Brienz: Beginn des Vortriebs für Entwässerungsstollen
Brienz GR ist doppelt bedroht. Oberhalb des Dorfes durch Bergstürze aufgrund von instabilen Gesteinsformationen. Und im Untergrund bewirken wasserführende Schichten ein Abgleiten des Dorfes. Nun sollen Entwässerungsstollen in stabilem Fels Abhilfe schaffen.
Quelle: Christoph Nänni
Entwässerungsstollen sollen die Gesteinsformationen rund um das Dorf Brienz stabilisieren. Dadurch soll die Bergsturzgefahr reduziert und das Abgleiten des Dorfes gestoppt werden.
In Brienz in Graubünden haben die Sprengungen für den Entwässerungsstollen begonnen. Ein 2,3 Kilometer langes unterirdisches Entwässerungssystem soll das auf instabilem Untergrund stehende Bergdorf vor weiterem Abrutschen und abstürzenden Felsen bewahren. «Das Dorf soll auch in 100 Jahren noch leben», sagte Gemeindepräsident Daniel Albertin laut Mitteilung der Gemeinde Albula nach der ersten Sprengung.
Sie markierte den Baubeginn des rund fünf Meter hohen Entwässerungsstollens im Untergrund des Dorfes. Dadurch sollen die Rutschung der Landmasse, auf der Brienz steht, verlangsamt und weitere Bergstürze verhindert werden. Durch die Sprengungen können pro Tag rund 7,5 Meter Stollen gebaut werden, wie Christian Gartmann, Mediensprecher der Gemeinde Albula, der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte. Das Projekt werde im Sommer 2027 fertiggestellt.
Brienz rutscht zwei Meter pro Jahr
Der Entwässerungsstollen wird unter der rutschenden Masse in einer Tiefe von rund 180 Metern durch feste Gesteinsschichten getrieben. Von ihm aus führen mehr als 100 Bohrungen in den Felsen und hinauf in die Rutschmasse, wie die Gemeinde in der Mitteilung schrieb. Damit werde Wasser abgeleitet und der Wasserdruck im Gebirge gesenkt.
Derzeit bewege sich das Dorf Brienz rund zwei Meter pro Jahr talwärts. Diese Rutschung verursachten auch Schäden an Häusern, Leitungen und Strassen. Ausserdem gelte für das Dorf ein Bauverbot. Um dieses aufheben zu können, müsse sich die Rutschung auf zehn Zentimeter pro Jahr verlangsamen, wie es weiter hiess.
Quelle: Informationsdienst Gemeinde Albula/Alvra
Das Netz der Überwachungspunkte, die allfällige Geländesenkungen während dem Bau des Entwässerungsstollens (gelb) registrieren.
«Die Erfahrungen aus dem 2021 bis 2022 gebauten Sondierstollen zeigen uns, dass die Tiefenentwässerung funktioniert und sich sehr positiv auf die Rutschung auswirkt», erklärte Josef Kurath, Ingenieur des Tiefbauamtes des Kantons Graubünden, in der Mitteilung. 90 Prozent der Kosten von rund 40 Millionen Franken für das Entwässerungssystem teilen sich Bund und Kanton Graubünden. Finanziell beteiligt sind ausserdem die Gemeinde und Eigentümer von betroffener Infrastruktur wie die Rhätische Bahn oder ein Stromkonzern.
600'000 Franken Spendengelder
In der Nacht auf den 16. Juni 2023 stürzten oberhalb von Brienz 1,2 Millionen Kubikmeter Fels als gewaltiger Schuttstrom in die Tiefe. Dieser stoppte kurz vor dem von Mitte Mai bis Anfang Juli 2023 evakuierten Dorf und liess es unbeschädigt. «Die Solidarität mit der evakuierten Bevölkerung war sehr gross», teilte die Gemeinde Albula weiter mit. Es seien fast 600'000 Franken an Spenden eingegangen.
Etwa die Hälfte des Betrages ist gemäss Mitteilung an Einwohnerinnen und Einwohner von Brienz und Landwirtschaftsbetriebe ausbezahlt worden. Ein Teil der Spenden werde ausserdem für die Gemeinde Albula eingesetzt, welcher aufgrund der angeordneten Evakuierung und des Felssturzes hohe Kosten entstanden seien. (mgt/sda/sts)
Quelle: Informationsdienst Gemeinde Albula/Alvra
Der geplante Entwässerungsstollen (gelb) ist eine Verlängerung des Sondierstollens (rot). Blaue Pfeile: Bohrungen in das Gebirge unter der Rutschung; blaue Punkte: Bohrungen vom Stollen hinauf in die Rutschmasse. Violett unterlegt ist das gesamte Rutschgebiet, hellblau unterlegt: das 2022 entdeckte Wasservorkommen Armauns.