Hyperloop: Verkehrsfachleute zweifeln am Sinn des Verkehrsmittels
Hat der von Elon Musk entwickelte Hyperloop Zukunftspotenzial? Macht der hyperschnelle Transport von Passagieren und Gütern in der Vakuumröhre Sinn? In einer internationalen Umfrage äussern sich Verkehrsfachleute kritisch. Der Hyperloop ist dennoch in verschiedenen Projekten ein Thema. In den USA, in Europa und in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
130 europäische Städte soll das Hyperloop-Netz auf insgesamt 25‘000 Kilometern miteinander verbinden, von Baku in Aserbaidschan bis ins finnische Oulu, oder von Stockholm bis nach Lissabon oder Palermo.
Der Hyperloop könnte damit dereinst zwei Drittel des Flugverkehrs innerhalb von Europa überflüssig machen und beinahe einen Fünftel des Warentransports per LKW. Dies ist der Website des Hyperloop Development Program (HDP) zu entnehmen. Das HDP ist eine Public Private Partnership zwischen Ministerien für Wirtschaft und Klima sowie für Infrastruktur und Wasserwirtschaft der Niederlanden, der niederländischen Provinz Groningen und verschiedenen Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen, die sich für die Entwicklung eines Hyperloop-Verkehrssystems engagiert.
Kosten soll das hyperschnelle Verkehrsmittel 981 Milliarden Euro, was etwa zehn Prozent des gesamten Investitionsbedarfs in die europäische Verkehrsinfrastruktur bis 2050 bedeutet, wie die HDP-Website festhält. Eine erste Strecke für den Frachtverkehr oder vielmehr ein kleineres System, könnte bereits 2029 den Betrieb aufnehmen, heisst es weiter.
Der Hyperloop
Innert Augenblicken durch eine Röhre mit bis zu rund 1200 Stundenkilometern von A nach B flitzen: Der Hyperloop soll es möglichen machen. Dabei handelt es sich um ein Hochgeschwindigkeitsverkehrssystem, bei dem Kapseln durch eine Vakuumröhre geschleust werden und dabei beinahe Schallgeschwindigkeit erreichen. Für die nötige Energie sollen auf der Röhre montierte Solarzellen sorgen. Weil die Röhre auf Stützen und nicht direkt auf dem Grund liegt, soll der Bau vergleichsweise kostengünstig sein. Der Grund muss für das Projekt nicht abgetragen werden.
Kopf hinter dem Verkehrsmittel ist Elon Musk, der es als eine weniger teure, sicherere Alternative zur California High Speed Rail konzipiert hat. Die CHSR, die sich aktuell in Planung befindet, soll dereinst San Francisco mit Los Angeles und später auch noch mit San Diego verbinden und ist mit 68 Milliarden Dollar veranschlagt. Ein Hyperloop kostet laut eigenen Angaben resepektive Virgin Hyperloop lediglich zwischen sechs und sieben Milliarden kosten. (mai)
Derweil schlägt Musk in den USA eine
Strecke von San Francisco nach Los Angeles vor, mehr oder weniger entlang des
Interstate-5-Highway. In den Vereinigten Arabischen Emiraten denkt man über
eine Verbindung zwischen Dubai und Abu Dabi nach.
Teststrecke im Wallis soll längste der Welt sein
Eine relativ spektakuläre Teststrecke ist mit der „Alpha Tube“ in der Schweiz in Collombey-Muraz VS geplant: Sie soll mit einer Länge von 3.1 Kilometern laut einem Artikel der Handelszeitung „die bis anhin längste Hyperloop-Strecke der Welt“ sein; Sie wird damit beinahe doppelt so lang wie die 2017 In Betrieb gegangene 1.6-Kilometer-Teststrecke von Elon Musk im kalifornischen Hawthorne.
Hinter der Schweizer Testrecke steht die gemeinnützige Forschungsorganisation Eurotube, die sich für Technologien für nachhaltige Hochgeschwindigkeitssysteme engagiert, zusammen mit der SBB, die unter anderem mit der Planung und Projektierung betraut ist. Ursprünglich hätte die Strecke diesen Sommer in Betrieb gehen sollen, Einsprachen von Umweltverbänden verzögerten das Projekt jedoch.
Experten: Hyperloop zu teuer und aufwendig
Trotz allem stellt sich die Frage, wie realistisch ein
solches Verkehrsmittel tatsächlich ist. Eine internationale Online-Umfrage, an
der insgesamt 1036 Verkehrsfachleute aus 48 Ländern teilgenommen haben, versuchte
dies zu ergründen. Veranstaltet worden ist sie vom International Maglev Board
(IMB), einer wissenschaftlichen Nonprofit-Organisation, und der deutschen Technischen Hochschule
Deggendorf (THD).
Die Resultate legen nahe, dass solche superschnelle Reisen in nächster Zukunft eher weniger alltäglich werden dürften: So schätzten die Befragten die für die Infrastruktur notwendigen Investitionen als sehr hoch und den Betrieb als sehr aufwendig ein. Und sie erachten insgesamt den möglichen ökonomischen Nutzen als kritisch. Die Befragten erwarten, dass er Ressourcenverbrauch für den Bau und den Betrieb hoch sein wird, zudem befürchten sie Sicherheitsrisiken beim Personentransport.
Auch bei der Art und Weise, wie ein Hyperloop an bereits vorhandene Verkehrssystemen angebunden werden soll, machen sie Fragezeichen. Insbesondere in urbanen Räumen, heisst es in der Medienmittelung der THD. Besonders branchenerfahrene Fachleute äusserten starke Bedenken zu Operabilität und Sinnhaftigkeit von Hyperloop-Systemen. Ähnlich sah es Ex-SBB-Chef Benedikt Weibel in einem Interview mit dem „Tages-Anzeiger“ anfangs Jahr: Die Frage, ob der Hyperloop die Zukunft des Reisens sei, verneinte er. „Es ist kostenmässig absolut illusorisch, ein zusätzliches Netz mit dieser Technologie aufzubauen. Das verkraftet finanziell niemand.“
Dennoch: Die Hälfte der Befragten hält es trotz solcher Vorbehalte für sinnvoll, sich auch zukünftig zumindest theoretisch mit Hyperloop-Systemen weiter zu befassen. Der Meinung, dass Hyperloop-Systeme verkehrstechnisch und ökonomisch Sinn machen, ist nur eine Minderheit. (mai)