Schulhausbau: Areale werden zum Campus
BoTa nennen die Einheimischen der Einfachheit halber die Primarschulanlage Bogenacker-Tannenbühl im Ortsteil Tann der Gemeinde Dürnten. Einfach ist hier allerdings nichts. Bo und Ta sind getrennt gewachsen und sollen nun auch räumlich zusammenfinden. Ein Studienauftrag ermittelte eine spannende Lösung.
Eigentlich ist Tann der nordwestliche Vorort der Industriegemeinde Rüti im Zürcher Oberland. Die Gemeindegrenze verläuft in der Schlucht des Flusses Jona, wo die Fabrikbauten stehen. Das Dorf Dürnten, zu dem Tann gehört, steht rund 1,5 Kilometer weiter nordwestlich, dazwischen erstreckt sich das offene Feld. Das Siedlungsgebiet des Dürntner Ortsteils liegt im Wesentlichen zwischen der Jonaschlucht und der Trasse der einstigen Rüti-Wald-Bahn und heutigen S-Bahn-Linie S26. Dieses gewinnt mit einer weiten Schlaufe an Höhe, um dann der Schlucht nach Osten zu folgen. So kam der ursprüngliche Bogenacker vermutlich zu seinem Namen.
Die beiden Schulareale Bogenacker und Tannenbühl wuchsen parallel zur Verdichtung des Siedlungsgebiets, das sich bis heute durch eine lockere, kleinkörnige Bebauung mit freistehenden Volumen auszeichnet. Das Ensemble Bogenacker umfasst zwei Kleinschulhäuser aus dem 19. Jahrhundert und das von der gleichnamigen Strasse etwas abgerückte, 1957 eröffnete Primarschulhaus.
Dieses besteht aus einem Klassen- und einem Sporttrakt, die mit einem Zwischenbau verbunden sind. Das Schulareal Tannenbühl ist rund 200 Meter weiter südlich gelegen; neben einem grossen, im Inventar der kantonalen Denkmalpflege eingetragenen Schulhaus aus dem Jahre 1904 steht ein Kindergarten mit Baujahr 1962. Verbunden sind die beiden Areale über die Turnerstrasse, an deren östlichem Rand sich die Pausen-, Sport- und Spielplätze von BoTa befinden.
Kapazitätserweiterung
Die Anlage stösst seit längerer Zeit an ihre Kapazitätsgrenzen. Dies wird zum einen auf die enorme Bautätigkeit in Tann zurückgeführt, zum anderen auch auf die aktuellen Anforderungen wie die Integration von Schülerinnen und Schülern mit Beeinträchtigungen körperlicher oder kognitiver Art sowie aufgrund von Verhaltensauffälligkeiten. Bisher erfolgte deren Betreuung und Schulung in Kleinklassen. Jetzt bedarf es neuer Räumlichkeiten, etwa Gruppenräume.
Aus diesen Gründen suchte die Gemeinde Dürnten nach einem Gesamtkonzept für die bestehenden Areale. Sie waren zu einer zusammenhängenden Schuleinheit mit drei Kindergärten und zehn Regelklassen gemäss Schulraumbedarfsplanung zu erweitern. Zu diesem Zweck wurde ein einstufiger Studienauftrag mit Präqualifikation durchgeführt. Das Bearbeitungsgebiet umfasste neben den bisherigen Arealen auch ein ehemaliges Feuerwehrgebäude und den Turnplatz an der Ostseite der Turnerstrasse sowie zwei Wohnhäuser auf der Südseite der Bogenackerstrasse.
Quelle: Lukas Raeber GmbH
In der Parkanlage zwischen den bestehenden Arealen nimmt der Neubau eine zentrale Position ein.
Auf die erfolgte Ausschreibung gingen 62 qualifizierte Bewerbungen ein. Gemäss Empfehlung des Beurteilungsgremiums und aufgrund eines Beschlusses des Gemeinderates wurden fünf Eingaben zur Teilnahme eingeladen. Alle reichten Projekte ein, die zur Beurteilung zugelassen wurden. Das Beurteilungsgremium nahm eine Gesamtwertung vor aufgrund der Kriterien Städtebau, Architektur, Funktionalität, Aussenraum, Verkehr und Sicherheit sowie Wirtschaftlichkeit.
Nach einem abschliessenden Kontrollgang empfahl das Beurteilungsgremium der Veranstalterin, die Projektstudie «Pünktchen und Anton» von Lukas Raeber GmbH Architekten und Bryum GmbH Landschaftsarchitekten, beide aus Basel, mit der Weiterbearbeitung der Projektstudie zu beauftragen. Es hob zudem in seinem Bericht die erfreuliche Vielfalt der eingegangenen Lösungsansätze hervor. Diese erlaubte es, alle relevanten Aspekte ausführlich zu diskutieren und schliesslich das Projekt zu empfehlen, «das den Bedürfnissen der Nutzer gerecht wird und zugleich eine dem Ort in architektonischer und städtebaulicher Hinsicht sowie im Kontext mit der bestehenden Anlage angemessene Lösung vorschlägt».
Zwischenstandort
Der Name des siegreichen Projekts, «Pünktchen und Anton», ist der Titel eines Kinderromans von Erich Kästner. Die im Titel genannten Hauptpersonen bilden zwei vermeintliche Pole, die nach dem Überwinden verschiedener Hindernisse zusammenfinden. Dieses Ziel verfolgt auch das Projekt: Es führt die beiden BoTa-Areale zu einer Einheit zusammen. Genaugenommen wird aus dem Bestand durch eine Ergänzung ein ganzer Schul-Campus, der sich quer durch das Siedlungsgebiet zieht.
Architektur und Landschaftsgestaltung erweisen sich als gleichberechtigte Partner. Gemeinsam schaffen sie durch Ergänzungen und Abbrüche ein neues räumliches Kontinuum, welches sich als Einheit wahrnehmen lässt. So wird das jüngere der beiden Bogenacker-Kleinschulhäuser entfernt zugunsten eines neu gestalteten, grosszügigen Pausenbereichs mit Hartplatz und der Weiterführung einer Baumreihe, welche das Gelände von der südlich angrenzenden Bogenackerstasse trennt. Auf dem Grundstück entlang der Turnerstrasse werden das ehemalige Feuerwehrgebäude und eine Scheune entfernt. Im südlichen Teil entsteht ein neues dreigeschossiges Gebäude, welches das neue Zentrum des Schul-Campus bildet.
Neben dem Schul- und Kindergartenbetrieb sind hier auch öffentliche Nutzungen wie Mehrzweck- und Singsaal und die Bibliothek untergebracht. Die nördliche Freifläche enthält eine unterirdische Einstellhalle, neben ihrer Zufahrt am Nordrand hat das Projektteam eine Drop-off-Zone für Busse und Personenfahrzeuge eingerichtet, die nahtlos in den grossen, südlich angrenzenden Pausenplatz übergeht. Hier können auch Veranstaltungen der Gemeinde unter freiem Himmel stattfinden. Auf dem Areal Tannenbühl wird der Kindergarten am bestehenden Standort durch einen pavillonartigen Ersatzneubau ersetzt.
Die Gebäude werden durch einen parkartigen Grünzug vereint, der zwei Zufahrtsstrassen überquert und diese mit Belagsänderungen ins Konzept integriert. Die Bepflanzung, die Aussenraumgestaltung und das Mobiliar verdeutlichen, dass die verschiedenen Teile zusammengehören. Dreieckige Rabatte und Pflanzflächen mit Sitzrand sind über die ganze Zone verteilt, jeder der drei Campusteile erhält einen Brunnen und ein Pausendach als Unterstand. Ausserdem verbinden die Baumreihen und Haine die verschiedenen Bereiche, sie bilden Nischen und fassen «grüne Klassenzimmer» ein.
Quelle: Lukas Raeber GmbH
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