«Aventura Alvra»: Bündner Regierung muss Gutachten für Hängebrücken einholen
Künftig soll eine Hängebrücke die Schinschlucht im Albulatal überspannen. Die dafür nötigen Nutzungsplanung und die Rodung hat die Bündner Regierung bewilligt - ohne das gesetzlich vorgesehene Gutachten einzuholen. Nun muss sie dies nachholen. Dies hat das Bundesgericht entschieden.
Künftig soll eine Hängebrücke die Schinschlucht zwischen Tiefencastel, Alvaschein und Sils im Domleschg im Albulatal überspannen. Im Prinzip umfasst das Projekt «Aventura Alvra» zwei Hängebrücken, die über die Schlucht führen. Ebenso Teil des Bauvorhabens ist eine künstliche Felskaverne, die in den Fels gesprengt werden soll, samt einer Plattform. In direkter Nähe befinden sich zwei Zeuginnen einer mehr als hundertjährige Baugeschichte: das 1903 fertig gestellte Soliser Viadukt der zum Unesco-Weltkulturerbe gehörenden Rhätischen Bahn sowie eine kleine Steinbrücke.
«Touristische Möblierung eines wilden, unverbauten Abschnitts der Schinschlucht»
Gegen das Projekt hatten sich Mountain Wilderness und die Stiftung Landschaftsschutz mit einer Beschwerde beim Verwaltungsgericht gewehrt, in einer gemeinsamen Medienmitteilung bezeichneten sie es als «touristische Möblierung eines wilden, unverbauten Abschnitts der Schinschlucht». Konkret ging es in der Beschwerde darum, dass die Regierung die für das Projekt nötige Teilrevision der Ortsplanung abgesegnet und die entsprechende Rodungsbewilligung erteilt hatte.
Das Verwaltungsgericht stimmte damals allen Beschwerdepunkten zu, wie die zwei Verbände im Sommer vergangenen Jahres mitgeteilt hatten. Hängebrücken seien ohne eine Verbindungsfunkton gemäss Gewässerschutz nicht zulässig, hatte das Gericht befunden. Die zwei geplanten Hängebrücken stellten laut den Richtern keine Wegverbindung dar: Es werde weder eine bestehende Strasse noch ein vorhandener Wanderweg weitergeführt. Geplant als reine touristische Erlebnisanlage konnte gemäss damaligem Urteil des Verwaltungsgerichts keine Ausnahmebewilligung erteilt werden. Weiter stellten die Richter fest, dass das Sprengen einer künstlichen Kaverne einen massiven Landschaftseingriff bedeutet und beanstandeten das Fehlen einer umfassenden Interessensabwägung inklusive Schutz-, Wiederherstellungs- und Ersatzmassnahmen fehlt.
«Aventura Alvra» muss neu begutachtet werden
Mittlerweile ist das Urteil bis vor Bundesgericht gezogen worden. Dieses wurde heute veröffentlicht: Es bedeutet für die Planung mehr oder weniger zurück auf Feld eins. Die Kulisse des für touristische Zwecke geplanten Hängebrückenprojekts in unmittelbarer Nähe der historischen Schinbrücke ist gemäss den zur Vernehmlassung eingeladenen Fachstellen des Bundes pittoresk, und damit ist das Projekt problematisch.
Zuvor hatte schon die kantonale Denkmalpflege gewarnt, dass das Vorhaben die Wahrnehmung der historischen Steinbrücke und des Solisviadukts schwerwiegend beeinträchtigen würden. Vor einem Regierungs-Entscheid zum Gesuch der Gemeinde Albula sei deshalb ein Gutachten bei der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission einzuholen. Die Regierung hatten ihren Entscheid ohne ein solches gefällt. Auf Geheiss des Bundesgerichts muss sie dieses nun noch einholen und dann dann auf dessen Grundlage den Entscheid neu fällen. (Mit Material der sda / mai)
(Urteil 1C_315/2022 vom 10.11.2023)