10:14 BAUPRAXIS

Timber-Prototype-House in Apolda: Massivholzrahmen, gedruckt

Geschrieben von: Robert Mehl (rm)
Teaserbild-Quelle: Robert Mehl

Im deutschen Apolda kann aktuell ein annähernd monomaterieller und doch hochgedämmter Massivholzpavillon besichtigt werden. Er besteht aus CNC-gefrästen Kanthölzern, deren Schnittform automatisiert durch eine parametrische Software errechnet wurde.

Derzeit findet in Thüringen die Internationale Bauausstellung (IBA) statt, bei der 30 in diesem deutschen Bundesland verteilte Projekte vorgestellt werden. Allen gemein sind ein kostengünstiger Finanzierungsansatz und das Ziel, die Revitalisierung des Hinterlandes voranzutreiben.

So haben Demoskopen Thüringen unlängst attestiert, dass seine aktuelle Bevölkerungsdichte derjenigen von 1905 entspricht. Das Zentrum IBA liegt in der früheren Glockengiesserstadt Apolda, in einer ehemaligen Feuerlöscherfabrik angesiedelt. Auch dieser Bau ist ein IBA-Projekt, stammt sein grosser Umbau von 1938 doch von keinem Geringeren als Egon Eiermann.

Auf einer Brache hinter diesem Baudenkmal der frühen Moderne findet sich mit dem «Timber-Prototype-House» gleich ein zweites Exponat dieser landesweiten Ausstellung. Der Pavillonbau mit der grossen Nur-Glas-Front besteht, abgesehen von den beiden gebäudehohen Fenstern, der Zugangstür und einem rückwärtigen Lüftungsspalt zum Öffnen, aus einer hochdämmenden, jedoch monomateriellen Massivholzkonstruktion.

Verwendet wurde dafür handelsübliche Fichte aus regionaler Quelle mit einer typischen Kantenlänge von 10/20 Zentimetern. Es handelt sich letztlich also um Standard-Konstruktions-Vollholz (KVH), von dem rund 100 Kubikmeter hier verbaut sind.

Maximal digital

Ein weiterer Anspruch dieses Projekts bestand in seiner maximalen Produktionsdigitalisierung. Die Untersuchungen hierzu stellte das Institut für Computerbasiertes Entwerfen und Baufertigung (ICD) der Universität Stuttgart von Achim Menges an. Ebenfalls beteiligt war Hans Drexler von der Jade Hochschule Oldenburg, der dort Konstruieren und Energie und Gebäudetechnik lehrt; er verantwortete hierbei vor allem die Konzeption der monomateriellen Dämmung.

Eigens für dieses Projekt wurde eine hoch parametrische Software entwickelt, bei der die Entwerfer nur noch wenige Hüllkurven vorgaben und zusätzlich noch zahlreiche baukonstruktive Bedingungen festlegten, sodass die eigentliche Ausführungsplanung quasi auf Knopfdruck erfolgte. Das Ergebnis waren dann unmittelbare Steuerdateien für eine CNC-Fräse.

Das «Timber-Prototype-House» ist zurzeit an der Internationalen Bauausstellung (IBA) in Thüringen zu sehen.

Quelle: Robert Mehl

Das «Timber-Prototype-House» ist zurzeit an der Internationalen Bauausstellung (IBA) in Thüringen zu sehen.

In das 10/20er-Fichtenvollholz wurde ein70 Millimeter tiefer Lamellenkamm eingefräst und so wurden unventilierte Luftkammern geschaffen, die die Wärmeleitfähigkeit des Vollholzes von den für Nadelholz üblichen 1,2 auf 0,8 W/(m·K) senkten. Das dämmende Grundprinzip ist mit dem Aufbau eines Hochlochziegels vergleichbar. Damit wurde eine erhebliche Annäherung an die Wärmeleitfähigkeit von Dämmmaterial erreicht, die zwischen 0,3 bis 0,4 W/(m·K) liegt.

Jeweils zwei Kanthölzer stossen an ihren Schmalseiten aneinander, sodass die effektive Wandstärke40 Zentimeter beträgt und damit eine hochbautypische Dimension erhält, die gewöhnlich zwischen 35 und 50 Zentimetern zu veranschlagen ist. An den Kopfenden der Kanthölzer fräste die Software eine parametrisierte Eckverbindung ein, die ebenfalls vom Stuttgarter ICD entwickelt wurde.

Sie ermöglicht dem Handwerker ein einfaches, jedoch präzises Zusammenstecken der Hölzer im 90-Grad-Winkel, wodurch der umlaufende Gebäuderahmen überhaupt erst entsteht. Auch die hintereinander sitzenden Kanthölzer sind monomateriell miteinander verbunden. Dafür verwendete man Buchenholzbolzen, die durch Bohrungen leimfrei mit Pressluft in die Hölzer geschossen wurden. Im benachbarten Kantholz findet sich an der entsprechenden Stelle eine längs verlaufende Nut, in die diese Bolzen dann eingreifen.

Der gesamte Pavillon besteht aus 440 dieser CNC-gefrästen Kanthölzer. Sie sind umlaufend angeordnet, das heisst Fussboden und Decke unterscheiden sich in ihrer Bauweise nicht von den Wänden. Ein Rahmen besteht der Logik folgend aus vier dieser Hölzer; sie wurden in einer Werkstatt zusammengefügt und noch dort zu Modulen aus acht Einzelrahmen vorkonfektioniert. Diese Einheiten wurden dann an die Baustelle geliefert und dort mit wenigen Schrauben demontabel zusammengefügt. So sind ein zügiges Zerlegen des Demonstrators und sein neuerliches Zusammensetzen, etwa auf einer Messe, ohne grossen Aufwand möglich.

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