Ausbau des Bahnhofs Bern wird teurer und verzögert sich um fast zwei Jahre
Anspruchsvolle geologische Verhältnisse, Altlasten und die Pandemie verzögern die Bauarbeiten am Grossprojekt Zukunft Bahnhof Bern. Der neue RBS-Bahnhof soll voraussichtlich Mitte 2029 in Betrieb genommen werden – fast zwei Jahre später als geplant.
Quelle: zvg, Zukunft Bahnhof Bern
Blick auf die Baustelle Laupenstrasse: In rund acht Metern Tiefe stiess man im Untergrund auf Öl-Altlasten.
Knapp 20 Meter unterhalb der bestehenden Gleise 2 bis 7 der SBB entsteht im Bahnhof Bern derzeit der neue RBS-Bahnhof. In Anbetracht der begrenzten Platzverhältnisse, der geologischen Vorkommnisse und insbesondere der unmittelbar darüber verkehrenden Züge sei der Bau des neuen Bahnhofs eine hochkomplexe Aufgabe, heisst es in einer gemeinsamen Mitteilung der SBB, der RBS und der Stadt Bern von Mittwoch. Ende August 2021 konnte mit dem Durchschlag des Tunnels zwischen Eilgut und Hirschenpark ein erster Meilenstein erreicht werden.
In den zurückliegenden Bauphasen sei die RBS aber immer wieder mit nicht vorhersehbaren Hürden konfrontiert worden, heisst es. Im Bereich der Laupenstrasse stiess man so etwa rund acht Meter tief im Untergrund auf Öl-Altlasten, wie aus der Mitteilung hervorgeht. Findlinge und die geologischen Verhältnisse hätten bauseitig weitere Massnahmen und Arbeiten erfordert, wie etwa das Rückverankern der Baugrubensohle im Schacht Laupenstrasse und zusätzliche Bohrungen zum Vereisen des Bodens.
Mehrkosten von 116 Millionen Franken
Diese nicht voraussehbaren Mehraufwände führten neben der Pandemie und der fehlenden Möglichkeit zur Beschleunigung zu Verzögerungen, heisst es weiter. Aufgrund der Erfahrungen in den vergangenen Baujahren brauche der RBS nun für die letzten Bauphasen – den Tunnelausbau, die Ausrüstung der Bahntechnik und die Inbetriebsetzung – mehr Zeit. Damit verlängern sich die Bauarbeiten für den RBS-Bahnhof um anderthalb Jahre. Die Reisenden werden den RBS-Bahnhof Bern voraussichtlich ab Mitte 2029 nutzen können.
Die Terminverzögerung wirkt sich auch auf die Kosten aus. So wird der RBS-Bahnhof gemäss Mitteilung voraussichtlich neu rund 730 Millionen Franken kosten – bislang war man von 614 Millionen Franken ausgegangen. Die Mehrkosten seien auf die längere Bauzeit, auf vertiefte Erkenntnisse in den Bereichen Ausbau, Ausrüstung und Bahntechnik sowie auf eine Erhöhung des Betrags für Projektrisiken zurückzuführen. Die Mehrkosten werden gemäss Mitteilung von Bund und Kanton getragen.
Quelle: Sam Bossard
Eine Aufnahme von Juni 2021 zeigt den Kavernenausbruch bei der Baustelle Laupenstrasse.
Mehrkosten und Verzögerung auch bei SBB-Projekt
Die Bauarbeiten der SBB laufen laut Mitteilung planmässig. Die Terminverzögerungen im Projekt des RBS wirken sich allerdings auf den Ausbau der Publikumsanlagen des Bahnhofs Bern aus. Die SBB könne also ihre Ausbauten voraussichtlich ab April 2028 und damit rund ein Jahr später in Betrieb nehmen, als bislang geplant war. Denn beide Bauherrschaften würden schliesslich auf engstem Raum bauen; die Projekte von RBS und SBB seien statisch voneinander abhängig, weil der RBS im Untergrund der SBB-Baustelle und der bestehenden Perronhalle baue.
Die SBB könne ihre Bauarbeiten zur neuen Unterführung rund um Perron Gleis 7/8 somit erst 2023 starten und den Ausbau der Unterführung weiterführen, sobald der RBS Teile der Kaverne Nord so gebaut hat, dass sie genug belastbar sind. Mehrkosten gibt es daher auch bei den Ausbauten der SBB. Derzeit wird mit Kosten von insgesamt rund 375 Millionen Franken gerechnet, bisher waren rund 360 Millionen Franken geplant. Die Mehrkosten ergeben sich grösstenteils durch die Terminverzögerungen, heisst es.
Das Bubenbergzentrum 10-12 könne aber trotz Verzögerungen beim RBS wie geplant neu gebaut werden. Im Februar beginnen die Vorarbeiten, Baustart ist am 1. März 2022. Ebenfalls nicht von den Verzögerungen tangiert sind die städtischen Bau- und Verkehrsmassnahmen. Herzstück der Massnahmen, für deren Umsetzung die Stadtberner Stimmberechtigten im März 2021 einen Kredit von rund 112 Millionen Franken genehmigt haben, ist der Bau einer Personenpassage vom neuen Bahnhofzugang Bubenberg direkt in den Hirschengraben.
Zusatzabklärungen zum Hirschengraben
Aktuell befindet sich das städtische Projekt zur 2. Vorprüfung beim kantonalen Amt für Gemeinden und Raumordnung (AGR). Aufgrund der inzwischen vorliegenden Stellungnahme der Eidgenössischen Kommission für Denkmalpflege (EKD) habe der Gemeinderat zusätzlich ein gartendenkmalpflegerisches sowie ein Baumgutachten betreffend der geplanten Umgestaltung des Hirschengrabens in Auftrag gegeben, heisst es weiter. Zudem soll mit einem archäologischen Gutachten die genaue Situation der Tränke unter dem Hirschengraben abgeklärt werden.
Mit diesen Zusatzabklärungen könne sichergestellt werden, dass Eingriffe in den Hirschengraben unter bestmöglichem Schutz der historischen Anlage erfolgen würden. Das städtische ZBB-Projekt erfährt durch diese zusätzlichen Abklärungen aber ebenfalls eine Verzögerung: Die öffentliche Auflage des Projekts erfolgt voraussichtlich erst im Herbst 2022 und nicht, wie ursprünglich geplant, im Winter 2021/2022. Die Stadt könne deshalb frühestens 2024 mit den Bauarbeiten beginnen. Bei der Inbetriebnahme des neuen Bahnhofzugangs Bubenberg sollten die städtischen Bau- und Verkehrsmassnahmen ZBB nach aktuellem Planungsstand aber umgesetzt sein.
Die Inbetriebnahme des neuen Bahnhofs Bern erfolge damit gestaffelt, wie bereits im bisherigen Terminplan vorgesehen. Eine «grosse Eröffnung» des neuen Bahnhofs Bern sei nicht vorgesehen, sondern verschiedene Eröffnungstermine der einzelnen ZBB-Projektteile. (mgt/pb)
Zur Mitteilung der SBB, RBS und der Stadt Bern: www.zukunftbahnhofbern.ch