Wanderwegnetz: Wie wirkt sich der Klimawandel aus?
Ob Wanderweg oder Brücke – in den Alpen können solche Infrastrukturen unter dem Klimawandel leiden. Die Studie „Sicher Wandern 2040“ des Instituts für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) der Eidg. Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) untersucht, wie sich die steigenden Temperaturen auf das Wanderwegnetz auswirken.
Quelle: M. Bründl, SLF
Wanderer im Hochgebirge (Wallis).
Wandern ist in der Schweiz beliebt. Und: Dieser Trend könnte sich weiter verstärken. Dies, weil sich die Wandersaison im Gebirge durch die Klimaerwärmung. Zudem treiben sommerliche Hitzetage mehr Menschen vom Flachland in die kühleren Bergregionen. Derweil könnten sich die Risiken beim Wandern verändern: Exteme Wetterereignisse wie Starkregen oder Trockenheit könnten gemäss Klimaszenarien zunehmen, und dies wiederum wirkt sich auf wiederum auf die Naturgefahren in den Bergen aus.
Was dies fürs Wandern und das Wegenetz bedeutet, haben ein Forschungsteam des SLF im Projekt «Sicher Wandern 2040» (mehr zum Projekt auf www.wsl.ch) des Vereins „Schwyzer Wanderwege“ und des Dachverbands „Schweizer Wanderwege“ untersucht. Dazu wurde wissenschaftliche Literatur analysiert. Zudem fanden Expertenworkshops statt. „Ziel war, relevante Naturgefahren zu identifizieren und eine Wissensgrundlage für konkrete Massnahmen zu schaffen“, erklärt dazu Alexander Bast, wissenschaftlicher Mitarbeiter am SLF.
Mehr Steinschlag und Murgänge
Vor allem Sturzprozesse wie Steinschlag oder Felsstürze werden laut Studie voraussichtlich häufiger vorkommen, und sie nehmen extremere Ausmasse an. Dies betrifft in erster Linie alpines und hochalpines Gelände oder vielmehr hochgelegenen Bergwanderwege und Alpinwanderwege. „Sturzprozesse treten spontan auf und sind kaum vorhersagbar“, so Bast. Wanderer können das Risiko reduzieren, indem sie sich gut informieren und ihre Route umsichtig planen, indem sie zum Beispiel stark exponierte Felswände nach heftigen Niederschlägen oder starken Temperaturschwankungen meiden. Nicht verhindert werden kann hingegen, dass die Weginfrastruktur häufiger beschädigt und dass ihr Unterhalt aufwendiger wird.
Weitere Naturgefahren, die das Wandern betreffen, sind Murgänge, Hangrutschungen und Sommerlawinen. Diese verändern sich auf unterschiedliche Weise je nach Region, Höhenlage und Jahreszeit. So könnten beispielsweise Murgänge in sehr trockenen Sommern abnehmen und in den Übergangsmonaten aber wegen stärkerer Niederschläge zunehmen.
Dass im Zuge des Klimawandels neben den bisher bekannten Gefahrenquellen auch ganz neue Risiken hinzukommen, halten die Studienautoren für unwahrscheinlich.
Die Klimaerwärmung macht sich jetzt bemerkbar
Ein Beispiel dafür, dass sich der Klimawandel schon jetzt auswirkt, ist die frühere Europabrücke bei Randa im Wallis: Kurz nach ihrer Eröffnung im Jahr 2010 ist sie durch Steinschlag zerstört worden. Wanderer mussten deshalb jahrelang 500 Höhenmeter ins Tal absteigen. 2017 konnte die alte Brücke schliesslich durch einen neue an anderer Stelle ersetzt.
Die Folgen zeigen sich etwa auch im Aletschgebiet, wo der Rückzug des Gletschers Felswände und -hänge instabil werden lässt: Wanderwege mussten bereits jetzt gesperrt oder Ersatzwege angelegt werden. Auch am Flüela Wisshorn in Graubünden wurde nach einem Felssturz im 2019 ein Wanderweg vorübergehend gesperrt.
Die Ergebnisse der Studie sollen als Grundlage für die nächste Projektphase dienen. In dieser werden nun Fallstudien in drei Pilotregionen im Kanton Schwyz, im Wallis und in Graubünden durchgeführt, um die Erkenntnisse auf die regionalen Gegebenheiten anzuwenden. All dies soll schliesslich die Basis für einen Hinweiskatalog liefern, den die Wanderwegverantwortlichen nutzen können, um künftige Herausforderungen vorausschauend und zielgerichtet angehen zu können. (mai/mgt)