14:23 BAUPROJEKTE

Aufstockung bei Lokwerk in Winterthur: Wohnungen mit Rooftop-Feeling

Geschrieben von: Claudia Porchet (cet)
Teaserbild-Quelle: zvg

Wohnen auf auf einem Einkaufszentrum: Auf dem Dach des Lokwerks in Winterthur-Töss entstehen 60 neue Mietwohnungen. Dazu wird es um sechs Geschosse aufgestockt. Der Blick aus den Loggias öffnet den Blick auf die Dächer der Stadt und ins Grüne.

Lokwerk-Wohnung Loggia Aussicht

Quelle: zvg

Der Blick aus den Loggias öffnet den Blick auf die Dächer von Winterthur und ins Grüne.

Weil sich das Zentrum an einer gut erschlossenen und urbanen Lage befinde und die Aufstockung nachhaltig sei, habe der Immobilienfonds CS REF Green Property das Projekt lanciert, erklärt Martin Munz, Leiter Development & Construction bei Credit Suisse Asset Management (Schweiz) AG. 2015 initiierte der Immobilienfonds einen Gesamtleistungswettbewerb. 

Der Totalunternehmer Erne AG Holzbau aus Stein AG und das Architekturbüro fsp aus Spreitenbach AG waren die Sieger «Der Standort ist etwas vom Genialsten, was es in der Schweiz heute gibt», ergänzt Ivo Lenherr vom Architekturbüro fsp. «Die Leute leben an einem Ort mit alten Gebäuden, gleichzeitig werden alte Häuser wieder entwickelt und neue Gebäude erstellt. So hat man einen lebendigen Bezug zur Geschichte.» Das Lokwerk befinde sich an einer interessanten Stelle: «einerseits gegen den Berg hinauf und nach hinten in Richtung Autobahn beziehungsweise in ein Entwicklungsgebiet, auf der Schnittstelle zwischen Sulzer-Areal und Innenstadt.»

900 Wand- und Deckenelemente

Verdichten, ohne neues Bauland zu nutzen – so weit, so prima. Doch die Aufstockung stellte den Bauleiter Lorenz Weissenberger von Erne AG Holzbau vor einige Herausforderungen – zum Beispiel, auf einem bestehenden Einkaufszentrum zu bauen und den Betrieb nicht zu stören. Das gleiche galt fürs Dach: «Wir mussten haus- und anschlusstechnische Installationen umverlegen und gleichzeitig gewährleisten, dass weder der Brandschutz noch die bestehende Haustechnik tangiert werden.» Weiter galt es, die Tragfähigkeit des Baugrundes zu verstärken. Weissenberger und sein Team stärkten das Fundament mit zwölf Meter langen Mikropfählen. «Auch hier mussten wir schauen, dass der Verkehrsfluss in der Tiefgarage nicht eingeschränkt wurde.»

Eine dreigeschossige Aufstockung bedeutet viel Gewicht. Die Lösung war, die Lasten konzentriert durch die bestehenden Stützen abzuleiten – über ein 90 Tonnen schweres tragendes Stahlfachwerk. «Dann konnten wir loslegen und die Holzbauelemente einsetzen», erklärt Weissenberger. Die Holzelemente werden in der Werkhalle der aargauischen Firma Erne AG Holzbau produziert. 

Die Elemente für die Wände, Decken und Böden sind bis zu 3,20 Meter hoch und 2,80 Meter breit. Sie wiegen alle zusammen rund 2000 Tonnen. Die 900 Wand- und Deckenelemente weisen dabei einen hohen Vorfertigungsgrad auf, sie sind bereits mit Storen, Marquisen, Fenstern, Schiebetüren und elektrotechnische Installationen ausgestattet. Sie werden mit speziellen Tiefladern zur Baustelle transportiert und per Kran just in time eingesetzt. Dies erklärt eine kurze Bauzeit von weniger als einem Jahr.

Visualisierung Aufstockung Lokwerk Winterthur

Quelle: zvg

Auf dem Weg in die Wohnungen trifft man auf Verweilplätze und Laubengänge.

Erlebnisreiches Wohnen

Dass man die Lasten konzentriert durch die bestehenden Stützen ableiten musste, erklärt die mäandrische Form des Neubaus, die an ein «S» erinnert. Im dreigeschossigen Gebäude und im sechsgeschossigen Kopfbau gibt es zusammen 60 Zweieinhalb-, Dreieinhalb- und Viereinhalbwohnungen zur Miete – Aussicht auf Winterthurs Dächer und den Berg gegenüber. Architekt Lenherr spricht von einem «erlebnisreichen Wohnen». Dies beginnt schon beim Eingang, der auf der Rückseite des Gebäudes ist (vorne ist der Eingang zum Einkaufszentrum). Beim Hinter- bzw. Haupteingang soll ebenfalls ein begrünter Platz entstehen. Damit wird eine gute Aufenthaltsqualität geschaffen, «es bedeutet auch einen Mehrwert für das Quartier», führt Alexa Müller, Centerleitung Lokwerk und Wincasa AG, aus.

Die künftigen Bewohnerinnen und Bewohner werden die Tiefgarage des Einkaufszentrums mitbenutzen. «Die Einkäufe lassen sich bequem im Center erledigen», so Müller. «Der Lift wurde um eine Etage erhöht, so dass die Bewohner über das Einkaufszentrum direkt zu ihren Wohnungen gelangen.» Einer der Lifte ist überdimensioniert, damit Velos darin Platz haben. Man kann mit dem Velo oder sogar mit einem Velo samt Anhänger reinfahren. 

Auf dem Dach gibt es Veloabstellplätze, wo es einen der vielen begrünten Verweilplätze gibt. «Man fährt mit dem Lift rauf, trifft auf einen Verweilplatz, dann geht es weiter durch die Laubengänge, dann kommen erneut Zonen zum Draussen sitzen», führt Lenherr aus. Es ist ein Konzept von verschiedenen Plätzen, um sich zu treffen oder einfach nur, um dazusitzen und die Aussicht zu geniessen. Die Wohnungen sind nicht nach vorne zur befahrenen Zürcherstrasse, sondern nach hinten, zum Berg hin ausgerichtet. «Es gibt eine Weitsicht, man sieht über die Dächer von Winterthur, so dass man den Ort ganz anders und neu erleben kann», so Lenherr.

Bedeutende Geschichte

Die grosszügigen und hellen Wohnungen verfügen alle über eine Loggia. Der Boden ist mit Eichenparkett belegt. «Wir wollten etwas Weiches, Menschliches als Gegenstück zur Fassade», erklärt Lenherr. Die Metallelemente der Fassade sind in einem Raster gehalten, das in seinen Dimensionen die Spurbreite und die Gleise der SBB aufnimmt – als Erinnerung an die Loko-motiven, die früher in den Hallen des Lokwerks gebaut und gewartet wurden. Und so schliesst sich der Kreis.

Die Vermarktung von «Lokwerk Wohnen» hat vor wenigen Tagen begonnen. Der Erstbezug der 60 Mietwohnungen erfolgt Anfang Juni 2023. Die Wohnungen verteilen sich auf drei 1,5 Zimmer-, 28 2,5 Zimmer-, 20 3,5 Zimmer- und neun 4,5 Zimmer-Wohnungen. Sie richten sich an Singles und Paare aus allen Altersgruppen, die eine zentrale Wohnung suchen und den Komfort einer Wohnung direkt auf einem Einkaufszentrum schätzen. Wie gesucht die Wohnungen über den Dächern von Töss sind, zeigt die hohe Zahl der Voranmeldungen. Über 500 Personen und Familien haben sich bereits vor dem Vermarktungsstart gemeldet und ihr Interesse bekundet.

Geschrieben von

Redaktorin Baublatt

Claudia Porchet ist Philologin und interessiert sich für Architekturgeschichte, Kunst am Bau und Design. Ebenso begeistern sie neue Forschungsresultate aus allen Bereichen. Zudem ist sie für die Kolumnen zuständig und steht deshalb in Kontakt mit allen grossen Verbänden.

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