Mustatils: Megabauten der Steinzeit in Saudi-Arabien
Die riesigen Steinstrukturen in Saudi-Arabien gaben lange Rätsel auf. Nun hat sie ein internationales Forscherteam untersucht und einige Mysterien gelüftet. So sollen die Anlagen rund 7000 Jahre alt sein.
Quelle: Huw Groucutt, Max Planck Institut für Menschheitsgeschichte
Blick entlang der Längsseite eines Mustatil-Baus. Die Forscher, die als winzige Punkte am hinteren Rand der Struktur zu sehen sind, verdeutlichen dessen gewaltige Dimension. Das Bild zeigt die Struktur dieser Bauten als zwei Plattformen, die durch niedrige Wände verbunden sind.
Sie sind auf Satellitenbildern entdeckt worden: gigantische Rechtecke aus auf einander geschichteten Steinen im Nordwesten von Saudi-Arabien. Archäologen gaben diesen Stätten den Namen „Mustatil“, was im Arabischen Rechteck bedeutet. Da die Mustatils oft von neueren Strukturen überlagert sind, nahm man an, dass sie bis in die Steinzeit zurückdatiert werden könnten, die im Fruchtbaren Halbmond etwa um 9500 vor Christus begonnen hat.
Das Nordarabien jener Zeit unterschied sich stark vom denjenigen von heute: Weil es mehr Niederschläge gab, war ein grosses Gebiet von Gras bedeckt. Ausserdem gab es verstreut einzelne Seen. In einer solchen Umgebung konnten Hirtenvölker gut mit ihren Viehherden überleben, auch wenn damals die Gefahr von Dürren bestand.
Feste oder Tieropfer?
„Wir gehen davon aus, dass es sich bei den Mustatil-Bauten um rituelle Stätten handelt, an denen sich Gruppen von Menschen zu sozialen Aktivitäten trafen. Was sie genau miteinander gemacht haben, wissen wir nicht. Vielleicht wurden die Stätten für Tieropfer oder Feste genutzt“, sagt Huw Groucutt von der Max Planck-Forschungsgruppe Extreme Ereignisse. Groucutt leitete das internationale Forschungteam, das als erstes in einer Studie die Mulastil-Bauten detailliert untersucht hat.
Nebst der Analyse von Satellitenbildern waren die Wissenschaftler auch vor Ort unterwegs, wo sie Feldvermessungen durchführten. Dabei identifizierte sie am Südrand der Nefud-Wüste über hundert Mustatil-Bauten. An einer Stätte gelang es den Wissenschaftlern, sie mit Hilfe einer Radiokohlenstoffdatierung von Holzkohle aus dem Inneren einer der Anlagen zu datieren. Dabei zeigte sich, dass sie mehr als 7000 Jahre alt sein dürfte.
600 Meter lange Wände
Überdies stellten die Forscher fest, dass diese Anlagen in
der Regel aus zwei grossen Plattformen bestehen, die über parallele, relativ
niedrige Längswände miteinander verbunden sind und sich manchmal über 600 Meter
Länge erstrecken. Die Wände weisen keine offensichtlichen Öffnungen auf.
Ungewöhnlich ist laut den Wissenshaftlern, dass in ihrer Umgebung kaum andere archäologische Kleinfunde wie Steinwerkzeuge gemacht worden sind. Daraus schliessen sie, dass es sich bei diesen Monumenten nicht um Nutzbauten, etwa für die Lagerung von Wasser oder die Haltung von Tieren, handelt.
„Einzigartig grosser Massstab“
Wie das Max Planck Institut mitteilt, könnte der Umstand, dass manche dieser Anlage direkt nebeneinander liegen, darauf hinweisen, dass der eigentliche Akt ihrer Errichtung eine Art soziale Bindungsübung gewesen ist. Sie seien vielleicht nicht die ältesten Gebäude der Welt, aber für diese frühe Periode der Menschheitsgeschichte, mehr als zweitausend Jahre bevor in Ägypten mit dem Bau von Pyramiden begonnen wurden, seien sie in einem für diese Zeit einzigartig grossen Massstab geschaffen worden. (mai/mgt)