14:10 BAUPRAXIS

Wellenbrecher schützt 4‘750 Jahre alte Pfahlbau-Fundstelle im Bielersee

Teaserbild-Quelle: Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Rolf Stettler

Eine rund 4‘750 Jahre alte Pfahlbau-Fundstelle in Sutz-Lattrigen BE ist durch die Erosion am Grund und Ufer des Bielersees gefährdet. Ein Wellenbrecher und eine Steinschüttung tragen künftig zum Schutz der wichtigen archäologischen Schichten bei.

Luftbild Pfahlbauten im Bielersee

Quelle: Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Carlos Pinto

Die fertige Schüttung (helle Fläche im Wasser) deckt die archäologischen Schichten der jungsteinzeitlichen Fundstelle ab. Der Wellenbrecher soll das weitere Zurückweichen des Ufers verhindern.

Die international bedeutende Fundstelle aus der Jungsteinzeit befindet sich in Sutz vor der Landspitze beim Rütt-Gut und ist seit 2011 Teil des Unesco-Welterbes «Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen». Seit der Senkung und Regulierung des Seespiegels durch die Juragewässerkorrektionen lagen die Überreste in einer Zone, die den Westwindstürmen frei ausgesetzt war. 

Aus diesem Grund wurden die Überreste des jungsteinzeitlichen Dorfes bei starkem Wind vom Wellengang und der Strömung abgetragen, das empfindliche organische Fundgut aufgetrieben und das Ufer immer weiter zurückgedrängt, wie die bernische Bildungs- und Kulturdirektion am Donnerstag mitteilte. 

Wellensimulation an der EPFL 

Einen ersten Versuch zum Schutz des empfindlichen Uferabschnitts wurde bereits in den 90ern vom Archäologischen Dienst des Kantons Bern unternommen. Im Zuge dessen wurde ein Palisadenzaun errichtet, welcher der Gewalt des Wassers jedoch nicht lange standhalten konnte. Damit war bald klar, dass eine nachhaltigere Lösung gesucht werden musste.   

Zwischen 2016 und 2017 erhielt dann das Laboratoire de Construction Hydraulique der ETH Lausanne den Auftrag, eine Wellensimulation und auf dessen Basis eine Studie zur Modellierung möglicher Schutzmassnahmen durchzuführen. Gestützt auf die Ergebnisse der Untersuchung und der Zusammenarbeit mit den kantonalen Fachstellen erarbeiteten daraufhin ein Ingenieurbüro und das Landschaftswerk Biel-Seeland ein Schutzkonzept. 

Dieses sah vor, den Grund des Bielersees mit einer Schüttung aus Geröllen zu stabilisieren und das weitere Zurückweichen des Ufers durch einen Wellenbrecher zu unterbinden. Die Massnahmen sollten ausserdem gleichzeitig die verbleibenden archäologischen Schichten schützen, ökologisch sinnvoll und nachhaltig sein, wie die Direktion weiter mitteilt.  

Dreidimensionales Modell der Fundstelle 

In einem ersten Schritt wurden nun im Juli 2020 die am Seegrund offenliegenden archäologischen Schichten eingemessen und ein dreidimensionales Modell erstellt, welches den Ist-Zustand der Fundstelle dokumentiert. Die Tauchequipe des Archäologischen Dienstes sammelte die oberflächlich liegenden Funde ein und deckte die zu schützende Fläche mit Kokosmatten ab. Letztere dienen unter anderem als Trennschicht zu den noch erhaltenen archäologischen Schichten. 

Auf dieser Unterlage erstellte die Firma Marti Travaux Spàciaux Neuchâtel SA von August bis November den eigentlichen Schutzbau. Dem Ufer vorgelagert ist nun ein Wellenbrecher aus grossen Kalksteinblöcken. Die Krone des Baus liegt auf dem mittleren Sommer-Seewasserstand und wird deshalb teilweise überflutetet. Zwischen den Blöcken ist zudem Totholz eingebaut, welches Lebensraum für Jungfische bietet.  

Das massive Bauteil soll künftig verhindern, dass die Bäume im Uferwald weiter unterspült werden und umstürzen. Die noch vorhandenen archäologischen Schichten zwischen dem Wellenbrecher und der Uferlinie wurden ausserdem durch eine Aufschüttung aus feinem Kies abgedeckt. Das Material soll der Ufervegetation zudem gleichzeitig die Möglichkeit bieten, sich zu erholen und so zur Festigung des bestehenden Ufersaums beitragen. 

Schutzmassnahmen bei Pfahlbauten im Bielersee

Quelle: Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Carlos Pinto

Verlegen der Trennschicht aus Kokosmatten im Bereich der Fundstelle.

1,1 Millionen Franken für Massnahmen 

Auf der Seeseite des Wellenbrechers wurden die archäologischen Schichten mit einer Geröllschüttung überdeckt. Diese soll die Wellen frühzeitig verlangsamen und zum Brechen bringen. Die Korngrösse der Schüttung wurde so gewählt, dass die Steine auch bei starkem Wellengang nicht oder nur erheblich bewegt werden. 

Durch den Einbau von Erosionsmarkern soll zudem in den kommenden Jahren die Beobachtung allfälliger Verschiebungsprozesse ermöglicht werden. Die Kosten für die Massnahmen belaufen sich auf rund 1,1 Millionen Franken. Der Bund beteiligt sich daran mit 350‘000 Franken, wie aus der Mitteilung hervorgeht.  (pb/mgt)

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