Swiss Life Arena in Zürich-Altstetten: Der «Löwenkäfig» wird eröffnet
Zehn Jahre wurde geplant, drei Jahre gebaut: Bald wird die neue Swiss Life Arena in Zürich-Altstetten eröffnet. Der Bau der neuen ZSC-Heimstätte barg einige Probleme. Viel Grundwasser und fehlerhafte Schrauben erschwerten die Arbeiten. Ein Rückblick.
Mit einem Fassungsvermögen von 12‘000 Zuschauern, mit Baukosten
von über 200 Millionen Franken und mit einer Gebäudefläche von 70‘000
Quadratmetern zählt die neue Swiss Life Arena in Zürich-Altstetten zu den
grössten Eishockey-Hallen der Schweiz. Stolze 170 mal 110 Meter misst der 33
Meter hohe Neubau, der auf einem Grundstück direkt neben den Bahngleisen in
Zürich-Altstetten thront.
Zehn Jahre lang geplant
Die Planungsarbeiten für die Eishockeyarena dauerten zehn Jahre. «Das Projekt hat für einige schlaflose Nächte gesorgt», sagte Peter
Zahner, CEO der ZSC Lions AG, in diesen Tagen anlässlich eines Medienrundgangs
rückblickend. Doch nun habe man mit der Swiss Life Arena ein «wunderschönes
Gebäude» geschaffen. Mit dem Neubau erhält der Zürcher Eishockeyclub, der seit
über 70 Jahren im Hallenstadion seine Spiele bestreitet, seine langersehnte
Homebase.
Die unbefriedigende Situation mit dem Hallenstadion war auch ein zentraler Grund für das Projekt. Das Stadion sei zwar eine multifunktionale Arena. Aber eben keine Eishockeyarena, so Zahner. «Alle, die das Hallenstadion kennen, wissen wovon ich spreche.» Die untersten vier bis fünf Zuschauerreihen sehen das Spielfeld aufgrund des flachen Aufbaus gar nicht. Auch die Terminhoheit war ein grosses Problem – mehrmals mussten Spiele wegen anderer Events verschoben werden.
Quelle: Caruso St John (London I Zürich)
Längsschnitt der Swiss Life Arena: Durch die quere Anordnung der Hauptarena konnten die Teilbereiche im Norden und Süden optimal genutzt werden.
Keine toten Flächen
Dies gehört mit der Swiss Life Arena nun der Vergangenheit an. Doch von Anfang an: Der Startschuss für das Projekt fiel im 2009 – damals wurden noch 20 mögliche Areale für die Arena geprüft, schlussendlich entschied man sich für Zürich-Altstetten. Ein Jahr darauf folgte eine Machbarkeitsstudie und wiederum zwei Jahre später lancierten der Eishockeyclub der ZSC Lions und die Stadt Zürich einen internationalen Projektwettbewerb im anonymen Verfahren.
71 Teams hatten sich beworben, zwölf schafften es in die engere Auswahl. Durchsetzen konnte sich dann das «Theatre of Dreams» der Caruso St John Architects aus Zürich und London. Überzeugt am Konzept hätte insbesondere, dass die Architekten das Spielfeld auf dem 28‘000 Quadratmeter grossen Areal quer – also parallel zu den Gleisen – geplant hatten, so Zahner. «Auf diese Weise wurde jeder Quadratmeter auf der limitierten Fläche effizient genutzt. Wir haben keine toten Flächen.»
Durch diese Anordnung der Haupthalle konnten auch die Bereiche im Norden und Süden optimal ausgenutzt werden. Als Resultat davon schliessen auf beiden Seiten der Arena zwei etwas tiefer liegende Gebäudevolumen an die Haupthalle an. In diesen befinden sich unter anderem eine zusätzliche Trainingshalle mit einem identisch grossen Eisfeld wie jenes in der Haupthalle, ein Kraft- und Gymnastikraum, Umkleiden für die Spieler, sowie ein Restaurant und eine Bar.
Auf der Südseite führt ausserdem eine steile Treppe als Eingangsbereich die Besucher auf eine grosszügige Dachterrasse, die direkt mit der Eishalle verbunden ist. Ebenfalls im Neubau integriert sind daneben Büros der ZSC Lions, Gewerberäume, ein Parkhaus für Mitarbeiter, eine Werkstatt für Eismaschinen, ein Gastro- und VIP-Bereich sowie ein Konferenzsaal.
Andere Stadien besichtigt
Für die Planung des Neubaus hatte das Team laut Peter Zahner mehrere bereits gebaute Stadien in der Schweiz und in Deutschland besichtigt. Unter anderem in Zug, Bern und Biel sowie in Mannheim und Berlin. Dabei fragten sie die Stadionbetreiber, was sie rückblickend bei den Sportgebäuden anders geplant hätten. «Wesentliche Punkte waren hierbei mehr Verkehrsfläche für Personenströme, zu wenig Lagerfläche und zu wenige Spielerkabinen», erklärte Zahner.
Diese Aspekte nahmen sich die Architekten und Bauherren dann bei der Planung der Arena in Zürich-Altstetten zu Herzen. So weist die Swiss Life Arena durchgehend grosszügig gestaltete Flächen auf und bietet mehr als zehn Spielerkabinen. Besondere Sorge getragen wurde ausserdem der Gastronomiekapazität: Die Swiss Life Arena bietet für die 12‘000 Zuschauer über 2190 Gastronomieplätze. «Das ist in der Schweiz mit Abstand am meisten», so Zahner.
Als Beispiel für den wichtigen Gastroaspekt nennt der Eishockeyfunktionär die Bossard Arena in Zug. Diese könne 7‘200 Zuschauer fassen, weise jedoch lediglich etwa 290 Gastronomieplätze auf. «Das ist natürlich viel zu wenig». Deshalb sei dort nun eine Stadionerweiterung in Diskussion, um die Zuschauerkapazität auf 9‘000 zu erhöhen und gleichzeitig die Gastronomie extrem auszubauen. «Für die Swiss Life Arena haben wir das zusammen mit den Architekten frühzeitig geplant.»
Quelle: Caruso St John Architects
Hier war die Arena noch im Bau: 100'000 Tonnen Beton und 5'700 Tonnen Stahl wurden im Neubau verbaut.
Schwieriger Baugrund mit Grundwasser
Nachdem im Oktober 2018 die Baubewilligung erteilt worden war, konnten die Bauarbeiten im März 2019 offiziell mit dem Spatenstich starten. Gleichzeitig wurde auch der künftige Stadionname «Swiss Life Arena» bekanntgegeben. Noch im April 2020 wies hier lediglich eine tiefe Baugrube auf die Arena hin, die hier in den nächsten Jahren entstehen sollte.
Besondere Herausforderungen gab es aber bereits in dieser Bauphase. So musste etwa die Baugrube für die Energiezentrale der Eishalle von einer Spundwand bis zu acht Meter tief abgesichert werden, da sich der Wasserspiegel der Limmat nur gerade zwei Meter unterhalb des Gebäudes befand, wie das Baublatt in einer Baustellenreportage von September 2021 berichtete.
Der Baugrund in Altstetten sei relativ schlecht, bestätigte auch Michael Schneider von den Caruso St John Architects Zürich, am Rundgang vor Ort. Es habe hier sehr viel Grundwasser. Aus diesem Grund wurde weitgehend auf eine Unterkellerung verzichtet und auch keine Tiefgarage gebaut. «Unter dem Gebäude verläuft zudem auch ein Abwasserkanal von Altstetten.»
Quelle: Pascale Boschung
Blick auf die Dachkonstruktion mit den riesigen rund 85 Meter langen Stahldachträgern. Experten hatten hier kurz vor Weihnachten 2021 fehlerhafte Schrauben festgestellt. Schlussendlich mussten alle ersetzt werden.
Fehlerhafte Schrauben in Dachkonstruktion
In etwas mehr als einem Jahr wuchs die Arena in die Höhe. Der Baukörper an sich ist ein reiner Stahlbetonbau, der aus Ortbeton gefertigt worden ist. Dadurch kommt das Gebäude statisch ohne weitere Stützen aus. Mit dem Einbau der riesigen Stahldachträger – sie haben eine Spannweite von je 85 Metern – konnte im September 2021 dann die Rohbauphase auf der Baustelle abgeschlossen und der Innenausbau in Angriff genommen werden.
Doch ganz ohne Probleme sollte auch diese Bauphase nicht vonstattengehen. Denn kurz vor Weihnachten musste der Bau gestoppt werden, nachdem Experten fehlerhafte Schrauben in der Dachkonstruktion der Halle festgestellt hatten. Erst Mitte Januar konnten die Arbeiten auf der Baustelle an anderen Stellen wiederaufgenommen werden.
Die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) wurde mit der Überprüfung der Schrauben beauftragt. Schneider: «Schlussendlich mussten tatsächlich alle Schrauben ersetzt werden.» Dies wiederum verzögerte die Eröffnung und hatte bekanntlich zur Folge, dass die ZSC Lions zum Start der aktuellen Saison mehrere Spiele vorerst auf fremdem Eis bestreiten mussten.
Quelle: Pascale Boschung
Die Arena wird optisch von einer gewellten Sichtbeton-Fassade umgeben, die sich wie ein drapierter Vorhang um das Gebäude legt. Die Aussenhülle wurde von Baumeistern vor Ort aus Sichtbeton mit Weisszement gefertigt.
Quelle: Pascale Boschung
Eine architektonische Besonderheit an der Halleninnenwand sind sechs Lichtkelche – vorfabrizierte Betonelemente in Form von langgezogenen Kelchen, die Licht von aussen ins Halleninnere lassen.
Sichtbeton-Fassade als Eyecatcher
Passend zum früheren Projektnamen «Theatre of Dreams» wird die Arena optisch von einer gewellten Sichtbeton-Fassade umgeben, die sich wie ein drapierter Vorhang um das Gebäude legt. Die grundlegenden Ideen für diese Gestaltung entstanden mit Hilfe von Referenzbildern über Faltenwürfe und Vorhänge. In der Fassade integriert sind zudem mehrere kleine bullaugenförmige Fenster, die wegen ihrer Form an Pucks erinnern. Diese wird von Zahner als «Prunkstück» und «Eyecatcher» bezeichnet. Leider sei die Fassade jedoch «etwas teurer geworden», schmunzelte er.
Die Aussenhülle wurde von Baumeistern vor Ort aus Sichtbeton mit Weisszement gefertigt. Nicht nur die schiere Grösse stellte hohe Ansprüche. Auch die starke Profilierung war hinsichtlich der Arbeitsfugen ein grosses Risiko. Wegen letzterem entschied man sich dann dazu, jeweils rund 12 Meter hohe und 21 Meter lange Betonieretappen durchzuführen. «Vor Ort waren dafür zwei Betonwerke im Einsatz, die gemischt haben», so Schneider. Die Rohstoffe wie etwa Kies und der Zement dafür kamen aus der Region.
Die Fassade der Arena ist doppelt angelegt: Der Beton in der äusseren Wand wurde mit einer Spezialbehandlung hydrophob gemacht. Die Halleninnenwand ist hingegen herkömmlich betoniert und innenseitig an der Sichtfassade isoliert. Eine weitere architektonische Besonderheit an der Halleninnenwand sind sechs Lichtkelche – vorfabrizierte Betonelemente in Form von langgezogenen Kelchen, die Licht von aussen ins Halleninnere lassen.
Quelle: Pascale Boschung
Als Schaltstelle für die Kälte- und Wärmeproduktion dient eine Energiezentrale, die im April 2021 vom Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) übernommen wurde. Im Bild: Kältemaschinen für die Eisbahn.
Durchdachte Gebäudetechnik
Das Energiekonzept für die Swiss Life Arena wurde ausgehend von den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft entwickelt und beinhaltet ein durchdachtes Gebäudetechniksystem, das Synergien zwischen Kälte- und Wärmeproduktion nutzt. Als Schaltstelle für die Kälte- und Wärmeproduktion dient eine unterirdische Energiezentrale, die im April 2021 vom Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ)übernommen wurde. Herzstück des Energiekonzepts bilden die beiden Eisfelder.
«Die Arena ist in den Energieverbund Altstetten und Höngg eingebunden», erklärte Reto Burkhart, Leiter EWZ Realisierung, am Rundgang. Bei überschüssiger Energie hilft das Stadion mit Abwärme aus der Eisproduktion dabei, bis zu 30‘000 Haushalte mit Wärme zu beliefern. Mittels einer Solaranlage auf dem Dach produziert die Halle ausserdem auch selber Strom. «Mit dem Solarstrom werden rund acht Prozent der jährlich benötigten Energie für den Betrieb der Arena abgedeckt», erklärte Burkhart auf Nachfrage.
Energie verbraucht in erster Linie die Eisproduktion. Die dabei erzeugte Kälte wird gleichzeitig zur Entfeuchtung der Raumluft und somit zur Optimierung des Klimas in der Halle genutzt. Die Abwärme der Kältemaschinen reicht zudem aus, um sämtliche Räume des Komplexes zu heizen und über Wärmepumpen auch das nötige Brauchwarmwasser zu erzeugen.
Quelle: ZSC Lions AG
Auf der Südseite der Haupthalle (links) erstreckt sich die Sitzplatztribüne mit einer Höhe von 30 Metern fast bis unter die Decke; lediglich drei Meter liegen zwischen Dach und Sitzplätzen.
Eine steile «Hexenkessel»-Arena
Der eigentliche «Hexenkessel» im Neubau bietet Sitz- und Stehplätze für insgesamt 12‘000 Zuschauer. Erreicht wurde diese hohe Kapazität durch einen sehr steilen Aufbau der Tribünen. Auf der Südseite der Haupthalle erstreckt sich die Sitzplatztribüne mit einer Höhe von 30 Metern sogar fast bis unter die Decke; lediglich drei Meter liegen zwischen Dach und Sitzplätzen. Dadurch kann die Südseite im Vergleich zur Nordseite – wo auf dieser Höhe unter anderem Logen und oberhalb davon die ZSC-Büros integriert sind – praktisch doppelt so viele Zuschauer fassen.
Anders als noch im Hallenstadion, ist dank des steilen Aufbaus auch auf jedem der Sitzplätze eine optimale Sicht auf das Spielfeld gewährleistet. Wie Zahner erklärte, ging er nach einer ersten Besichtigung selbst noch von einem Planungsfehler aus. Doch die Steigung sei normenkonform und richtig geplant. «Wir wollten ja steil und jetzt ist es eben sehr steil». Nachrüstungen gibt es aber dennoch, wie der ZSC-Chef sagte.
Denn die Abläufe in der Arena konnten vergangenen Samstag bei einem Testspiel der GKC Lions mit etwa 6000 Zuschauern überprüft werden. Von Besuchern gingen dann auch Anmerkungen zur Steigung der Südtribüne ein. «Wir hatten Rückmeldungen erhalten, es sei zu gefährlich.» Deshalb werden nun bei den oberen Rängen noch Metallstangen eingebaut, um den Zuschauern beim Auf- und Abstieg ein zusätzliches Sicherheitsgefühl zu geben.
Quelle: Pascale Boschung
Die Swiss Life Arena weist grosszügige Verkehrsflächen für Personenströme und insgesamt 2190 Gastronomieplätze auf. Im Bild: Eingangsbereich der Eishalle von der Dachterrasse auf der Südseite.
Mehrkosten wegen Umplanungen
Ursprünglich waren für den Bau der Arena rund 170 Millionen Franken vorgesehen. «Es gab aber noch Umplanungen», erklärte Zahner. So wurde laut dem ZSC-CEO etwa schlussendlich noch ein Parkgeschoss mehr eingebaut und das Dach der Arena angehoben, um mehr Zuschauerplätze bereitstellen zu können. Auch die Investoren – die Swiss Life als «Name Right»-Partner, der ZSC-Präsident Walter Frey sowie Vizepräsident Peter Spuhler – brachten laut Zahner noch Wünsche an. Hinzu kamen noch Grundwasserprobleme und die Nachbesserung der Dachkonstruktion.
All diese Aspekte führten schlussendlich zu Mehrkosten. «Insgesamt kostet das Stadion 207 Millionen Franken inklusive Mehrwertsteuer», so Zahner. Finanziert wurde die Arena unter anderem von den Investoren mit jeweils 20 Millionen Franken. Von der Stadt Zürich wurde ein Darlehen in Höhe von 120 Millionen Franken aufgenommen – dem Kredit gaben die Stadtzürcher Stimmberechtigen im Juni 2016 grünes Licht. Dieses Geld muss der Eishockeyclub innerhalb von 65 Jahren zurückzahlen. Hinzu kommen laut Zahner noch neun Millionen Franken in Form von A-Fonds-Perdu-Beiträgen für Sportanlagen vom Kanton Zürich.
Nach einer über dreijährigen Bauzeit kommt das Stadionprojekt in diesen Tagen nun zum Abschluss. Heute Freitag findet ein zweites Testspiel der GCK Lions gegen den EVZ Zug (U20-Elite) statt. Die Tickets für das Spiel sind kostenlos, da damit der Betrieb noch einmal auf die Probe gestellt wird.
«Ernst» gilt es dann am 18. Oktober, wenn die ZSC Lions ihr Eröffnungsspiel gegen Fribourg-Gottéron haben und damit nach rund 72 Jahren im Hallenstadion ihren neuen «Löwenkäfig» einweihen.
Projektbeteiligte
- Bauherrschaft: ZSC Arena Immobilien AG, Zürich
- Entwicklung/Gesamtprojektleitung und Bauherrenvertretung: CCTM Real Estate & Infrastructure AG, Basel
- Bautreuhand: Emch+Berger ImmoConsult AG, Zürich
- Architektur: Caruso St John Architects, Zürich
- Landschaftsarchitektur: Antón Landschaft GmbH, Zürich
- Totalunternehmerin: HRS Real Estate AG, Frauenfeld
- Bauingenieure: Ferrari Gartmann AG, Chur
- Bauphysik/Akustik: Bakus Bauphysik & Akustik GmbH, Zürich
- Haustechnik: Kalt + Halbeisen Ingenieurbüro AG, Zürich
- Elektroplanung: enerpeak AG, Dübendorf
- Controlling Haustechnik: Amstein + Walthert AG, Bern/Zürich