ZVV und SBB: Fondation Weber wehrt sich gegen Infrastrukturprojekte
Das Zürcher S-Bahn-System dürfte bald an seine Kapazitätsgrenzen stossen. ZVV und SBB wollen daher Netz und Infrastrukturen ausbauen. Die betroffenen Gemeinden Bubikon, Hombrechtikon und Eglisau wehren sich dagegen, und nun auch die Fondation Franz Weber.
Quelle: SBB CFF FFS
Der Schienenverkehr stösst im Kanton Zürich zunehmend an seine Grenzen. SBB und ZVV wollen daher das S-Bahn-Netz erweitern und die entsprechenden Infrastrukturen ausbauen.
Das S-Bahn-System des Kantons Zürich dürfte bald an seine
Kapazitätsgrenzen stossen. ZVV und SBB wollen daher das Netz ausbauen und
Infrastrukturen erweitern. Stark davon betroffen sind Bubikon, Hombrechtikon
und Eglisau. Nebst den Gemeinden wehrt sich nun auch die Fondation Weber gegen
die Projekte.
Auch wenn angesichts der Coronapandemie das Zürcher
S-Bahn-System weniger ausgelastet ist als auch schon, dürfte sich dies in naher
Zukunft ändern. Die SBB und der ZVV rechnen damit, dass das Fahrgastaufkommen
in den kommenden Jahren im Kanton stark zunehmen wird: Sie prognostizieren bis
2030 einen Anstieg von 45 Prozent. Damit das S-Bahn-System eine derart erhöhte
Nachfrage decken kann, muss seine Kapazität um rund 50 Prozent ausgebaut
werden; Es braucht zusätzliche Bahninfrastrukturen wie Gleise und erweiterte
Bahnhöfe, aber auch mehr S-Bahnen.
Reihe man im Jahr 2035 alle Züge der Zürcher S-Bahn
aneinander, ergebe das eine Länge von 39 Kilometern rechnet die SBB auf der
Website zum Projekt vor. Das seien gegenüber heute 9 Kilometer mehr Fahrzeuge.
Rund 55 Prozent des Rollmaterials kann laut SBB in den bestehenden Anlagen
abgestellt werden. Für den Rest braucht es neue Abstellanlagen und eine neue
Serviceanlage für die Reinigung und Wartung. Damit solche Infrastrukturen
effizient genutzt, Züge schnell verlängert oder verkürzt und Leerfahrten
vermieden werden können, befinden sich solche Anlagen idealerweise an den
Endpunkten der neuen S-Bahnlinien.
Anpassung des Zürcher Richtplans
Als Standorte hat die SBB Bubikon/Hinwil, Hombrechtikon
sowie Eglisau/Glattfelden ins Auge gefasst. Damit die nötigen Infrastrukturen
gebaut werden können, braucht es eine Anpassung des Zürcher Richtplans. Die SBB
habe in Absprache mit dem Kanton Zürich mögliche Standorte evaluiert, wie sie
auf ihrer Website schreibt. Dabei seien auch Umwelt- und Siedlungsaspekte
berücksichtigt worden, aufgrund der benötigten Fläche sei die Auswahl
potenzieller Standorte gering, heisst es weiter. - Zudem hat man vorhandene Gleise
und Areale geprüft, ob sie sich umnutzen lassen. Dies sei aber im dicht
besiedelten Kanton Zürich nicht der der Fall.
Seit Dezember liegt die Richtplanänderung öffentlich auf,
gestern ist die Frist abgelaufen. In der Region hat man Mühe mit den Plänen von
SBB und ZVV, wie das Bahnnewsportal bahnonline.ch berichtete.
Bubikon, Hombrechtikon und Eglisau sagen Nein
So erklärte der Gemeinderat von Bubikon in seiner
Stellungnahme zu den ÖV-Vorhaben, dass man die kombinierte Abstell- und
Serviceanlage der SBB auf 80'000 Quadratmeter Fläche am Standort Brach als
ungeeignet erachtet. Auch wenn man grundsätzlich den Ausbau des öffentlichen
Verkehrs begrüsse. «Die Überbauung hätte den Verlust von Kulturland und
biologisch-dynamisch bewirtschafteter Fruchtfolgefläche zur Konsequenz. Für
Bürgerinnen und Bürger ginge Naherholungsgebiet verloren und das
Landschaftsbild der Ritterhausgemeinde würde erheblich beeinträchtigt.» Zudem
haben sich die Gegner des Projekts in der IG Pro Brach Fuchsbühl
zusammengeschlossen. Sie engagieren sich auf www.brach-fuchsbuehl.ch «für
den Erhalt von Natur, Kulturland und Landschaft. Für eine nachhaltige
Alternative auf vorbelastetem Boden.»
Ähnlich sieht es der Gemeinderat von Hombrechtikon, wo am Standort
der Grünanlagen nördlich des Bahnhofs Feldbach ein Abstellgleis vorgesehen ist
oder vielmehr dereinst sechs 500 Meter lange Gleise Platz finden sollen «Die
Meinung des Gemeinderats Hombrechtikon ist eindeutig: ‚Auf keinen Fall!‘»,
heisst es. Er kritisiert, dass die Gleise in «einem der schönsten Grüngürtel am
Zürichsee» zu liegen kommen sollen. Oder vielmehr in der «am deutlichsten
ausgeprägten, grossräumigen unverbauten Schichtterrassenlandschaft der rechten
Zürichseeseite».
Nein zum Richtplaneintrag sagt auch
Eglisau: Die Landschaftsverträglichkeit sei nicht gegeben, heisst es in der
Stellungnahme. «Der Gemeinderat bemängelt insbesondere die ungenügende
Abklärung alternativer Standorte.» Die Gleisanlage beanspruche rund 20'000
Quadratmeter der immer knapper werdenden Fruchtfolgeflächen. Die Anlage
zerschneide einen wichtigen Wildtierkorridor auf der ganzen Länge und tangiere
verschiedene Naturschutzobjekte von regionaler Bedeutung.
Fondation Franz Weber: Einträge aus dem Richtplan streichen
Nun erhalten die Gegner der Projekts Schützenhilfe von der Fondation Franz Weber (FFW) Unterstützung, die in diesen Tagen gegen das Ansinnen von ZVV und SBB eine Einwendung eingelegt hat und den Zürcher Regierungsrat dazu aufruft, die drei entsprechenden Einträge aus dem Richtplan zu streichen.
«Wir müssen für die Tiere und für die Natur auch hier unsere Stimme erheben», so FFW-Präsidentin Vera Weber. «Derartige Anlagen müssen im Zeitalter von Klima- und Naturschutz unbedingt auf bereits heute bahnbetrieblich respektive industriell genutztem Areal und auf jeden Fall auf bereits versiegeltem Boden vorgeschlagen werden.»
Die FFW moniert, dass die Projekt teils geschützte Gebiete betreffen. Zudem kritisiert die Stiftung das Fehlen eines detaillierten Bedarfsnachweises sowie einer nachvollziehbaren Standortevaluation unter Einbezug bestehender sowie geplant aufzuhebender Bahnbetriebsflächen und alternativer, versiegelter Bodenflächen.
Läuft alles nach dem Wunsch von SBB und ZVV wird die Vorlage diesen Herbst an den Kantonsrat überwiesen, 2022 festgesetzt und im 2023 vom Bund abgesegnet. Insgesamt wird mit zehn Jahren für Planung und Projektierung gerechnet. – Doch ob dieser Zeitplan tatsächlich funktioniert, dürfte sich erst noch zeigen. (mai)
Internet-Tipps
- Informationen der SBB zum Projekt: https://company.sbb.ch
- Informationen zum Projekt des ZVV: www.zvv.ch