Bundesgericht: Stimmvolk von Wilen TG darf über Hochwasserschutz abstimmen
Die Gemeinde Wilen muss ihren Kostenanteil für das Hochwasser-Schutzprojekt Region Wil dem Stimmvolk unterbreiten. Dies hat das Bundesgericht entschieden und die Beschwerde einer Privatperson gutgeheissen. Der Wilener Gemeinderat hatte die Kosten als gebundene Ausgabe budgetiert.
Quelle: Amt für Umwelt Kanton Thurgau
Übersichtsplan des Hochwasserschutzprojekts Region Wil.
Das Bundesgericht hat mit einem am Dienstag veröffentlichten Urteil einen Entscheid des Thurgauer Verwaltungsgerichts aufgehoben. Das kantonale Gericht war zum Schluss gelangt, die involvierten Behörden beim Hochwasser-Schutzprojekt hätten keine «verhältnismässig grosse Handlungsfreiheit» – weder in sachlicher, örtlicher noch zeitlicher Hinsicht.
Das Projekt betreffe den Alpbach, den Krebsbach, den Huebbach und den Meienmättelibach und bedinge ein gemeindeübergreifendes Vorgehen. Aus diesem Grund dürften die betroffenen Thurgauer Gemeinden Rickenbach, Wilen, Sirnach und die Stadt Wil (SG) die jeweils von ihnen zu berappenden Kosten als gebundene Ausgabe betrachten.
In Wilen war ein Stimmbürger anderer Ansicht. Das Bundesgericht stimmt ihm nun bei, dass die gewählte Projekt-Variante die teuerste sei, aber eine frühere Variante die Hochwassersicherheit ebenfalls gerade noch erfüllt hätte. Das teurere Projekt wurde gewählt, weil es die Kriterien Hochwassersicherheit, Natur, Sozio-Ökonomie und Realisierbarkeit insgesamt am besten erfüllen soll.
Demokratische Rechte ausgeschaltet
Gemäss Bundesgericht ist es nicht zulässig damit zu argumentieren, dass es sich beim Hochwasser-Schutzprojekt um eine Verbundaufgabe handle und somit um eine gebundene Ausgabe. Ein Zusammenschluss von Gemeinden und Behörden für eine gemeinsame Aufgabenerfüllung vermöge den Entzug demokratischer Rechte nicht zu rechtfertigen.
Auch dürfe eine Behörde das Finanzreferendum nicht dadurch vermeiden, indem sie für die Erfüllung einer Aufgabe die «zweckmässigste» oder «billigste» der möglichen Lösungen wähle. Dass andere Varianten mit gewissen Nachteilen in Frage kämen, ist laut Bundesgericht für das Referendum nicht von Bedeutung.
Die Stimmbürger seien frei zu entscheiden, welche Mittel sie für die Erfüllung einer Aufgabe wählen möchten. Im vorliegenden Fall sei die von den Behörden gewählte Variante nachvollziehbar als die beste eingestuft worden. Dies allein begründe aber noch nicht die Gebundenheit einer Ausgabe. (sda)
(Urteil 1C_567/2022 vom 2.8.2023)