Gebäudesanierung: Innovative Hülle für ETH-Forschungsgebäude
Das Forschungsgebäude auf dem Campus Hönggerberg der ETH Zürich ist saniert und erweitert. Bei der Entwicklung und Vorfertigung von Hybridelementen aus Metall und Holz für die Fassade ging es auch um Forschung am eigenen Objekt.
Quelle: Studio Willen
Labor- und Werkstatttrakt HIF, Laura-Hezner-Weg. Studio Willen, 2023
Die ETH Zürich gehört seit jeher bei Bildung und Forschung hierzulande zu den Leitinstitutionen mit internationaler Ausstrahlung. Seit ihrem Bestehen musste sie immer wieder technische Entwicklungen antizipieren und die Wissensvermittlung neu ausrichten, oder sie hat gleich selbst Innovationen angestossen. Die Informatik beispielsweise durchlief in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts eine rasante Entwicklung und erfasste rasch viele Bereiche von Arbeitswelt und Gesellschaft. Hundert Jahre nach der Gründung der ETH Zürich ging mit den sich anbahnenden Boomjahren der Ausbau der Infrastruktur einher. Entsprechend stieg der Bedarf nach Ingenieuren und Architektinnen und damit der Ausbau des Gebäudeparks für Bildung und Forschung.
Das historische ETH-Gebäude im Zentrum der Stadt war aufgrund der hohen Dynamik technischer Veränderungen schon bald zu klein für den Lehr- und Forschungs-betrieb. 1957 war die Erweiterung auf dem Hönggerberg beschlossene Sache. Zwischen 1972 und 1976 folgte bereits die zweite Ausbauetappe. In diese fiel die Errichtung des Forschungsgebäudes für die Bauwissenschaften nach Plänen der Architekten Erik Lanter und Max Ziegler. Das Gebäude umfasst einen Längstrakt für Labornutzungen, eine grosse Versuchshalle, die beide durch den eingeschossigen Trakt mit Werkstätten verbunden sind. Vielen Ingenieurinnen und Architekten dürfte der Erweiterungsbau mit der Bezeichnung HIF ein Begriff sein. In den letzten Jahren wurde die Baute umfassend saniert und erweitert. Das Projekt ist Teil der im Masterplan «Hönggerberg 2040» formulierten Ausbaustrategie der ETH Zürich.
Vorfertigung spezieller Lösung
Absicht des Sanierungsinterventionen war es unter anderem, mit der neuen Fassade die Einheit des Baukörpers zu stärken. Gleichzeitig war auch die Gebäudetechnik an moderne Anforderungen anzupassen. Dazu wurde das Gebäude bis auf die Grundstruktur zurückgebaut. Ursprünglich hatte es eine asymmetrische Grundfigur, Labortrakt und Versuchshalle wiesen jedoch nicht die gleichen Längenmasse auf. Bedarfsgerecht wurde im Rahmen der Gesamtsanierung das Gebäude um zusätzliche Laborräume und eine kleine Versuchshalle mit Seminarräumen ergänzt, wobei laut den Projektverantwortlichen der Stücheli Architekten AG die Grundstruktur der bestehenden Bausubstanz erhalten werden sollte.
Quelle: Studio Willen
Innenfassade Versuchshalle.
Eine zentrale Rolle spielte dabei die Hybridfassade. Für eine solche Lösung sprachen nicht zuletzt die serielle Grundstruktur der Gebäudehülle sowie Vorteile bezüglich Fertigungsqualität und Bauablauf. Bereits beim Wettbewerbsprojekt war es das Ziel, die Fassadensanierung des HIF-Gebäudes mit vorfabrizierten Elementen auszuführen. Im Verlauf der Projektentwicklung bis zur Submission ging es neben der Frage der Machbarkeit auch um konstruktive Details. Das Projektteam der Stücheli Architekten AG sowie die Fachleute der Reba Fassadentechnik AG prüften die Idee der Vorfabrikation. Den Vorstellungen des Planerteams entsprechend bedingte die Sanierung eine spezielle Lösung, die eine Weiterentwicklung bestehender Techniken erforderte. Der Aufbau der Hybridfassade sollte dabei aus einer Holzkonstruktion und der darauf aufgesetzten Aluminiumhülle bestehen.
Bei der Fassadenplanung zeigte es sich, dass eine Realisation in der angestrebten Bauweise machbar war, vom ausführenden Unternehmen aber ein umfassendes Fachwissen und eine hohe Bereitschaft zur Entwicklung innovativer Lösungen erforderte. Allerdings wiesen die Fassadenelemente aussergewöhnliche Masse auf. Nach einem offenen Ausschreibungsverfahren zur Gestaltung der Gesamtfassade fiel die Wahl auf die Firma Aepli Metallbau, welche ihre Funktion als Generalunternehmerin wahrnahm.
Einheit aus Metall und Holz
Das Metallbauunternehmen hatte bereits während der Submissionsphase die Machbarkeit des ausgeschriebenen Fassadenprinzips und eine mögliche Vorfertigung von Elementen und späterer Montage vor Ort geprüft. Die Aussenseite der Hybrid-elemente sollten aus Metall bestehen, die Innenseite aus Holz. Aluminium sollte als Schutz gegen die Witterungs- und Umwelteinflüsse dienen, Holzflächen wiederum sollten dazu beitragen, in den Räumen ein angenehmes Ambiente zu schaffen. Als Grund für die Verwendung von Holz ins Feld geführt wurde auch die positive CO2-Bilanz.
Quelle: Studio Willen
Fassade Labortrakt, Detail Lisenen.
Für die Entwicklung der Hybridlösung wurde in der Folge das
Holzbauunternehmen Blumer Lehmann einbezogen. Beide Unternehmen erarbeiteten
verschiedene Varianten zu Konstruktionsweisen und Fertigung unter
Berücksichtigung statischer und bauphysikalischen Anforderungen. Neben
ästhetischen Vorgaben galt es aufgrund von Kostenrestriktionen das technisch
Machbare auszuloten, zugleich einer Herausforderung glich, denn die Lösung
Elementgrössen mit einer Breite von 2,4 Metern und einer Länge von 13 Metern
vor. Holzelementbauer sind bei der Vorfertigung solche Dimensionen von
Bauteilen gewohnt. Von Metallbauern dagegen wird bei der Vorproduktion von
Bauelementen dieser Grössenordnung alles abverlangt, wie es von Seiten der
Projektplaner hiess.
Elemente über drei Etagen
Die Gebäudehülle nach Mass erforderte bei der seriellen
Produktion eloxierter Aluminiumelemente hohe Genauigkeit. Dazu mussten die
Strangpressprofile komplett neu entwickelt werden. Auf der Aussenseite sind die
Elemente mit Lisenen aus bronzefarbenen Aluminiumprofilen und mit dazwischen
eingefügtem opakem Glas verkleidet. Die isolierten Holzpaneele wurden
werksseitig vorgefertigt. Schliesslich wurden die Hybridelemente an einem
Standort zusammengebaut, was mehrere Vorteile bot. Zum einen liessen sich sämtliche
Bauteile im Werk unter optimalen Bedingungen vormontieren. Zum anderen
ermöglichte der hohe Vorfertigungsgrad, die Logistik sowie die Prozesse streng
getakteter Montagetermine auf der Baustelle zu optimieren. Nach gemeinsamen
Qualitätskontrollen wurden die Elemente zwischengelagert und später «Just in
Time» zur Baustelle geliefert. Dort hoben zwei Kranwinden die Elemente und in
die vormontierte Unterkonstruktion. Produktion und Einbau erfolgte durch das
Holzbauunternehmen, die Montage der gesamten Aussenhaut samt
Beschattungsanlagen übernahm die Firma Aepli Metallbau. Pro Tag liessen sich
bis zu 15 Elemente montieren. Die Ausmasse ermöglichten es zudem, pro
Montagevorgang jeweils drei übereinanderliegende Geschosse zu schliessen.
Anspruchsvoller Bau für Forschung
Die Aluminumhülle ist prägend für das Erscheinungsbild des gesamten Gebäud-es. Kennzeichnend für die Aussenhülle ist die strenge rhythmisierte vertikale Gliederung und horizontal umlaufende Gesimse, wobei die Aluminiumflächen auf sich verändernde Lichtverhältnisse reagieren. Die opaken Bereiche bestehen aus hinterlüfteten Verbundsicherheitsglas, die mit einer metallischen Kromatix-Beschichtung veredelt sind. Dazwischen befinden sich Fensterelemente, um die Forschungsbereiche mit genügend Tageslicht zu versorgen. Rafflamellen der Beschattungs-anlagen bieten Wärme- und Blendschutz Die innere Tragstruktur der Versuchshalle besteht aus einer Pfostenriegelfassade. In die Konstruktion zu integrieren waren Lüftungsklappen sowie diverse Türen und Tore. Das System wurde ebenfalls neu entwickelt. Die Hybridelemente in diesem Bereich sind in den Ausmassen etwas kleiner. Sie sind über eine Höhe von elf Metern frei gespannt. Die Füllungen bestehen aus dreifachen Isolierglasscheiben.
Quelle: Studio Willen
Ansicht Versuchshalle.
Die anspruchsvollen gestalterischen Vorgaben, die hohen Anforderungen an die Konstruktion, die Kombination von Neu- und Umbau sowie die komplexen Bauabläufe waren herausfordernd und nur durch die konstruktive Zusammenarbeit von Unternehmen, Fassadenplaner, Baumanagement, Architekturbüro und Bauherrschaft zu erreichen.
Im Zuge der Gesamtsanierung des HIF-Gebäudes wurden auch die Erschliessung des Gebäudes angepasst wie der Laura-Hezner-Weg. Die Bildungsstätte für Bauwissenschaften auf dem Campus Hönggerberg ist mittlerweile Teil eines städtisch wirkenden Ensembles von Gebäuden mit eindeutig definierten äusseren Grenzen, klaren Strassenachsen und Plätzen. Mit der Gesamtsanierung entstand eine inspirierende Umgebung für die kreative Suche nach neuen Ideen mit praktischem Bezug zum Bau.