Digital nachgebaut: Sieben historische Paläste zu ihrer Blütezeit
Ein Versailles in der Karibik oder ein Hinterbleibsel einer mythischen Zivilisation in Griechenland: Noch heute erzählen Ruinen von der Pracht einstiger Paläste. Ein Team aus Architekten hat einige zu ihrer Blütezeit digital rekonstruiert.
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Die folgenden Bilder sind interaktiv. Sie zeigen, wie die Ruinen zu ihrer Blütezeit ausgesehen haben könnten. Bewegen Sie hierzu mit der Maus den weissen Slidebalken im jeweiligen Bild.
Sans Souci in Haiti: Das Versailles der Karibik
In der Nähe des Städtchens Milot in Haiti befindet sich der Palast
«Sans Souci», der einst dem General Henry Christophe als Hauptwohnsitz diente. Dieser
erklärte sich 1811 nach der Unabhängigkeit des Landes zum König über Nordhaiti
und liess das Bauwerk über einen Zeitraum von drei Jahren errichten. Ein
besonderes Merkmal des Baus: Der prunkvolle Palast besass eine Fussbodenkühlung
mit einem Röhrensystem, das von einem Gebirgsbach durchflossen wurde.
Die Bauweise und der Name des Palastes sind dem Schloss
Sanssouci des Preussenkönigs Friedrich II. in Potsdam nachempfunden. Die majestätischen Stufen
und Terrassen brachten ihm aber auch den Spitznamen «Versailles der Karibik» ein. Heute
zeugen nur noch Ruinen vom Palast, nachdem dieser 1842 von einem schweren
Erdbeben zerstört und nicht wieder aufgebaut wurde. Seit 1982 gehört der Palast «Sans Souci» zum Unesco-Weltkulturerbe.
Qal’eh Dokthar: Eine Festung auf einer Klippe
Das Qal’eh Dokthar wurde von Ardashir I. im 3. Jahrhundert
während der Gründung des Sassanidenreiches in der Nähe der iranischen Stadt Firuzabad errichtet. Das Bauwerk
diente damals als Festung und beinhaltete im dritten Stock eine königliche
Residenz, welche später jedoch durch einen grösseren Palast ersetzt wurde, den
Ardashir in der Nähe bauen liess. Technisch gesehen handelt es hier um eine
Burg und kein Palast. So liegt das Bauwerk auch strategisch gut platziert auf
einer hohen Klippe.
Die Burg beinhaltet ausserdem ein besonderes
architektonisches Merkmal: Es wird vermutet, dass in Qal’eh Dokthar eine der
ersten iranischen Tschahar Taq realisiert wurde, eine Gebäudeart der persischen
Architektur aus der Zeit der Sassaniden. Dabei handelt es sich im Grunde um
einen quadratischen Kernbau mit vier Bögen, der eine Kuppel trägt. Heute zählen
Tschahar Taq zu den wichtigsten Merkmalen der traditionellen iranischen
Architektur.
Palast von Knossos: Überbleibsel der minoischen Zivilisation
Der Sage nach handelt es sich beim Palast von Knossos auf der griechischen Insel Kreta um
das Schloss des minoischen Königs Minos, Sohn des Zeus und der Europa. Ebenfalls mit dem Palast verbunden sind die Mythen vom Labyrinth des Minotaurus sowie von Daidalos und Ikaros.
Die Geschichte des Bauwerks reicht weit zurück. So soll der
Palast um 1700 v. Chr. erbaut worden sein und die gleichnamige Stadt in den Jahren 2000 bis 1350 v.
Chr. als wichtiges politisches und wirtschaftliches Zentrum der minoischen Kultur gedient haben. Aus jahrelangen Ausgrabungen ging zudem hervor, dass
die Stadt Knossos seit 7000 v. Chr. ohne Unterlass bis zur Römerzeit besiedelt
war.
Der jüngste Palast von Knossos war als Gebäudeensemble mit
bis zu fünf Stockwerken errichtet worden. Bei Ausgrabungen konnten bislang 800 Räume nachgewiesen werden. Das Gebäudeensemble wurde um einen rechteckigen Zentralhof von 53 x 28 Metern
errichtet. Aus vier Richtungen sind rund um diesen Hof verwinkelte, schmale
Gänge mit prächtig ausgeschmückten Korridoren und Sälen sowie aufwendig gestaltete
Treppen und Galerien angelegt.
Ruschany-Palast: Das Versailles von Weissrussland
Diese Ruinen im Dorf Ruschany in Belarus dienten einst als
Wohnsitz der Familie Sapieha, einem bedeutenden polnisch-litauischen Hochadelsgeschlecht.
Die Familie errichtete das Schloss Ruschany Ende des 18. Jahrhunderts anstelle einer
früheren Burg: Alexander Saphieha liess die Baulichkeiten in eine prunkvolle
Palastanlage umwandeln, die ihr unter anderem den Titel «Versaille von
Weissrussland» einbrachten.
Um 1834 wurde das Schloss verkauft und fortan als Textil-
und Webfabrik genutzt. Zumindest, bis Fabrikarbeiter den Palast 1914
versehentlich in Brand setzten. Zwar wurden die Gebäude bis 1930 teilweise
renoviert, im Verlauf des Zweiten Weltkrieges aber wieder zerstört. Heute
stehen nur noch die Ruinen des Hauptgebäudes, das Theater im östlichen Flügel
sowie zwei Arkaden. Das Eingangstor zur Anlage wurde von 2008 bis
2012 aufwendig restauriert. Heute befindet sich im Palast zudem ein Museum,
welches die Geschichte der Sapieha-Familie erzählt.
Dongur-Palast: Die Legende der Königin von Saba
Diese Ruine liegt in Aksum, das äthiopischen Dorf
war einst Hauptstadt Asumitischen Reiches, das sich über das Gebiet des heutigen Eritrea, Teile von Äthiopien, sowie über den Sudan und Jemen erstreckte. Der Palast aus dem 6. Jahrhundert umfasst rund 50 Zimmer, darunter ein Badebereich, eine
Küche und einen möglichen Thronsaal. Heute sind davon aber nur noch die
untersten Ebenen erhalten.
Über die Geschichte des Gebäudes selbst in wenig bekannt. Einst soll hier eine biblische Gestalt gewohnt haben, die Königin von Saba. Die Königin, die vermutlich Jahrhunderte vor dem Bau des Palastes gelebt haben dürfte, soll, als sie König Salomon in Jerusalem besucht hatte, mit ihm Menelik gezeugt haben, den Stammvater der äthiopischen Könige.
Die Überreste des «Palastes der Königin von Saba» wurden erstmals bei einer
Ausgrabung in den 60er-Jahren freigelegt. Bei weiteren Ausgrabungen wurde unter anderem eine Schnitzerei
freigelegt, die eine «schöne Frau» zeigt, wodurch die Hoffnung aufkam, das
sich unter dem Dongur-Palast tatsächlich die Überreste der Residenz
der Königin verstecken könnten.
Clarendon-Palast: Ein Bau für die königliche Jagd
Bei diesem Objekt im englischen Wiltshire handelt es sich
um einen ehemaligen Sommerpalast, der unter anderem von den Königen von
Heinrich II. bis zu Heinrich VII. als temporäre Residenz genutzt wurde. Das
Bauwerk wird von einer weitläufigen Anlage umgeben, die einst als Jagd-Park diente. Vom Palast selbst sind heute nur noch Ruinen aus Kalk- und
Feuerstein übrig.
Ursprünglich besass das Gebäude eine freistehende grosse
Halle und Kammern für die Bediensteten. Auch eine Kapelle und
ein Weinkeller zählten zum Palast. Unter König Heinrich III. wurde das Anwesen erweitert und die Küche sowie der grosse Saal umgebaut. Bis zum 15. Jahrhundert
bestand die Anlage aus einem riesigen Gebäudekomplex, der neben Unterkünften
für die königliche Familie auch Zimmer für Ritter und Knappen sowie Ställe umfasste.
Bis zur Tudor-Ära diente die weitläufige Anlage als
beliebter Rückzugsort der Monarchen. Später wurde der Bau dann an den ersten Earl von Clarendon, Edward Hyde, übergeben. Dessen Nachfolger Peter Bathurst liess
sich im 18. Jahrhundert dann aber ein Herrenhaus im Clarendon Park bauen und der
eigentliche Palast verfiel im Laufe der Zeit.
Husuni Kubwa: Ein Palast für den Sultan
Die Insel Kilwa Kisiwani in Tansania war vom 13. bis 16.
Jahrhundert ein wichtiges Zentrum für den Handel mit Gold, Silber,
Perlen, Parfüm sowie arabischem Steingut, persischer Keramik und chinesischem Porzellan. Die Ruinen der einstigen Hafenstadt Kilwa sind seit 1981 Teil des Unesco-Weltkulturerbes.
Teil von Kilwa Kisiwani war auch der Palast Husuni Kubwa, den der Sultan al-Hasan ibn Sulaiman Abu'l-Mawahib im 14. Jahrhundert errichten liess. Im Gebäude wurde teilweise Korallenstein verbaut. Die Ruinen des Palastes wurden 1962 bei ersten Ausgrabungen freigelegt. Der Archäologe Neville Chittick identifizierte dabei die Wohnräume des Sultans und eine Moschee.
Es wird vermutet, dass der Husuni Kubwa seinerzeit als
Festung, Schloss und Warenhaus zugleich diente. So bestand der Bau aus mehreren
grossen Höfen und besass mehr als 100 Räume mit grosszügigen Gewölben. In einem
der Höfe wurde zudem ein achteckiges Schwimmbecken angelegt und eine Station
für das Verladen von Waren auf Schiffe errichtet.