Hochwasserprojekt Sarneraatal: Durchschlag im Stollen ist erfolgt
Er ist das Herzstück des Hochwasserschutzprojekts Sarneraatal in Obwalden: Der 6,5 Kilometer lange Entlastungsstollen Ost. Am Mittwoch brachen die Mineure die letzten Zentimeter Gestein aus und feierten nach über zwei Jahren den offiziellen Durchschlag.
Quelle: zvg, Kanton Obwalden
Verspanneinheit (Gripper) der Tunnelbohrmaschine.
Nach dem Unwetter von 2005, das im Sarneraatal Schäden von
250 Millionen Franken angerichtet hatte, bewilligten die Obwaldner
Stimmberechtigten 2014 ein grosses Hochwasserschutzprojekt. Herzstück ist der
Entlastungsstollen, der dereinst Wasser aus dem Sarnersee abführen soll. Dieser
führt vom Sarnersee bei Sachseln bis nach Alpnach, wo er in die Sarneraa
mündet.
Der eigentliche Baustart für das Hochwasserschutzprojekt erfolgte nach dem Spatenstich im Februar 2018 im Spätsommer 2018
beim Auslaufbauwerk in Alpnach durch die Arge HWS Marti. Nach Abschluss der
Vorbereitungsarbeiten begannen die Arbeiter dann im Dezember 2020 mit dem
«Andrehen» die ersten Fräsversuche mit der 150 Meter langen
Tunnelbohrmaschine.
Durchstich für Stollen ist erfolgt
Nach 27 Bohrmonaten ist nun der Stollendurchstich geglückt.
Im Beisein von 200 Projektbeteiligten und Gästen fräste sich die
Tunnelbohrmaschine kurz nach 10 Uhr von Alpnach OW her durch den letzten Meter
Mergelgestein des Stollens in Sachseln OW am Sarnersee. Der Obwaldner Baudirektor
Josef Hess (parteilos) stieg um 10.17 Uhr zusammen mit den Mineuren durch ein
Loch im Bohrkopf.
Es sei ein emotional bewegender Tag, sagte Hess, der in den
vergangenen Monaten mit dem Stollenbau schwierige Momente durchlebt hatte. Vom
«Andrehen» der Tunnelbohrmaschine bis zum nun erfolgten Durchschlag war es ein
steiniger Weg mit mehreren Rückschlägen und Verzögerungen. Ursprünglich hätte
der Stollen im Sommer 2022 ausgebrochen sein sollen.
Während des Vortriebs traten jedoch erhebliche geologische Schwierigkeiten auf, die trotz Sondierbohrungen nicht vorhergesehen werden konnten. Gründe für die Hauptabweichungen waren etwa ein höherer Anfall von Bergwasser, markant höhere Druckfestigkeiten des Gebirges sowie eine grössere Anzahl Störzonen, die teurere Sicherheitsmassnahmen erforderten.
Quelle: zvg, Kanton Obwalden
Wasserzutritte im Bereich Tunnelmeter 1454.
Geologie bis am Schluss instabil
Im Mai 2021 erfolgte so etwa auch ein grosser Wassereinbruch. In der Folge musste Wasser gefasst und abgeführt werden, zudem brauchte es auch mehr Stützen als geplant. Die geologischen Schwierigkeiten hielten bis ganz am Schluss an, auch auf dem letzten Meter mussten die Mineure die Bohrmaschine kurz ausschalten, um einen Stahlbogen einzubauen.
Dadurch verzögerten und verteuerten sich die Bauarbeiten. Zuletzt musste Hess einen Zusatzkredit vom Parlament absegnen lassen: Die Kosten für das Gesamtprojekt waren von ursprünglich 115 Millionen auf 180 Millionen Franken angewachsen. Die grössten finanziellen Auswirkungen hatten dabei laut dem Baudirektor die Wasserzutritte, die um das sieben- bis achtfache höher waren als prognostiziert.
Hess musste sich dazu immer wieder auch kritische Voten anhören und war selber nicht erfreut über die Entwicklung. Zur Frage, ob das Projekt genauer hätte abgeklärt werden können, sagte er: «Mehr Probebohrungen machen die Geologie nicht besser.» Zudem seien diese teuer. Im Nachhinein hätte man das Projekt aber nicht an einen Totalunternehmer vergeben sollen.
Hoffentlich kein Hochwasser bis Projektabschluss
Hess stellte den Betrag für die Mehrkosten ins Verhältnis zu den Schäden, die das Unwetter angerichtet hatte. Mit dem Durchschlag sind die Arbeiten aber noch nicht vorbei. In einem weiteren Schritt folgt nun der Betonausbau des Stollens sowie der Bau der beiden Einlaufbauwerke. Bis 2026 soll der Stollen bereit sein.
Am unangenehmsten wäre es, sagte Hess, wenn bis dann noch ein Hochwasser die Region heimsuchen würde. Er bedankte sich in seiner Rede bei den Mineuren. «Obrigado», sagte er an die portugiesischen Arbeiter gerichtet, die das grösste Kontingent der Mineure stellen. Insgesamt waren bis zu 50 Arbeiter pro Tag im Tunnel am Werk.
Grössere Unfälle blieben aus, es gab nur etwa ein Dutzend Verletzungen, wobei keine bleibenden gesundheitlichen Schäden hinterliessen, wie es seitens der Suva hiess. (pb/mgt/sda)
Quelle: zvg, Kanton Obwalden
Grössere Störzone bei Tunnelmeter 2014.