Wie kamen die Hüte auf die Figuren der Osterinsel?
Dass die Osterinsel Weltkulturerbe ist, verdankt das rund 162 Quadratkilometer grosse Eiland mitten im Pazifik den vielen monumentalen Steinfiguren, die seine Bewohner vor Jahrhunderten überall aufgestellt hatten. Bis heute weiss man nicht, wie dies möglich war. Auch nicht, wie die zylinderartige Schmuck auf ihre Köpfe gelangt war. Nun jetzt gibt es neue Theorien und Erkenntnisse.
Quelle: Pavel Špindler, CC BY 3.0, Wikimedia
Die Figuren sind im Schnitt vier Meter hoch. Die grösste misst 9,8 Meter.
Die heute zu Chile gehörende Osterinsel entstand vor etwa 240'000 Jahren aus der Verbindung von drei damals aktiven Vulkanen. Sie besteht aus porösem Vulkangestein, das vom Pazifik ständig abgetragen wird. Man nimmt an, dass die Besiedelung des Eilands vor 1500 Jahren erfolgte, vermutlich von Polynesien aus. Der norwegische Forscher Thor Heyerdahl (1914-2002) hielt aber auch eine Besiedelung durch vorgeschichtliche peruanische Seefahrer für möglich. Entdeckt worden war die Osterinsel 1722 durch den holländischen Seefahrer Jacob Roggeveen, der die Insel als kahle Landschaft mit Gräsern und Büschen beschrieben hatte. Die unzähligen Spuren einer vergangenen Hochkultur konnten die damaligen, unter einfachsten Umständen lebenden Bewohner, die Rapanui, schon damals nicht erklären. Gemäss ihren Legenden sind die Figuren zu ihren Standorten aufrecht stehend gegangen.
Raffinierte Transporttechnik für die riesigen Steinfiguren
Vor sechs Jahren hat der Anthropologe Carl Lipo vonUniversität von Binghampton des US-Bundestaats New York für Aufsehen mit einer möglichen Erklärung gesorgt: Er vermutet, dass die Figuren der Osterinsel von den Steinbrüchen nicht gerollt oder über den Boden gezogen, sondern aufgerichtet mit Hilfe von Seilen stückchenweise an ihr Ziel geschaukelt worden sind – abwechslungsweise die linke Seite nach vorne, dann die rechte Seite. Lipo verglich die Methode mit der Art und Weise, wie man einen Kühlschrank an seinen vorgesehenen Platz manövriert. Dies allerdings mit dem Unterschied, dass die tonnenschweren Figuren kilometerweit an ihren Ort gebracht respektive geschaukelt werden mussten. Für einen solchen Transport genügt schon eine relativ kleine Mannschaft.
Bis zu zwölf Tonnen schwerer Kopfschmuck
Nun scheint Lipo und sein Kollege Terry Hunt von der Universität von Arizona ein weiteres Rätsel gelöst zu haben. Zusammen mit ihrem Team wollen sie herausgefunden haben, wie der tonnenschwere Pukao genannte Kopfschmuck auf gewisse Figuren gelangt ist. Dabei handelt es sich um massive Kegel oder Zylinder - oft auch um die Kombination eines kleinen auf einem viel grösseren Zylinder - aus rötlicher Schweissschlacke. Dieser bis zu zwölf Tonnen schwere "Hut" hob sich farblich vom grauen Tuff der Figuren ab. Laut Carl Lipo wurden diese runden Pukao an ihrem Steinbruch auf ihre runde Form sozusagen rollfertig zugehauen und erst an ihrem Standort fertig bearbeitet.
Quelle: Penn State
So stellen sich Lipo und seine Kollegen vor, wie die Hüte auf die Statuen gelangten.
Die Platzierung dieses tonnenschweren Kopfschmuckes erfolgte über eine Rampe aus Steinresten. Dafür wurde schon damals die heute so genannte „Parbuckling-Technik“ angewandt, ein bewährter Trick, runde Formen zu bewegen. Die Enden eines Seils werden um den zu transportierenden runden Stein geschlungen. Dann werden sie wieder nach hinten geführt, um so den Gegenstand zu bewegen, der sicher in einer Schlaufe ruht. Wie schon beim Gehen der Figur mit der oben beschriebenen Schaukelmethode sind auch hier nur vielleicht 15 Leute nötig, um einen solchen Stein auf die Figur zu transportieren und oben auf den Kopf nicht zu schieben sondern zu kippen. An ihrem definitiven Standort wurde dann der Pukao genannte Kopfschmuck noch fein bearbeitet.
Die Ureinwohner der Oserinsel, die Rapanui, erweisen sich für die Forschung immer mehr als wahre Meister, in den Techniken mit geringstem Aufwand Grosses zu bewegen und zu schaffen. Das nötigt heute noch grössten Respekt ab. (mai/mgt)
Carl P. Lipo, Terry L. Hunt sowie Ben McMorran und Sean W. Hixon veröffentlichten ihre Erkenntnisse im Journal of Archaeological Science.