Zürich: Das Schauspielhaus bleibt wie es ist
Nun heisst es doch noch „Ende gut, alles gut“ für den Pfauensaal des Zürcher Schauspielhauses. Zumindest für diejenigen, die sich für den Erhalt des geschichtsträchtigen Saals engagiert hatten. Der Gemeinderat hat die Umbaupläne des Stadtrats abgelehnt.
Quelle: Andreas Praefcke, selbst fotografiert, CC BY 3.0
Geschichtsträchtiger Ort: Unter anderem wurde 1941 auf dieser Bühne "Mutter Courage und ihre Kinder" uraufgeführt. Bertold Brecht hatte das Stück im Exil verfasst.
Nun heisst es doch noch „Ende gut, alles gut“ für den Pfauensaal des Zürcher Schauspielhauses. Zumindest für diejenigen, die sich für den Erhalt des geschichtsträchtigen Saals engagiert hatten. Der Gemeinderat hat heute Abend die Umbaupläne des Stadtrats abgelehnt. Stattdessen soll der Theatersaal nun lediglich sanft renoviert werden.
Bei dem Bauprojekt geht es somit nicht mehr um einen Totalumbau sondern um „sanfte Eingriffe“, zum Beispiel bei der Akustik, bei der Sicht auf die Bühne sowie um den Brandschutz. Für das Bauvorhaben hat der Gemeinderat nun einen Projektierungskredit von 13,9 Millionen Franken gesprochen. Insgesamt kostet es jedoch über 100 Millionen Franken.
Geld hat für einmal jedoch nicht das ausschlaggebende Argument geliefert: Fast alle Fraktionen wurden sich intern nicht einig, die SP entschloss sich gar zu einer Stimmfreigabe. Als einzige Fraktion unterstützte die GLP geschlossen den Totalumbau. Ihre Sprecherin räumte ein, dass bei dieser Frage „das Baugefühl entscheidet, nicht die Kosten-Nutzen-Analyse“. Für sie hänge Geschichte aber nicht an roten Sesseln. Das Bauchgefühl der Parlamentsmehrheit wollte den Pfauen nun bewahren. Der Stadtrat muss somit eine Vorlage mit kleineren Eingriffen ausarbeiten. In einigen Jahren soll das Stimmvolk diesen Umbau dann noch bewilligen. - Angedacht ist dabei, dass das angrenzende Restaurant zur Schauspielhausfläche dazugeschlagen wird. Zudem soll das neue Foyer, auch ein Gastroangebot beinhalten.
Pfauensaal vollständig ersetzen
Der Totalumbau, den Stadtrat und Theaterführung gefordert hatten, hätte dazu geführt, dass der Pfauensaal und die Bühne – sie stammt von 1926, das Schauspielhaus selbst ist Ende des 19. Jahrhunderts als Volkstheater am Pfauen mit bayerischem Biergarten und Kegelbahn erbaut worden. Gemäss dem geplanten Umbauprojekt wäre der Theatersaal komplett entfernt und um eine Etage höher verlegt worden, um mehr Fläche zu schaffen. Lediglich bei der Fassade wäre alles erhalten geblieben.
Dem Vorhaben hatte von Anfang an eine eisige Brise entgegen geweht: Eine Allianz aus Kulturschaffenden und Denkmalschutzinteressierten setzte sich für den Erhalt des Saals ein. Darunter auch drei ehemalige Direktoren des Schauspielhauses, wie Gerd-Leo Kuck, Achim Benning und Gerd Heinz. Dabei ging es weniger um die architektonische als um die geschichtliche Bedeutung des Ortes. Denn als im Dritten Reich Autoren wie Bertold Brecht von der Bühne verbannt wurden und Schauspieler und Regisseure um ihr Leben fürchteten, weil sie jüdisch waren und oder weil ihre politischen Ansichten zu links waren, bot ihnen das Schauspielhaus Zuflucht. Das zuvor unbedeutende Theater wandelte sich während jener Zeit zu einem Hort des geistigen Widerstands gegen den Nationalsozialismus.
Verwaltungsrat reagiert enttäuscht
Der Verwaltungsrat der Schauspielhaus AG zeigte sich in einer Mitteilung enttäuscht über den Entscheid des Stadtparlaments. Die gewählte Variante mit der leichten Sanierung werde dazu führen, dass das Publikum auch in Zukunft unbefriedigende Akustik- und Sichtverhältnisse in Kauf nehmen müsse, monierte er. Den Entscheid gelte es aber zu respektieren. „Damit ist der erste Vorhang gefallen“, schreibt der Verwaltungsrat. Selbstverständlich sei es das Ziel, auch unter schlechteren Bedingungen das weiterhin bestmögliche Theater auf die Bühne zu bringen. Es werde sich aber zeigen, ob die Stimmbevölkerung gleicher Meinung sei wie das Parlament und „einem Sanierungskredit von weit über 100 Millionen zustimmt, der die aktuellen Probleme der Theaterschaffenden nicht löst, sondern noch verschärft“.
Allerdings: Die drei Sanierungsprojekte, die der Stadtrat präsentiert hatte, sind alle teurer. Zudem hat das Schauspielhaus neben der Spielstätte am Pfauen respektive am Heimplatz mit der Schiffbauhalle in Zürich West seit über 20 Jahren eine hochmoderne Bühne. (mai/sda)