Forschungszentrum Cern plant neuen Riesenring
Das Forschungszentrum Cern plant den Bau eines neuen Teilchenbeschleunigers mit einer Länge von 91 Kilometern. Mit der ringförmigen Anlage wäre die Grundlagenforschung bis Ende des Jahrhunderts gewährleistet. Trotz hoher Kosten ist der Zwischenbericht von Anfang Februar ermutigend. In China ist sogar eine grössere Anlage geplant.
Quelle: Cern
Bereits konnten Wissenschaftler und Ingenieurinnen Erkenntnisse gewinnen über die Platzierung des Rings und die Anforderungen an den Tiefbau.
Der Forschungsdrang folgt mittlerweile schon fast einer gegenläufigen Gesetzmässigkeit. Um physikalische Phänomene in der subatomaren Teilchenwelt zu entdecken, nimmt der Umfang der Anlagen exponentiell zu. Beim Cern in Genf gehörten Teilchenbeschleuniger in den letzten 50 Jahren zu den wichtigsten wissenschaftlichen Instrumenten, um die grundlegendsten Teilchen und zugleich die physikalischen Gesetze des Universums zu verstehen.
Mit dem 27 Kilometer langen Large Hadron Collier (LHC) verfügt das Cern derzeit über den derzeit leistungsstärksten Teilchenbeschleuniger der Welt. Mit technischen Anpassungen lässt sich das Entdeckungspotenzial erhöhen, sodass der Beschleuniger für Forschungsprogramme bis 2040 genutzt werden kann. Doch die Planung der Forschungsaktivitäten mit neuen Anlagen geht bereits über den LHC hinaus.
Grundlagenforschung nach 2040 planen
Die Forschung im Bereich der Hochenergiephysik im 21. Jahrhundert hängt von der Entwicklung und dem Bau von leistungsstärkeren Teilchenbeschleunigern ab. Daher sind mit der Future-Circular-Collider-Studie (FCC) Untersuchungen im Gange über verschiedene Optionen, wie eine solche Anlage der neusten Generation konzipiert werden soll. Dabei werden die Forscherinnen und Forscher schon konkreter.
Der ringförmige Teilchenbeschleuniger mit einem Umfang von 91 Kilometern würde in einem unterirdischen Tunnel durch die französischen Departements Haute-Savoie und Ain sowie dem Kanton Genf geführt. Dabei muss der Tunnel geologisch komplexe Bereiche vermeiden. Auch gilt es, die Effizienz der Anlage zu maximieren. Zudem muss der Anschluss an den bestehenden LHC geplant werden. Eine Rolle spielen auch die Lage der Oberflächenstandorte und soziale sowie ökologische Aspekte, wie das Cern in einer Mitteilung schreibt. Aufgrund von weiteren Anforderungskriterien ergeben sich vielfältige Gestaltungsvarianten.
Quelle: Cern
Der neue Teilchenbeschleuniger FCC soll den bestehenden Large Hadron Collier (LHC) ergänzen.
Ein Tunnel, zwei Beschleuniger
Vorgesehen ist, im FCC-Tunnel zwei Beschleunigungsanlagen nacheinander anzuordnen. Der Bau soll daher gestaffelt erfolgen. In einem ersten Schritt den Betrieb aufnehmen soll bis Mitte der 2040er-Jahre ein Elektron-Positron-Collider FCC-ee, der bisher noch nie erreichte Präzisionsmessungen ermöglichen soll.
Die Anlage könnte möglicherweise die Basis sein für eine Physik jenseits des Standardmodells. In einer zweiten Etappe wäre der Bau eines weiteren Teilchenbeschleunigers geplant (Proton-Proton-Collider FCC-hh), der mit einer achtmal höheren Energie als der LHC neues Entdeckungspotenzial erschliessen könnte.
Geschätzte Kosten von 21 Milliarden Franken
Die Machbarkeitsstudie umfasst neben wissenschaftlichen Erwägungen, zahlreiche technische sowie administrative Überlegungen und die Finanzierung. Zu klären waren auch Fragen zur territorialen Machbarkeit einschliesslich geologischer und ökologischer Auswirkungen der Infrastrukturen sowie des Tiefbaus, wie es in der Mitteilung weiter heisst.
Wenn das Ergebnis der Machbarkeitsstudie schliesslich positiv ausfällt, können die Mitgliedstaaten des Cern und die internationalen Partner eine eingehendere technische Machbarkeitsstudie des Projekts befürworten. Bei einer endgültigen Genehmigung des Projekts wäre ein Baubeginn nach Mitte der 2030er-Jahre möglich. Die Gesamtkosten des Projekts werden laut eines Berichts von SRF auf 21 Milliarden Franken geschätzt. Ein definitiver Entscheid der Cern-Mitgliedstaaten, ob sie dem Projekt grünes Licht geben, wird nicht vor 2028 erwartet.
Zwischenziel erreicht
Der Cern-Rat hat die Halbzeitüberprüfung der Machbarkeitsstudie für den Future Circular Collider (FCC) nach dreijähriger Arbeit unter Beteiligung von Wissenschaftlern und Ingenieurinnen aus der ganzen Welt Anfang Februar abgeschlossen. Gemäss der Studie sollten für den Bau keine technischen Hindernisse bestehen. Detailliertere Evaluationen erfordern die Geologie oder die voraussichtlichen Kosten. Die FCC-Machbarkeitsstudie ist in Arbeit, ein Bericht soll im Jahr 2025 fertiggestellt und veröffentlicht werden. Inzwischen ist dem Projekt beim Cern Konkurrenz aus China erwachsen. 2018 wurden dort Pläne vorgestellt für den Bau eines eigenen 100 Kilometer langen Elektron-Positron-Supercollider, der bereits 2030 den Betrieb aufnehmen könnte. (mgt/sts)