Wertvolle Gärten in der verdichteten Stadt
Familien- und Hausgärten sorgen in der Stadt nicht nur für eine grössere Artenvielfalt, sondern können in verdichteten Quartieren auch einen Ausgleich schaffen. Dies zeigt eine Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL und des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL). Die Autoren empfehlen, die kleinen Grünräume in der Raumplanung zu berücksichtigen.
Quelle: Karin Kook, Stadtgärtnerei Basel
Vielfältige Familiengärten sind Lebensraum für zahlreiche Pflanzen und Tiere und gleichzeitig ein Naherholungsraum für in der Stadt wohnende Menschen.
Scheint die erste warme Frühlingssonne, zieht es in den Städten Erholungssuchende in den Park. Andere geniessen den Schrebergarten oder die eigene grüne Oase hinter dem Haus. Die Frage, weshalb Bewohner städtischer Ballungsräume in ihrer Freizeit solche Grünräume aufsuchen während sie Asphalt und Beton eher meiden, war Gegenstand einer Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WLS) sowie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL).
Gartenarbeit entspannt
Die im Rahmen der Untersuchung durchgeführte Umfrage zeigt, dass das Gros derjenigen, die einen Schrebergarten oder einen Hausgarten ihr eigen nennen, sich im Garten aufhält, um die Natur zu erleben, an der frischen Luft zu sein und vor allem aber, um Abstand zum Alltag zu gewinnen. Dies gelingt den Hobbygärtnern in der Regel auch: Die Mehrheit fühle sich danach viel entspannter als vorher, resümiert Studienautorin Nicole Bauer von der WSL die Umfrage. Allerdings empfinden 15 Prozent die Gartenarbeit auch als stressig –das Hegen und Pflegen kann mitunter anstrengend sein.
Die Mehrheit versucht im eigenen grünen Reich die Biodiversität zu fördern: So werden Blumen- und Gemüsebeete angelegt, Asthaufen für Igel aufgeschichtet, Nistkästen für Vögel aufgehängt oder Bienenhotels installiert. Zudem sind in Hausgärten Trockensteinmauern sehr beliebt, wie die Erhebung der WSL und FiBL gezeigt hat. Zudem habe die Umfrage auch gezeigt, dass extensiv gepflegte Gärten mit vielen unterschiedlichen Strukturen und Lebensräumen insgesamt artenreicher sind, was die Tier- und Pflanzenwelt anbelangt, als Gärten mit Rasenflächen. Und so zeichnen sich denn vor allem Familiengärten durch eine besonders grosse Vielfalt aus, Hausgärten mit unterschiedlich alten Gehölzen punkten hingegen laut WSL mit einer „erhöhten Vogelaktivität“.
Kleine Grünräume erhalten Lebensqualität
Die Wissenschaftler haben noch weitere positive Auswirkungen festgestellt. Stadtgärten übernähmen eine wichtige soziale Funktion, heisst es in der Medienmitteilung der WSL. Sie seien Orte der Begegnung und würden nicht nur von ihren Eigentümern und Pächtern genutzt, sondern auch von deren Nachbarschaft und Freundeskreis. „Längerfristig werden Gärten einen Gegenpol zu verdichteten Quartieren bilden“, sagt Robert Home vom FiBL. „Einerseits aus sozialen Gründen, weil sich Menschen in dicht besiedelten Städten nach mehr Ruhe und sozialen Kontakten sehnen, andererseits aus ökologischen Gründen, weil in gartenreichen Quartieren die Arten- und Lebensraumvielfalt höher ist als zwischen hohen Häusern und lärmigen Strassen.“
Die Wissenschaftler empfehlen daher, privat bewirtschaftete Flächen in die Biodiversitätsstrategien und -konzepte der Städte mit aufzunehmen und damit vom Engagement von Freizeitgärtner zu profitieren. Unter anderem sind sie der Ansicht, dass sich, berücksichtigte man in der oft von Verdichtung getriebenen Stadt- und Raumentwicklung Haus- und Schrebergärten, die Wohnqualität in Ballungszentren gesamthaft hoch halten liesse.
Für die Studie sind 48 Interviews sowie zwei schriftliche Umfragen durchgeführt worden, von denen 728 Fragebögen ausgewertet werden konnten. (mai)