Güterverkehr im Untergrund: Erste Weichen für Cargo Souterrain gestellt
Güter sollen künftig in der Schweiz auch unterirdisch transportiert werden. Gestern hat der Nationalrat als Zweitrat dem entsprechenden, neuen Bundesgesetz deutlich zugestimmt; Die grosse Kammer hiess die Vorlage mit 137 zu 34 Stimmen bei 15 Enthaltungen gut. Das Gesetz geht zur Bereinigung der letzten Differenzen zurück an den Ständerat.
Video zum Projekt.
Das Gesetz regelt die Voraussetzungen, unter denen das privatwirtschaftlich aufgegleiste Projekt "Cargo sous terrain" (CST) bewilligt werden kann. Mit dem Gesetz will der Bundesrat sicherstellen, dass beim Zugang zu den unterirdischen Anlagen für alle Interessierten dieselben Bedingungen gelten. Umstritten ist dabei noch, ob die Kommission für den Eisenbahnverkehr (Railcom) für Streitigkeiten zur diskriminierungsfreien Berechnung des Preises zuständig sein soll, und wie unterirdische Veränderungen an den Anlagen publiziert werden sollen. Noch nicht abschliessend geregelt sind auch die Sicherheiten bei einer allfälligen Einstellung des Betriebs und einem Rückbau. - Eine Mitfinanzierung durch den Bund ist jedoch nicht vorgesehen.
Nutzen für Bauindustrie und Logistikbranche
Hinter dem CST stehen Mobiliar, SBB, Post, Swisscom, Coop und Migros. Mit einem dreispurigen Tunnel wollen sie eine unterirdische Verbindung zwischen den wichtigen Logistikzentren im Mittelland und in der Nordwestschweiz schaffen. Voll ausgebaut soll er dereinst ein Netz von 500 Kilometern umfassen. Es wird mit Projektkosten von bis zu 35 Milliarden Franken gerechnet, abgeschlossen soll es bis 2045 sein.
Insbesondere für die Bauindustrie und die Logistikbranche versprechen sich die Investoren einen grossen Nutzen. Zudem soll das unterirdische Transportangebot die Strassen vom Verkehr entlasten sowie Schadstoff- und Treibhausgasemissionen reduzieren.
„Cargo sous Terrain“ über die Parteien hinweg unbestritten
Die vorberatende Kommission habe die private Initiative etwas weniger enthusiastisch aufgenommen als der Ständerat, erklärte deren Berichterstatterin Katja Christ (GLP/BS). So hat es laut Christ vor allem Fragezeichen bei der Wirtschaftlichkeit und Umsetzbarkeit gegeben. Die Kommission wolle dem Projekt aber nicht im Wege stehen, so Christ. Die Idee sei „keinesfalls unterirdisch“. Es brauche Innovation, um den künftigen Mehrverkehr zu bewältigen.
Eintreten auf die Vorlage war im Nationalrat trotz einiger Bedenken parteiübergreifend unbestritten. So hofft Benjamin Giezendanner (SVP/AG), dass es sich nicht um ein Luftschloss handelt: Er persönlich glaube nicht daran, aber seine Fraktion wolle den Initianten den Schritt ermöglichen. Wenn man das Projekt über den Fokus auf die Röhren im Boden hinaus denke, täten sich neue Möglichkeiten auf für ein logistisches Gesamtkonzept.
Es sei eine Chance, die Warenströme neu zu denken, so Barbara Schaffner (GLP/ZH). Ein Mehrwert ergebe sich erst in Verbindung mit der City-Logistik, hieb Michael Töngi (Grüne/LU) in die gleiche Kerbe. In den Städten gebe es ein echtes Problem mit Lieferwagen. Wenn das Projekt hier etwas bündeln könne, dann sei es ein guter Schritt.
Schweizer Eigentümermehrheit und Umtweltverträglichkeitsprüfung
Im Nationalrat unbestritten blieb in der Detailberatung, dass über die gesamte Lebensdauer hinweg eine Schweizer Eigentümermehrheit an den Anlagen sichergestellt werden muss.
Zudem legt das Gesetz fest, dass für die Baubewilligung ein Plangenehmigungsverfahren mit einer Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden muss. Dieses Vorgehen entspricht jenem im Eisenbahngesetz. Als Privileg erhalten die Initianten ein Enteignungsrecht. Anträge von Philipp Matthias Bregy (Mitte/VS), die die Rechte der Grundeigentümer besser schützen wollten, scheiterten allesamt. - Des Weiteren sollen gemäss Gesetz alle Kunden den gleichen Zugang zu den unterirdischen Transportmöglichkeiten erhalten.
Abgelehnt hat der Rat auch die explizite Aufnahme der Forderung von SP und Grünen nach einer ausschliesslichen Verwendung von zertifiziertem erneuerbaren Strom für den Betrieb des Netzes. Die Ratsmehrheit vertraute dem entsprechenden Versprechen der Initianten. (sda/mai)
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