«Napoli Super Modern»: Architektur der Moderne in Neapel
In Neapel stehen die Gebäude von Luigi Consenza exemplarisch für die Moderne. Er prägt in der Nachkriegszeit den sozialen Wohnungsbau, baut Villen und öffentliche Bauten. Von ihm weiteren Architekten erzählt der reichbebilderte Band «Napoli Super Modern».
Das Buch betrachtet die Zeitspanne
zwischen 1930 und 1960 und beginnt chronologisch mit dem Fischmarkt von
Luigi Consenza. Der zwischen 1929 und 1935 entstandene Bau am Hafen ist von
seinem gewölbten Tonnendach geprägt, das aus einem engmaschigen Netz aus
Glasbausteinen besteht.
Ihm folgen das Fährterminal von Cesare Bazzani aus dem Jahr
1936 sowie die hochurbanen Bauten im Stadtteil Rione Carità, wie das Post- oder
das Finanzamt. Letzteres ist von Marcello Canino, der seinerzeit eine führende
Persönlichkeit der neapolitanischen Architekturszene war und dessen Werk und
Einfluss sich wie ein roter Faden durch das Buch zieht. Auch die Villa
Oro, die Luigi Consenza zusammen mit Bernard Rudofsky zwischen 1934 und 1937
entwarf und realisierte, ist ebenfalls ein Bau aus faschistischer Zeit. Das auf
einem Felsvorsprung errichtete Wohnhaus entspricht im Alter und Rezeption der
weit berühmteren Villa Malaparte auf der nahen Insel Capri. Auf die Villa nimmt
das Buch oft Bezug.
Es folgen die drei Bauten der Mostra Triennale aus dem Jahre
1940, der albanische Pavillon, der Goldene Würfel sowie das Teatro Mediterrano.
Die Ausstellung bestand noch aus zahlreichen weiteren Bauten, die jedoch
entweder temporärer Natur waren, oder die den Bombenangriffen des Zweiten
Weltkriegs nicht überstanden.
Bauboom nach dem Zweiten Weltkrieg
Für den Wiederaufbau Neapels wurden weitgehend dieselben
Architekten engagiert. 1948 setzt Luigi Consenza mit einem Projekt die Idee des
sozialen Wohnungsbaus um. Es ist ein Werk von besonderer Qualität, auf welches
das Buch speziell eingeht.
Der Wiederaufbau löste einen Bauboom aus, was insbesondere
im Stadtzentrum zu einer Nachverdichtung mit mittelgrossen Hochhäusern führte.
Bis heute das umstrittenste Bauwerk der Stadt ist das Hochhaus der Societa
Cattolica Assicurazioni. Es handelt sich um eine Art Hybrid-Gebäude mit
Wohnungen, Hoteltrakt, Büros und Läden. Der Herausgeber Umberto Napoli bricht
im Buch eine Lanze für den Bau der Architektin Stefanie Filo Speziale. Sie war
in Absprache mit der damaligen Denkmalpflege bestrebt, mit dem Turmbau nicht
die durchgängige Traufhöhe der Strassenflucht zu brechen und schaltete
diesem daher ein Volumen in Höhe der Blockrandbebauung vor.
Filo Speziale war eine Schülerin von Marcello Canino und in dieser Zeit die einzige Frau, die sich in den höheren Zirkeln der italienischen Architekturszene bewegte. In der rückblickenden Bewertung ihres Schaffens ist sich die heutige Kritik uneins, welcher ihrer Bauten das bedeutendste Werk darstellt. Ist es das Hochhaus oder das unterirdische Kino Metropolitan, das sie in Neapels Tuffsteinfelsen treiben liess, oder der Palazzo della Morte, ein weiterer exklusiver Wohnkomplex an den steilen Felshängen der Stadt? Der letzterwähnte Bau entstand zwischen 1954 und 1960 und ist damit das jüngste Gebäude, das im Buch vorgestellt wird. Trotz der Randlage an einer Felsklippe gruppiert es sich um einen Innenhof, der durch zahlreiche, aufgeständerte Rampen auch in der dritten Dimension durchwirkt und erschlossen ist.
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