Erhöhung Grimsel-Staumauern: Fall geht zurück an Berner Regierung
Für die Erhöhung der Mauern des Grimsel-Stausees braucht es eine vorgängige Eintragung im kantonalen Richtplan. Dies hat das Bundesgericht entschieden und die Beschwerde von zwei Naturschutzorganisationen gutgeheissen. Das Projekt geht zur neuen Beurteilung zurück an den Berner Regierungsrat.
Quelle: KWO, Bruno Laesser
Grimselstaumauer, Symbolbild.
Die Regierung muss nun verschiedene offene Punkte im Zusammenhang mit der geplanten Erhöhung der beiden Staumauern Spitallamm und Seeuferegg klären. Dies geht aus einem am Donnerstag veröffentlichten Urteil des Bundesgerichts hervor. Das Gesuch für den Ausbau und die entsprechende Ergänzung der Konzession haben die Kraftwerke Oberhasli AG gestellt.
Das Bundesgericht hält in seinem Urteil fest, angesichts der Bedeutung der Erhöhung der Staumauer und damit der Vergrösserung des Stausees, bedürfe es einer Grundlage im kantonalen Richtplan. Auf dieser Planungsebene müssten die Interessen an einer Kapazitätserhöhung und jene des Natur- und Landschaftsschutzes gegeneinander abgewogen werden.
Eine solche vollständige Auseinandersetzung habe bisher nicht stattgefunden. Es könne zwar davon ausgegangen werden, dass die Staumauer-Erhöhung ein nationales Interesse darstelle, wie es im Energiegesetz formuliert sei.
Dieses Interesse allein vermag gemäss Bundesgericht zwar einen Eingriff in das sogenannte Objekt «Berner Hochalpen und Aletsch-Bietschhorn-Gebiet» zu rechtfertigen. Das Gebiet ist im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung aufgeführt.
Alle Faktoren einbeziehen
Allerdings sei bei der Interessenabwägung bisher nicht berücksichtigt worden, das es sich beim Gletschervorfeld des Unteraargletschers wahrscheinlich um eine Aue von nationaler Bedeutung handle. Zudem müsse der Ausbau des Kraftwerks Trift in die Überlegungen einbezogen werden. Dieses wird dem Ausbau der Grimsel-Staumauern aufgrund wirtschaftlicher Überlegungen vorgezogen.
Auf der Ebene des Richtplans seien die Projekte Trift und Grimsel auf ihre Auswirkungen auf Raum und Umwelt im gleichen Gebiet hin zu untersuchen und aufeinander abzustimmen. In der Folge müsse entschieden werden, ob ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Realisierung beider Projekte bestehe oder nur an einem oder keinem.
Keine Fristen festgehalten
Bezüglich der Realisierung des Ausbaus der Grimsel-Staumauern und deren Betriebes sind laut Bundesgericht bisher auch keine Fristen festgehalten worden. Das Gesetz schreibe solche jedoch vor. Sollten sie zum derzeitigen Standpunkt nicht definiert werden können, sei die Vergabe einer Konzession ausgeschlossen.
Die Kraftwerke Oberhasli planen, die Staumauern am Grimselsee zu erhöhen. Der Seespiegel würde in der Folge um 23 Meter steigen und das Speichervolumen um 75 Millionen Kubikmeter auf neu 170 Millionen Kubikmeter vergrössert. Damit würde eine Speicherung von zusätzlichen 240 GWh Energie möglich.
Das Bundesgericht hat sich schon mehrmals mit dem Projekt auseinandersetzen müssen, weil sich Naturschutz sowie Landschaftsschutz und der Ausbau erneuerbarer Energien in die Quere kommen. (sda/pb)
KWO bedauern Staumauer-Entscheid, Umweltorganisationen zufrieden
Die Kraftwerke Oberhasli (KWO) AG bedauern in einer Mitteilung den Entscheid des Bundesgerichts. «Ernüchternd» sei für die KWO AG, dass sich der Entscheid auch auf das Trift-Projekt auswirken dürfte.
Auch dieses Projekt sei ja bislang noch nicht definitiv im kantonalen Richtplan festgesetzt, schreiben die KWO in ihrem Communiqué. Das Konzessionsgesuch zu diesem Staumauerprojekt am Sustenpass will der bernische Grosse Rat in der laufenden Session beraten. Es geht um eine 400-Millionen-Investition.
Positiv für die KWO sei, dass das Bundesgericht im Fall der Staumauer-Erhöhung beim Grimselsee nationales Interesse erkenne. Das Energieunternehmen weist auch darauf hin, dass es bereits im September 2010 beim Kanton Bern das Konzessionsgesuch für die Erhöhung der beiden Staumauern eingereicht hat.
«Das Hin und Her (. . .) dauert bereits zehn Jahre, bilanziert die KWO. Die Kraftwerke Oberhasli gehören zu 50 Prozent dem Berner Energiekonzern BKW. Zum Aktionariat gehören daneben die Industriellen Werke Basel, Energie Wasser Bern und das ewz Zürich.
Umweltorganisationen zufrieden
Das Bundesgericht verteidige den Landschaftsschutz, die Biodiversität und eine ökologisch-ökonomische Energiewende: So kommentieren hingegen die Gewässerschutzorganisation Aqua Viva und die Schweizerische Greina-Stiftung das Urteil auf ihren Internetseite.
Das Bundesgericht stoppe die Pläne zur Erhöhung der Grimsel-Staumauern und verhindere damit die Zerstörung wertvoller Lebensräume in einer mehrfach geschützten Berglandschaft.
Andere Umweltorganisationen, etwa der WWF, verzichteten
im vergangenen Jahr auf den Weiterzug eines zugunsten der Staumauer-Erhöhung
ausgefallenen Entscheids des bernischen Verwaltungsgerichts.
Das Bundesgericht habe sich 2017 in der zentralen Frage der Festlegung der Perimetergrenze der Moorlandschaft am Grimselsee mindestens indirekt für die Mauererhöhung ausgesprochen. Deshalb sei ein Weiterzug nicht sinnvoll, argumentierte damals der WWF. (sda)