15:53 BAUPROJEKTE

Opernhaus Zürich: Erweiterungsbau soll teilweise erhalten bleiben

Teaserbild-Quelle: Baugeschichtliches Archiv Zürich, Grünert Peter, CC BY SA 4.0

Der Erweiterungsbau des Opernhauses in Zürich kann nicht vollständig abgerissen werden, um einem Neubau Platz zu machen. Weiter verfolgt werden soll stattdessen eine Variante, bei der zumindest ein Teil der Bausubstanz erhalten werden kann.

Fleischkäse-Erweiterungsbau Opernhaus Zürich um 1985

Quelle: Baugeschichtliches Archiv Zürich, Grünert Peter, CC BY SA 4.0

Aufnahme von 1985: Der im Volksmund «Fleischkäse» genannte Erweiterungsbau wurde 1984 in Massivbauweise aus Stahlbeton errichtet.

Im Opernhaus Zürich herrscht Platznot und der Erweiterungsbau ist sanierungsbedürftig. Vor diesem Hintergrund wurde Mitte April 2023 erstmals das Projekt «Zukunft Oper» vorgestellt, welches die räumlichen Voraussetzungen für den künftigen Betrieb des Opernhauses schaffen soll. Im vergangenen Jahr wurde dafür ein Dialogverfahren durchgeführt.

Zusätzlich gab das Hochbauamt des Kantons Zürich eine Machbarkeitsstudie in Auftrag. Diese ist nun abgeschlossen, wie das Opernhaus am Dienstag mitteilte. Das Architekturbüro BHSF habe in dieser untersucht, inwieweit der im Volksmund «Fleischkäse» genannte Erweiterungsbau von 1984 bei der baulichen Entwicklung berücksichtigt werden könne oder rückgebaut werden müsse.

Nicht Teil der Studie war laut Mitteilung die städtebauliche und architektonische Gliederung des Baukörpers. Fragestellungen des Bezugs zum öffentlichen Raum sowie der räumlichen Konzeption seien nur am Rande tangiert worden.

Massivbauweise aus Stahlbeton

Im Rahmen der Studie wurde der Erweiterungsbau analysiert. Das Gebäude wurde demnach in Massivbauweise aus Stahlbeton errichtet und zeichnet sich durch eine «komplexe Schichtung von Räumen und Wänden aus». Die Wände seien grösstenteils tragend betoniert, aber häufig nicht über mehrere Geschosse hinweg übereinander positioniert.

Die Geschossdecken weisen zudem diverse Höhenunterschiede auf. Wie das Opernhaus festhält, biete die bestehende Struktur kaum Flexibilität, um Nutzungen zusammenzulegen oder Räume zu vergrössern. Der bauliche Status könne mit einer Instandsetzung erhalten bleiben, für den betrieblichen Status sei dies aber nicht möglich. Dies aufgrund von arbeitsrechtlichen und brandschutzrechtlichen Anforderungen, die Anpassungen bedingen. 

Aufstockung oder Totalabriss keine Option

Wie das Opernhaus weiter schreibt, ist eine Aufstockung des Erweiterungsbaus keine Option. Eine solche ermögliche kaum Anpassungen, da der gesamte, zusätzlich benötigte Raumbedarf von 60 Prozent in der Aufstockung untergebracht werden müsste. Der Aufbau würde sehr hoch und «die Volumetrie liesse keinen Spielraum für architektonische Gestaltung zu».

Ebenfalls keine Option ist ein Totalabriss und Neubau. Diese Variante könnte negative Auswirkungen auf die den Altbau tragenden Eichenpfähle haben und das Gebäude abkippen lassen, wie das Opernhaus festhält. Die Bauzeit würde erheblich verlängert werden müssen. Weiter seien auch die Treibhausgasemissionen bei einem Neubau sehr hoch.

Opernhaus Zürich mit Fleischkäse-Erweiterungsbau

Quelle: Baugeschichtliches Archiv Zürich, Comet, CC BY SA 4.0

Eine Luftaufnahme von 1985 zeigt das Opernhaus Zürich mit dem Erweiterungsbau rechts.

Erhalt von Baugrubenabschluss und Schlitzwand

Anstelle einer Aufstockung oder eines Abbruchs sollen nun Varianten weiterverfolgt werden, bei denen zumindest ein Teil der Bausubstanz erhalten bleibt. 

Die Schlitzwand, die Pfähle sowie die «Wanne» – der Baugrubenabschluss, in der der Erweiterungsbau vom Zürichsee geschützt liegt – machten laut dem Opernhaus über 60 Prozent der Treibhausgasemissionen des Rohbaus vom bestehenden Erweiterungsbau aus. Dadurch falle deren Erhalt in der ökologischen Bilanzierung stark ins Gewicht.

Vor diesem Hintergrund wäre deren Erhalt eine Option. Dadurch könne die Rohbaustruktur innerhalb der «Wanne» komplett abgebrochen und neu erstellt werden, wodurch eine neue optimale Raumgestaltung möglich werde. Diese Variante vermeide Risiken für den Altbau und produziere geringere Kosten. Darüber hinaus sei mit einer kürzeren Bauzeit zu rechnen.

Eine weitere Option wäre ein Teil-Erhalt der Struktur innerhalb der «Wanne». In der Treibhausgas-Bilanz falle die innenliegende Rohbaustruktur weniger stark ins Gewicht, schreibt das Opernhaus. Zudem brauche es «erhebliche Eingriffe und Abbrüche», um die unterschiedlich hohen Geschossebenen in eine neue Nutzung überführen zu können. Gebäudeteile innerhalb der «Wanne» könnten dort erhalten werden, wo sich diese ohne grossen Mehraufwand in die neue Gebäudestruktur integrieren liessen.

Opernhaus Zürich

Quelle: Baugeschichtliches Archiv Zürich, Hussel Thomas, CC BY SA 4.0

Blick auf das Opernhaus Zürich heute.

Büro empfiehlt teilweisen Erhalt

Laut dem mit der Machbarkeitsstudie beauftragten Büro BHSF ist ein teilweiser Erhalt des Bestandes  mit dem angestrebten Nutzungsszenario realisierbar. Das nötige Raumprogramm im Projekt «Zukunft Oper» reize das zulässige Mantelvolumen aber weitgehend aus und lasse «wenig Spielraum» zu für städtebauliche und architektonische Gliederung und Modellierung des Gebäudevolumens.

Neben dem ökologischen Aspekt sprächen auch die Minimierung von Risiken sowie finanzielle und terminliche Gründe für einen Erhalt der «Wanne», schreibt das Opernhaus. Entsprechend werde dessen Erhalt als Vorgabe im geplanten Architekturwettbewerb festgeschrieben, der im ersten Halbjahr 2025 ausgeschrieben wird. Teilnehmende Büros sollen dabei möglichst viel vom Bestand übernehmen.

Temporärer Holzbau auf Erweiterungsbau

Ein Nachteil bietet der Erhalt der «Wanne» aber; es können keine zusätzlichen Untergeschosse eingebaut werden und das Gebäude wird höher. Um architektonischen Spielraum zu gewinnen und Kosten sowie die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, wird gemäss Mitteilung eine erneute Verzichtsplanung und Reduktion des Raumprogramms mit Mitarbeitern des Opernhauses durchgeführt. 

Zudem wird als Überbrückung bis zum grossen Bauprojekt wegen der Platzprobleme auf dem Dach des Erweiterungsbaus zwischen Juli und November 2024 ein temporärer Bau erstellt. Dies unter der Voraussetzung, das gegen die im Dezember 2023 erteilte Baubewilligung keine Rekurse eingehen. Der eingeschossige Holzbau hat eine Nutzfläche von 330 Quadratmetern. Der Dachaufbau kostet knapp 4,6 Millionen Franken. (pb/mgt/sda)


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