Jahrhundertprojekt Rhesi: Breiterer Rhein freut Mensch und Natur
Der gebändigte Alpenrhein erhält wieder mehr Auslauf. Wie bauliche Massnahmen das Rheintal in Zukunft sicherer und naturnaher machen, lässt sich bereits im Massstab 1:50 erleben – in der DornbirnerVersuchshalle.
<p>Im Bereich Viscose bei Widnau SG wird der Rhein von 60 auf 280 Meter verbreitert, wie die Visualisierung zeigt. </p>
Rund eine Milliarde Euro dürfte es kosten, frühestens 2024 starten und 20 Jahre dauern: «Rhesi» ist das grösste Bauprojekt im Raum Ostschweiz und Vorarlberg. Das Kürzel des länderübergreifenden Hochwasserschutzprojekts steht für «Rhein – Erholung und Sicherheit», was dessen Stossrichtungen auf den Punkt bringt. Im Rahmen von Rhesi wird der untere Alpenrhein zwischen Illmündung und Bodensee durch bauliche Massnahmen verbreitert, erhält also zwischen den Hochwasserdämmen mehr Platz. So soll er für die Bevölkerung im Rheintal auf beiden Seiten der Landesgrenze möglichst selten zur Gefahr werden und gleichzeitig vom «Kanal» wieder zum lebendigen Fluss mutieren, der Lebensraum für Pflanzen und Tiere schafft.
«Rhesi ist ein Projekt für Generationen, das den Lebensraum und die Arbeitsplätze von rund 300‘000 Menschen in Zukunft noch besser vor Hochwasser schützt», sagte die neue St. Galler Baudirektorin Susanne Hartmann vor den Medien. Erklärtes Ziel sei es, die Hochwassersicherheit um rund 40 Prozent zu erhöhen. Dank Rhesi sollen die Dämme nämlich künftig einem 300-jährigen Hochwasser standhalten und die Bevölkerung im Rheintal vor potenziellen Schäden in der geschätzten Höhe von rund zehn Milliarden Euro bewahren. Aktuell ist der Alpenrhein lediglich für Hochwasser ausgebaut, wie sie sich statistisch gesehen alle hundert Jahre ereignen.
<p>Die St. Galler Baudirektorin Susanne Hartmann studiert die Rhesi-Visualisierung auf dem Tablet. </p>
Wissenschaftlicher Modellbau
Um die Ist-Situation vor Rhesi eingehend analysieren zu können, entstand im Frühjahr 2019 im vorarlbergischen Dornbirn eigens eine Modellversuchshalle. Wasserbauexperten der Internationalen Rheinregulierung (IRR) und der ETH Zürich bauten in einer ehemaligen Textilfabrik die Strecke zwischen Widnau (CH) und Höchst (A) im Massstab 1:50 nach. Nach der ersten Versuchsreihe wurde nun das hundert Meter lange Modell auf die Situation nach den Rhesi-Massnahmen umgebaut und zeigt nun die geplante Verbreiterung des Rhein-Mittelgerinnes eins zu eins. Die Spezialisten können nun detailliert untersuchen, wie sich dies auf die Flusssohle des Rheins, dessen Uferböschungen, Kiesbänke und Eintiefungen auswirken wird.
Die wissenschaftlichen Modellversuche erlauben aber auch der interessierten Öffentlichkeit, ins Rhesi-Projekt einzutauchen. Bisher haben gut 5000 Personen das Rheinmodell in Dornbirn besucht. Und nach einer zwischenzeitlichen Schliessung wegen der Corona-Pandemie wird die Halle ab dem 21. Juli 2020 wieder ihre Tore öffnen. Öffentliche Führungen finden jeweils am ersten und dritten Dienstag im Monat statt, für Gruppen ab 10 Personen werden auf Voranmeldung individuelle Führungen angeboten (weitere Informationen: IRR-Website).