Sanierung und Teilneubau der Kantonsschule Ausserschwyz Nuolen
Der Standort Nuolen der Kantonsschule Ausserschwyz (KSA) soll umfassend erneuert werden. Die Anlage beim Schilfgürtel des Oberen Zürichsees ist bisher etwas unkoordiniert gewachsen. Ein siegreiches Wettbewerbsprojekt verspricht eine situationsgerechte Bereinigung und Ergänzung des Bestands.
Quelle: Derendinger Jaillard Architekten
Nach einer «Flurbereinigung» wird sich südlich vom historischen «Haus Patres» ein Freiraum ausdehnen, der von den Schulbauten begrenzt wird.
Als Ausserschwyz werden jene Gebiete des Kantons Schwyz bezeichnet, die sich zum Becken des Zürichsees und zur Linthebene orientieren. Die Voralpen trennen sie von Innerschwyz. Das kleine Dorf Nuolen beim Ufer des Oberen Zürichsees ist äusserste Ausserschwyz. Es gehört heute zur Gemeinde Wangen. Seiner etwas isolierten Lage ist es wohl zuzuschreiben, dass es vor dem Entstehen des Schweizerischen Bundesstaates politisch wiederholt zur Stadt Rapperswil auf der anderen Seeseite gehörte.
Warum sich ausgerechnet hier einer der beiden Standorte der Kantonsschule Ausserschwyz (KSA) befindet, lässt sich aus der Ortsgeschichte erklären. Nach der Entdeckung einer warmen Quelle entstand im früheren 19. Jahrhundert eine Kuranstalt, die in einem bescheidenen, kleinen, aber dennoch stattlichen Palast untergebracht wurde. Nach einem steten Rückgang der Badegäste wurde die Anlage bei der wichtigsten Weggabelung des Dorfes 1934 von den «Missionaren von der Heiligen Familie» gekauft.
Die Klostergemeinschaft aus Werthenstein im Kanton Luzern nutzte sie als apostolische Internatsschule, aus der über 40 Missionare hervorgingen. Später konnten zusätzlich externe Schüler, dann auch Schülerinnen unterrichtet werden. Ab den 1970er-Jahren liess sich in Nuolen die Maturität erlangen. 1997 wurde die An-lage Teil der Kantonsschule Pfäffikon & Nuolen, die 2006 mit den beiden beste-henden Standorten den Namen Kantonsschule Ausserschwyz erhielt.
Ziel: Festigung der Identität
Heute besteht die KSA in Nuolen aus einem historisch gewachsenen Bestand. Zu dem etwas willkürlich wirkenden Konglomerat aus mehreren Gebäuden gehört nach wie vor die einstige Kuranstalt, das «Haus Patres». Ein Sportplatzbereich stellt im Norden eine direkte Verbindung mit dem Oberen Zürichsee her. Aktuell werden an diesem Standort Schülerinnen und Schüler in zehn Klassen und in zwei unterschiedlichen Profilen unterrichtet. Die Anzahl Klassen soll nicht massgeblich erhöht werden.
Auslöser für die Erweiterung sind notwendige Anpassungen in den Raumanforderungen der Schule. So entspricht die heutige Turnhalle nicht den BASPO-Anforderungen. Es fehlen Räumlichkeiten für den Schulunterricht wie beispielweise Gruppenräume, eine Holzwerkstatt oder eine Aula. Bei allen schulisch genutz-ten Gebäuden besteht ein hoher Instand-setzungsbedarf.
Deswegen schrieb das Baudepartement Kanton Schwyz 2022 einen offenen, einstufigen Projektwettbewerb aus. Im Programm wies es darauf hin, dass die Gemeinde Wangen aktuell in Zusammenarbeit mit dem Kanton und den Grundstückseigentümern die raumplanerischen Rahmenbedingungen zur Revitalisierung der Uferzonen setzt. Dadurch werde sich der Freizeitverkehr und auch das Personenaufkommen im Ortsteil Nuolen erhöhen. Als Rückgrat für diese Entwicklung ist ein Um- und Ausbau der Seestrasse, des Hauptzubringers von Süden her, geplant. Man geht davon aus, dass die Schulanlage, die direkt an der See-strasse liegt, aufgrund ihrer zentralen Lage künftig verstärkt eine Zentrumsfunktion einnehmen wird.
Quelle: ETH-Bibliothek Zürich, Bildarchiv / Fotograf: Unbekannt / Fel_010147-RE / Public Domain Mark
Das einstige Kurhaus aus dem 19. Jahrhundert, hier ein Postkarten-Sujet aus den 1920er-Jahren, wurde später eine Missionarsschule. Es bildet als «Haus Patres» den historischen Nukleus der heutigen Kantonsschule.
Von den Wettbewerbsteams wurde ein Lösungsvorschlag erwartet, der die städtebaulichen und betrieblichen Anforderungen bestmöglich umsetzt und dem Ort zu einer neuen Identität verhilft. Der Bearbeitungsperimeter umfasste das Schulareal mit seinen Bestandesbauten, die nördlich vom «Haus Patres» zwischen 1947 und 1982 realisiert wurden. Bei mehreren Bauten konnte frei entschieden werden, ob sie abgerissen oder umgenutzt werden sollen. Für die notwendigen Neubauten war der Minergie-A Standard anzustreben.
Durchgängiger Freiraum
Das Beurteilungsgremium hatte über 18 Projektbeiträge zu befinden, sieben von ihnen prüfte es eingehend. Das Verfahren ermöglichte es wie erhofft, dass sich Optionen mit verschiedenen Lösungsansätzen direkt miteinander vergleichen liessen. Ausgewählt wurde am Schluss ein Projekt, welches gemäss Jurybericht «einen sorgfältigen Umgang mit den Bestandsbauten findet und eine Erweiterung der Schulanlage vorschlägt, welche die ortsbaulichen Qualitäten klärt und stärkt.» Es handelte sich um den Vorschlag «Gioco» der Derendinger Jaillard Architekten AG, Zürich, mit Pilloni Landschaft, Zürich.
Das Siegerprojekt schlägt eine umfassende Entrümpelung des Areals vor. Am Ende bleiben drei «Häuser»: das ursprüngliche «Haus Patres» im Süden, am Ostrand des Areals die Schule, bestehend aus den Trakten von 1967 und 1982, die miteinander verbunden sind. Nordwestlich davon schliesslich ein Neubau zwischen dem Nordufer des Mühlebachkanals, der den Campus durchquert, und den Sportfeldern bei der Seebucht. Südlich des Mühlebachkanals entsteht dank dieser Flurbereinigung ein grosser, baumbestandener Freiraum. Er bietet verschiedene Spiel- und Aufenthaltsangebote und soll nicht nur von der Schule, sondern auch von der Allgemeinheit genutzt werden. Der südöstliche Bereich ist als «Dorfplatz» gestaltet.
Als Bindeglied zwischen Campus und Dorf sieht das Projekt auch das «Haus Patres», dessen Erscheinungsbild möglichst erhalten werden soll. Im Erdgeschoss des ehemaligen Badehotels schlägt es öffentliche Nutzungen vor und eine Öffnung auf den «Dorfplatz» – zum Beispiel mit einem Café und der Bibliothek. Die dafür nötigen baulichen Anpassungen in diesem historischen Gebäude sollen minimal sein. Eine Nutzung durch den Schulbetrieb ist, wie im Programm gewünscht, nicht vorgesehen; in den Obergeschossen sind Drittnutzungen angedacht.
Quelle: Derendinger Jaillard Architekten
Der Campus erstreckt sich zwischen dem «Haus Patres» und einer in den 1950er-Jahren geschaffenen Seebucht.
Quelle: Derendinger Jaillard Architekten
Sowohl das «Haus Patres» wie auch das Schulhaus und der Neubau mit Mensa und Turnhalle sind über den neuen Freiraum zugänglich.
Beim Schulhaus, dem dreigeschossigen Turnhallentrakt von 1967 und dem viergeschossigen Klassenzimmertrakt von 1982, sind Änderungen vorgesehen, welche sie zur Einheit werden lassen. Eine breite Eingangstreppe mit Sitzstufen erschliesst vom zentralen Freiraum her einen gedeckten Eingangsbereich, der über der Freifläche eine Art Hochparterre bildet. Er gewährt Zugang zu einer neuen Eingangshalle, welche die Treppenaufgänge der beiden Trakte erschliesst. Direkt zugänglich von ihr ist ausserdem die einstige Turnhalle. Sie wird zur Aula umgewandelt, die auch als Singsaal dienen kann.
Der im Grundriss rechteckige dreigeschossige Neubau ist parallel zum Mühlebachkanal angeordnet, zwei Brücken stellen die Verbindung zum südlichen Teil des Areals her. Der in Holzbauweise geplante dreigeschossige Solitär hat trotz seinen beträchtlichen Dimensionen den Charakter eines grossen Gartenpavillons; im Erdgeschoss, das auf dem Niveau des Aussenraums liegt, ist die Mensa untergebracht. Umlaufende Balkone in den oberen Geschossen schaffen gedeckte Bereiche entlang den verglasten Fassaden. Im ersten Obergeschoss befinden sich Werk- und Gymnastikräume sowie die Garderoben der neuen Turnhalle über ihnen. Diese ist mit einer Zuschauergalerie ausgestattet.
Der Neubau symbolisiert im Wettbewerbsentwurf mit seiner vorgelagerten, durchsichtigen Balkonfassade aus verti-kalen Holzlatten die «neue Leichtigkeit», die den Campus in Zukunft durchdringen soll. Er wird seinen Charakter mit den Jahreszeiten verändern und so auch auf die nahe Naturlandschaft eingehen. In der Dunkelheit kann er aufleuchten, wie eine grosse Laterne. Das Projekt wird aktuell weiterbearbeitet.
Quelle: Derendinger Jaillard Architekten
Das mittlere Geschoss des älteren Flügels des Schulhaustrakts wird vom neuen «Dorfplatz» her über eine Stufenfolge erreicht.
Quelle: Derendinger Jaillard Architekten
Die Mensa befindet sich auf dem Niveau des angrenzenden Aussenraums. Darüber sind Räume für Sport und Werken angeordnet. Bekrönt wird der Neubau durch die neue Turnhalle, die eine Galerie erhält.
Quelle: Derendinger Jaillard Architekten
Der Neubau erscheint trotz seiner Grösse als Pavillon. Er ist parallel zum Mühlebach ausgerichtet,