der WSL, die vor und während des Lockdowns durchgeführt worden sind.
Die Befragungen fanden anlässlich des Projekts «Waldmonitoring Soziokulturell» (WaMos) statt. Für dieses wird die Bevölkerung alle zehn Jahre im Auftrag des Bundesamts für Umwelt (Bafu) detailliert zu ihrem Verhältnis zum Wald befragt. Gegenwärtig läuft die dritte Auflage dieser Untersuchung. Insgesamt haben 8000 Personen teilgenommen, aktuell werden die Resultate ausgewertet. Weil diese Umfrage noch nichts mit dem Corona-Virus zu tun hatte – sie endete am 9. März vor dem Lockdown – nutzte Team um Marcel Hunziker die Gelegenheit: Die soeben abgeschlossene Befragung wurde Anfang April bei rund 1000 Teilnehmern ein weiteres Mal durchgeführt. Der Fokus beschränkte sich dabei auf die Aspekte der Walderholung.
Erholung in Krisenzeiten
Dass der Lockdown gleich nach unserer grossen Waldbefragung stattfand und dadurch mit der Folgebefragung einen direkten Vergleich des Waldbesuchs der Bevölkerung vor und während der Krisensituation ermöglichte, sei 'Glück im Unglück' gewesen, sagt Hunziker. „Dadurch können wir nicht nur den Waldbesuch an sich, sondern dessen Veränderung durch den Lockdown analysieren und somit die Bedeutung des Waldes in Krisenzeiten beurteilen.“ Das ist eine wichtige Grundlage für künftige Strategien zur Krisenbewältigung, denn der Wald ist in der Schweiz ein bedeutsamer Ort der Erholung, insbesondere in Stadtnähe. Erholung spiele gerade in Krisenzeiten eine grosse Rolle, schreibt die WSL in ihrer Medienmitteilung.
Im Wald spazieren statt im Stadtpark flanieren
Die Befragungen zeigen, dass sich die Waldbesuche in zwei Richtungen verändert haben: Sehr viele Personen gingen deutlich seltener in den Wald als normalerweise in der wärmeren Saison, viele aber auch deutlich häufiger. Gesunken hingegen war die Zahl der «gelegentlichen» Waldbesucher . Darüber hinaus zeigte sich auch, dass Waldbesuche während des Lockdowns im Durchschnitt kürzer ausfielen und näher zum Wohnort stattfanden als üblich.
Deutliche Unterschiede stellten die Forscher sich bei den Sprachregionen fest, und zwischen städtischen und ländlichen Gebieten: So suchten während des Lockdowns deutlich mehr Städter täglich den Wald auf, als in einem normalen Frühling. Mögliche Ursachen orten die Experten des WSL darin, dass viele innerstädtische Grünräume gesperrt oder von den Bewohnern wegen des Social Distancing gemieden wurden. Ausserhalb der Städte zeigte sich die Situation allerdings gegenteilig.
Unterschiedliche betroffen vom Corona-Virus
Dass in der Deutschschweiz während des Lockdowns viel mehr Personen auffallend öfter in den Waldb gingen, als in den anderen Sprachregionen, führt man bei der WSL auf die unterschiedliche Betroffenheit durch das Corona-Virus zurück. So gingen die Bewohner der italienischsprachigen Schweiz viel seltener in den Wald. Die Romandie lag jeweils dazwischen.
Die Gründe für die Waldbesuche verlagerten sich ebenfalls. Nicht soziale Motive wie gemeinsames Bräteln oder Spazieren standen im Vordergrund, sondern das Bedürfnis nach Fitness sowie physischer und psychischer Gesundheit. (mai/mgt)