08:13 BAUPRAXIS

Wärmerückgewinnung: Im Abwasser steckt noch viel Energie

Geschrieben von: Michael Staub (ms)
Teaserbild-Quelle: Michael Staub

Die Abwasser-Wärmerückgewinnung ist eine interessante Energiequelle. Mit der richtigen Planung und Umsetzung kann das Potenzial des Energieträgers sehr gut ausgeschöpft werden. Das zeigen zwei Projekte aus Kriens LU und der Stadt Bern.

Hauswart Abwasserkanal Stadthaus Kriens

Quelle: Michael Staub

Der Hauswart hat gut lachen: Energie aus dem Abwasserkanal heizt und kühlt das Stadthaus Kriens zuverlässig und umweltschonend.

Beim Duschen ist die Abwasserwärmenutzung schon lange ein Thema. Seit über zehn Jahren gibt es Systeme wie Joulia, die Schlitzrinnen mit Mini-Wärmetauschern verbinden. So kann das abfliessende Wasser mindestens einen Teil zur Erwärmung des Warmwassers beitragen. Abgesehen davon gilt beim Haushaltsabwasser in den meisten Fällen: Aus den Augen – aus dem Sinn. Damit lässt man einen interessanten Energieträger ungenutzt. Denn laut einem Positionspapier des Verbandes Schweizer Abwasser- und Gewässerschutzfachleute (VSA) könnten bis zu zehn Prozent des Schweizer Gebäudeparks ihren Wärmebedarf aus Abwasser decken (siehe Kasten «Unterschätzter Energieträger»). Besonders interessant: Weil die Temperatur des Abwassers in der Regel zwischen zehn und 25 Grad liegt, kann es sowohl für die Wärme- wie auch für die Kälteerzeugung dienen. 

Wärme aus dem Kanal 

Diese duale Nutzung funktioniert zum Beispiel in der Stadt Kriens. Das 2017 erbaute Zentrum Pilatus ist einerseits zentraler Bürostandort für die Stadtverwaltung, andererseits umfasst es auch einen grossen Veranstaltungssaal, Gewerbeflächen, eine Poststelle und knapp 30 Mietwohnungen. Geheizt und gekühlt wird das Gebäude im Minergie-P-Standard mit Hilfe eines 81 Meter langen Wärmetauschers, der im Abwasserkanal der angrenzenden Schachenstrasse installiert ist. Der Kanal transportiert das gesamte Abwasser vom höher gelegenen Ortsteil Obernau Richtung Kriens und Luzern. Der Durchsatz beträgt mindestens 20 Liter pro Sekunde, auch nachts. Denn der Krienbach, welcher im Pilatusgebiet entspringt und via Obernau und Kriens nach Luzern fliesst, verliert einige hundert Meter oberhalb des Stadthauses sein offenes Flussbett und wird unterirdisch weitergeführt. Dank der grossen und konstanten Durchflussmenge im Kanal kann der Wärmetauscher rund um die Uhr effizient betrieben werden. Über einen Zwischenkreis beliefert er eine reversible Wärmepumpe von CTA. Diese liefert im Winter bis zu 200 Kilowatt Wärme, im Sommer hingegen 50 bis 150 Kilowatt Kälte für das Freecooling.

Die Anlage wurde so ausgelegt, dass 85 Prozent des Wärmebedarfs mit der Wärmepumpe gedeckt werden können. Nur für die restlichen 15 Prozent kommt ein Spitzenlast-Gaskessel mit einer Leistung von 300 Kilowatt zum Einsatz. «Die Wirtschaftlichkeit überzeugt. Die Wärmepumpenanlage kommt dank dieser Dimensionierung auf viele Betriebsstunden und funktioniert optimal. Eine grösser ausgelegte, monovalente Wärmepumpe würde hingegen nur wenige Stunden im Jahr auf Volllast laufen», sagt Cornel Utz, Bereichsleiter HLK bei der Amstein + Walthert Luzern AG, welche für die Planung zuständig war. Die Wärme respektive Kälte wird in der Energiezentrale im Stadthaus in einem Speicher mit jeweils 4000 Litern Volumen gespeichert. Der Wartungsaufwand ist überschaubar, wie Cornel Utz berichtet: «Die Wärmepumpe erhält einen jährlichen Service, damit Öl- und Kältemittelkreislauf sowie die Drücke kontrolliert werden können.» Auch der Wärmetauscher im Kanal benötigt nur wenig Unterhalt. «Normalerweise reicht ein Starkregen oder Gewitter, damit Ablagerungen ausgespült werden», sagt Michael Reinhard, Sales & Project Manager bei der Herstellerfirma KASAG Swiss AG. Dazu kommt eine jährliche Reinigung mit Hilfe eines normalen Spülwagens.

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