Planungs- und Baumängel: Kritik an Sanierung der St. Jakobshalle in Basel
Massive Kostenüberschreitungen und gravierende Baumängel: Mit der Geschäftsprüfungs- und der Finanzkommission üben in einem Spezialbericht zwei Oberaufsichtsgremien des Basler Grossen Rats scharfe Kritik am Sanierungsprojekt der St. Jakobshalle.
Quelle: Hallo Halle - Eigenes Werk wikimedia CC BY-SA 4.0 DEED
Blick auf die St. Jakobshalle in Basel: Der 1975 erbaute Hallenkomplex wurde zwischen 2016 und 2018 saniert und modernisiert.
Statt 105 Millionen, wie 2015 berechnet, beliefen sich die Kosten für die Sanierung und
Modernisierung der 1975 erbauten St. Jakobshalle auf «stattliche» 141 Millionen
Franken. Diese lagen damit
ein gutes
Drittel über den ursprünglich veranschlagten Kosten.
Und der Peak dürfte noch nicht erreicht sein, wie Vertreter der beiden
Gremien am Montag an einer Medienkonferenz sagten. Denn die Halle
entspreche auch nach wiederholten Nachbesserungen noch immer nicht den
angestrebten Bedürfnissen. Sie könne somit auch nicht mit der Konkurrenz, etwa in Zürich und in Lausanne, mithalten. Dies zeige sich
in der mageren Auslastung im laufenden Jahr.
Unter
anderem lasse die mangelhafte Belüftung nicht zu, dass innerhalb der Halle
Würste gebraten und Pommes Frites zubereitet werden können. Des Weiteren
verunmögliche die mangelnde Belastbarkeit der Decke die Aufhängung von genügend
Scheinwerfern und sonstigen Elementen, die bei gewissen Veranstaltungen zu den
Grundbedürfnissen gehören.
Undurchsichtige Nachtragskredite und Eventabsagen
Der Spezialbericht der Kommissionen fasst eine
Planungs- und Baugeschichte zusammen, die von sehr vielen Mängeln und zum Teil
undurchsichtigen Nachtragskrediten geprägt war. Ein grosser Brocken darunter
war der mangelnde Brandschutz, der unter anderem die kurzfristige Absage eines Grossevents
und einen Nachtragskredit von rund acht Millionen Franken zur Folge hatte.
Im Nachhinein habe sich die aufgezwungene
Covid-Pause als Glücksfall erwiesen, weil die Hallenbetreiber damit um weitere
peinliche Absagen mit einem Reputationsschaden als Folge herumgekommen seien,
sagte Tim Cuénod, Präsident der Geschäftsprüfungskommission (GPK).
Planungsmängel und Ästhetik vor Funktion
Als «gravierend» fehlerhaft wird im
Spezialbericht die gesamte Planung der Sanierungsmassnahmen bezeichnet. So
seien bereits in der Wettbewerbsphase die Nutzerinteressen massiv
vernachlässigt und den städtebaulichen sowie ästhetischen Aspekten hintenangestellt
worden.
Als Beispiel nannte Andrea Strahm von der
GPK, dass aus ästhetischen Gründen eine schneeweisse Treppe ohne Handläufe
eingebaut worden sei. Dies habe Unfälle von Besucherinnen und Besuchern zur Folge gehabt.
Der Grosse
Rat gewähre Kredite primär für die Funktionalität und den Zweck eines Gebäudes,
nicht für dessen Ästhetik, heisst es im Spezialbericht.
Dass dies im
Dreirollenmodell – Nutzer, Finanzen und Bau – anders gehandhabt werde, sei den
Kommissionen «völlig unverständlich». Die Gremien erwarten von der Regierung «eine
Umkehr dieser Priorisierung».
Mangelnde Aufsicht und Nachlässigkeit
Weiter wird
im Spezialbericht auch eine allfällig ungenügende Einbindung der
Leitung der St. Jakobshalle in der Bauorganisation kritisiert. In Mängellisten
werde mehrfach erwähnt, dass die Leitung in Entscheide nicht einbezogen oder
übergangen wurde. Installationen, die Standard wären, seien nicht realisiert
worden.
Auf der
anderen Seite bleibe fraglich, ob der Leitung genügend Möglichkeiten und
Ressourcen zur Verfügung standen, um die Anforderungen an eine derartige
Institution genügend einbringen zu können, heisst es
weiter. Weiter sei
festzuhalten, dass die Leitung das Architekturbuch unterschrieb, «ohne dieses
vollständig und im Detail gelesen zu haben».
Damit sei
ein Teil der Verantwortung klar nicht wahrgenommen worden, so die Kommissionen.
Die Unterzeichnung eines projektrelevanten Dokumentes ohne vorgängige Prüfung
stelle eine «grobe Nachlässigkeit» dar und schmälere Mitwirkungsmöglichkeiten.
Da die Leitung der Halle direkt dem Vorsteher des ED unterstellt war, wäre es
dessen Aufgabe gewesen, diese Handlungen zu kontrollieren, die Leitung zu
beaufsichtigen und Ressourcen sicherzustellen.
Dreirollensystem soll überprüft werden
Die Kommissionen stellen in ihrem Bericht
grundsätzlich fest, dass man sich ohne klare Vision für die Nutzung und einem
lediglich vagen Bild der Marktsituation an die Sanierung gemacht habe. Im
Dreirollenmodell habe stets das Hochbauamt dominiert. Der Vorsteher des
Erziehungsdepartements habe dabei als Vertreter der Nutzerschaft seine
Aufsichtspflicht nur mangelhaft erfüllt, sagte GPK-Präsident Cuénod.
Im Bericht sind nun 12 konkrete
Empfehlungen an die Adresse des Regierungsrats aufgeführt. Diese betreffen
unter anderem die nötigen Nachbesserungen bei der Lüftung und der
Deckenbelastung. Angesichts
der zahlreichen Kostenüberschreitungen bei grossen Bauprojekten in den letzten
Jahren erachten es die Kommissionen zudem als notwendig, das Dreirollensystem zu
überprüfen.
Falls nötig
sollen Massahmen ergriffen werden, um die Kompetenzen des Kantons im Bereich
des Baumanagements zu stärken. Weiter erwarten die Kommissionen, dass sie in
Zukunft regelmässig über den Ablauf von Bauprojekten grosser Tragweite
informiert werden. Zudem soll die Nutzerschaft bei
künftigen Projekten von Planungsbeginn stärker in die Prozesse eingebunden
werden. (pb/mgt/sda)
Zum ausführlichen Bericht: grosserrat.bs.ch