Wenn der Magnet sein Innerstes offenbart
Um zu verstehen, wie ein Magnet genau funktioniert und ihn allenfalls modifizieren zu können, sind Forscher am Paul Scherrer Institut, der ETH und der Universität Glasgow tief in seine innersten Strukturen getaucht – so tief wie nie zuvor.
Zum ersten Mal konnten Forscher ein Bild der winzigen Teilmagnete im Inneren eines massiven Magneten zeichnen, die für die magnetische Aussenwirkung sorgen. Der Grund für diese Studie, die im Wissenschaftsmagazin Nature veröffentlicht wurde: Wenn man weiss, worauf die magnetische Wirkung eines Materials beruht, kann man es möglicherweise auch verändern, damit es effektiver wird. Beteiligt waren Forscher am Paul Scherrer Institut (PSI), der ETH und der Universität Glasgow.
Experimentiert wurde an einem zylinderförmigen Magnet aus Godolinium-Kobalt, das nur wenige Mikrometer klein war. Um ins Innere zu gelangen, setzten die Forscher auf harte Röntgenstrahlung. Im Gegensatz zur weichen Röntgenstrahlung ist sie wesentlich energiereicher. Die Probe wurde viele Male aus unterschiedlichen Richtungen durchleuchtet, wobei Sichtbilder entstanden. Diese setzten die Forscher dann mit Hilfe einer kürzlich am PSI entwickelten Bildgebungstechnik namens Ptychografie zu einer 3D-Landkarte zusammen. So war es möglich, auch die kleinsten Strukturen sichtbar zu machen. Die kleinsten noch sichtbaren Teile sind gerade mal 100 Nanometer klein.
Und wie sieht das Innerste eines Magneten nun aus? Wie ein Geflecht aus winzigen Kompassnadeln, die Momente genannt werden und in ihrer Gesamtheit die magnetische Struktur des Materials bilden. Sie sind in verschiedenen Mustern angeordnet – in Domänen, also Regionen mit gleicher magnetischer Ausrichtung, Domänenwänden, die zwei solcher Regionen voneinander trennen, aber auch magnetische Wirbel, die an einen Tornado erinnern. „Diese grundlegenden, bekannten Strukturen zu sehen, wie sie sich zu einem komplexen dreidimensionalen Netzwerk zusammenfügen, war wirklich schön und eindrucksvoll“, so Claire Donnelly, Erstautorin der Studie.
Das Tüpfelchen auf dem i lieferte allerdings eine Struktur, die aus den anderen herausstach: ein Paar magnetischer Singularitäten, sogenannte Bloch-Punkte. Diese enthalten einen unendlich kleinen Bereich, in dem die magnetischen Kompassnadeln schlagartig ihre Richtung ändern. Das bekannteste Beispiel einer Singularität ist das Schwarze Loch. Bloch-Punkte sind die eigentlichen Monopole der Magnetisierung und wurden schon vor mehr als 60 Jahren vorhergesagt. Bis zu dieser Studie konnten sie allerdings noch nie direkt beobachtet werden. (mt/pd)