Carte Brut Alpin: Raue Architektur-Schönheiten der Alpen
Karin Bürki hat ein Herz für Bauten des Brutalismus. Mit Faltkarten im Plakatformat erzählt die Fotografin und Autorin von rauen Architektur-Schönheiten. Nun ist mit der "Carte Brut Alpin” die dritte Ausgabe erschienen: Sie ist Bauten in den Bergen gewidmet.
Quelle: Karin Bürki / HEARTBRUT
Die Kirche Saint Nicoas in Hérémence ist eine der 40 vorgestellten Bauten.
Als ein archaisch anmutender, verwinkelter Turm ragt die Kirche Saint-Nicolas in den Himmel über Hérmenence. Walter Maria Förderer hatte den Betonbau für das Walliser Bergdorf entworfen, nachdem es im Januar 1946 von einem Erdbeben heimgesucht worden war. Das Erdbeben gilt als stärkstes Erdbeben der Schweiz im 20. Jahrhundert, es hatte das Gebiet der Berner Alpen und damit zum Teil auch das Wallis heimgesucht und einen Wert von bis 6.1 erreicht. Dabei sind zum Teil gewaltige Verwüstungen angerichtet worden, auch die Kirche Hérmenence war der Katastrophe zum Opfer gefallen. Eingeweiht worden ist Förderers monumentales Gotteshaus allerdings erst 1971. Heute steht es unter Denkmalschutz und gilt als ein herausragendes Beispiel für die Architektur des Brutalismus.
Dass das Projekt im Vorfeld auf wenig Widerstände gestossen war, dürfte daran gelegen haben, dass man in der Region Erfahrung mit gewaltigen Betonbauten hatte, wie dem Text von Karin Bürki auf heartbrut.com zu entnehmen ist. Denn unweit von Hérmenence, am Ende des Tals, befindet sich die zwischen 1951 und 1961 errichtete Grande Dixence: Mit einer Höhe von 285 Metern gilt die Gewichtsstaumauer bis heute als höchste der Welt. Das lokale Baugewerbe hatte in diesem Zusammenhang viel Know-how angesammelt, wie auf der heartbrut.com, der Website zu den Karten, zu erfahren ist. “Im Steinbruch oberhalb der Staumauer lagerte noch reichlich Geröll für den Bau der Betonkirche”, heisst es weiter.
40 Bauten aus rund 90 Jahren Baugeschichte
Quelle: Karin Bürki / HEARTBRUT
Der Entlüftungsschacht des San-Bernardino-Tunnels.
Die Kirche ist eine von insgesamt 40 Bauten, die auf der Karte mit
jeweils mit Eckdaten wie Architekturbüro, Ort und Baujahr sowie einem
Bild präsentiert werden. “Jedes Werk ist ein minimalistisches Manifest,
das in der urtümlichen, rauen Gebirgsnatur seine maximale Wirkung
entfaltet”, heisst es dazu auf heartbrut.com.
Für die aktuellen Ausgabe war Karin Bürki in den Alpen unterwegs, und hat dort Bauten aus und 90 Jahren Baugeschichte festgehalten, von Valentin Kochs Olympiastadion (1928) in Sankt Moritz über die Grand-Dixence Staumer ( 1950-1951) von Alfred Stucky und die Station der Säntisseilbahn (1968-76) von Esther und Rudolf Guyer oder die Entlüftungsanlage des San-Bernardino-Tunnels (1967) bis hin zum Unterhaltsstützpunkt auf dem Berninapass (2019) von Beart & Deplazes. Auf der Rückseite der Karte leuchtet rot der Julierturm verewigt; er ist das einzige Bauwerk, dass nicht mehr besucht werden kann: Der Turm ist vor kurzem rückgebaut worden.
Carte Brut Alpin auch für Zuhause
Bewundern kann man die Bauten nicht nur vor Ort sondern auch zu Hause oder Büro: Die Karte im A1-Plakat-Format – zusammengefaltet A5 – ist auf extradickes Papier gedruckt, sodass man sie auch ans die Wand hängen kann. Die Karte, auf der die Bauten verortet sind, befindet sich auf der Banderole oder vielmehr ihrem Umschlag.
Gedacht ist die Karte
für Architekturinteressierte und für jene, die die Schweizer Berge und
“ihre zahlreichen architektonischen Rohdiamanten” von einer neuen Seite
entdecken wollen. Daneben lohnt es sich, ab und zu auf heartbrut.com
vorbeizuschauen: Hier erschienen immer wieder mal Beiträge zum Thema und
Hinweise auf Anlässe, wie Talks oder geführte Rundgänge. Daneben lädt
der dazugehörige Instagram-Account ebenfalls zum Stöbern ein. (mai)
Weitere Infos und Bestellmöglichkeit auf https://heartbrut.com