Berner Münster: Vor 600 Jahren begann der Bau
«In dem iar nach der geburt xpi (Christi) 1421 am 11. Tag maertze ward der erste stein gelegt an diser kilchen.»Dies verkündet die Inschrift am Hauptportal des Berner Münsters. – Am Donnerstag vor 600 Jahren begannen die Bauarbeiten an einer der kunsthistorisch bedeutendsten Bauten der Schweiz.
Quelle: Gabriel Ludwig Lory, Schweizer Nationalbibliothek
Das Berner Münster auf einem Stich von Gabriel Ludwig Lory um 1800. Der Helm des Turms sollte rund 90 Jahre später gebaut werden.
Den Grundstein legten damals die
höchsten Vertreter der weltlichen und geistlichen Macht jener Zeit in Bern:
Schultheiss Rudolf Hofmeister und Deutschordensleutpriester Johannes von
Thun, wie Berns Stadtarchivar Roland Gerber vor Kurzem in der Berner
«BrunneZytig» festhielt. Als erstes baute man den Chor. Und zwar an einer
Stelle, welche exakt dem Berner Rathaus gegenüberliegt. Dieses war kurz zuvor
hochgezogen worden. Nördlich der zentralen Berner Gerechtigkeitsgasse sollte
die weltliche Macht zuhause sein, südlich die kirchliche. Bauherr des Münsters
war der Staat Bern. Den Münsterwerkmeister holte man aus Strassburg.
Errichet wurde das Münster, weil die sogenannte Leutkirche,
die Vorgängerkirche des Münsters, baufällig und mittlerweile zu klein geworden
war. Bern wollte aber auch ein Kirchengebäude, welches den stetig steigenden
Einfluss des Stadtstaats widerspiegeln sollte, der bald zum grössten nördlich
der Alpen werden sollte. 1415 hatte Bern den Aargau erobert und erhielt vom
deutschen König Sigmund Privilegien. Das Berner Münster sollte deshalb grösser
werden als jene der Zähringischen Schwesterstadt Freiburg und von Lausanne. Die
Kathedrale von Lausanne übertrifft das Berner Münster laut der Berner
Münster-Stiftung in der Längenausdehnung.
Jahrhunderte dauernder Bau
Bis die neue Berner Kirche in der heutigen Form stand,
dauerte es Jahrhunderte. Oberes Achteck und Helm des Münsterturms wurden erst
1889-1893 errichtet. Im Originalzustand befindet sich aber nur wenig. «Als
Resultat fortwährender grosser Renovationskampagnen ist der Anteil
mittelalterlicher Bausubstanz im Aussenbereich heute verschwindend klein»,
schreibt Münsterarchitektin Annette Loeffel in einem kürzlich erschienenen Buch
zu den Anfängen des Münsters.
Aus den Anfängen stammen zum Beispiel noch Steine im Innern
und drei Fenster des Chors. Der ehemalige bernische Denkmalpfleger Jürg
Schweizer hat das Berner Münster als bedeutendstes spätgotisches
Gesamtkunstwerk der Schweiz bezeichnet.
600-Jahr-Feierlichkeiten verschoben
Vom 11. bis zum 14. März dieses Jahres, wollten die
Münsterkirchgemeinde und die Münster-Bauleute die Grundsteinlegung feiern. Auf
dem Programm standen Musik, etwa ein Festkonzert, Morgenandachten verschiedener
Konfessionen, Führungen und ein Festgottesdienst. All dies ist wegen der Coronapandemie
auf März 2022 verschoben worden. Wie der Präsident des eigens fürs Jubiläum
gegründeten Vereins 600 Jahre Berner Münster, Thomas Iseli, zu Keystone-SDA
sagte, wird am 11. März lediglich eine Glockenspiel-Komposition des
Münsterorgannisten Daniel Glaus dargeboten. Sonst nichts.
Gewölbe wird konserviert und gereinigt
Auch in seinem Jubiläumsjahr wird am Berner Münster
gearbeitet: 120 Jahre nach der letzten Restaurierung muss das Gewölbe des
Mittelschiffs umfassend konserviert und gereinigt werden. Zu diesem Zweck ist
eine Holzdecke unter dem Gewölbe eingebaut worden und die oberen Fenster sind
verdeckt. Die Bänke wurden in die Seitenaltäre verschoben, der ganze
Kirchenraum wirkt leer.
Diese Arbeiten passten sehr gut zum 600-Jahr-Jubiläum
der Grundsteinlegung, schrieb die Münster-Stiftung kürzlich. 1528, bei der
Reformation, sei nämlich die Münsterbaustelle stillgelegt worden. «Während zwei
Generationen fanden die reformierten Gottesdienste in einem unfertigen Münster
unter einer provisorischen Holzdecke statt.» Dieser Zustand lasse sich nun
nachempfinden.
Die Berner entschieden sich erst 1571 entschieden den Bau des Münsters fortzusetzen; 1575 war das Gewölbe über dem Mittelschiff eingebaut. (Rainer Schneuwly, Keystone-SDA)