Signalisation von Baustellen: Klar beschildert – sicherer unterwegs
Seit Kurzem ist die neue Norm VSS 40 886 mit Vorschriften zur Signalisierung von Baustellen auf Haupt- und Nebenstrassen in Kraft. Die Änderungen zielen auf eine leicht verständliche und einheitliche Baustellenbeschilderung und -absicherung in der gesamten Schweiz und damit für mehr Sicherheit für Arbeiter und Verkehrsteilnehmer.
Baustellen gehören zum Alltag der Verkehrsteilnehmer. Kommt die Baustellentafel «Bauarbeiten auf der Fahrbahn» in Sicht, muss sich jeder auf eventuelle Gefahren wie Hindernisse, Unebenheiten oder Verengungen einstellen, also vorsichtig und mit angepasster beziehungsweise reduzierter Geschwindigkeit den betreffenden Strassenabschnitt passieren. Doch nicht selten verwirren die Beschilderungen und die unklare Strassenführung.
Dies kann zu gefährlichen Situationen führen. Logisch, klar und sparsam sollte deshalb die Signalisation erfolgen. Das bedeutet, sie muss den örtlichen Gegebenheiten angepasst sein. Dabei ist weniger manchmal mehr. Um einen ersten Einblick in die neuen Vorschriften zu ermöglichen, bietet der Verband «Baukader Schweiz» den Weiterbildungskurs «Korrekte Signalisation von Baustellen» an. Rund 5000 Mitglieder aller Sprachgruppen gehören dieser unabhängigen Arbeitnehmerorganisation an, die sich der sozialen Absicherung und Weiterbildung der Mitglieder widmet. Der erste Kurs zur neuen Norm fand im Sommer statt.
Eine korrekte Signalisation hat ein Ziel: Unfälle vermeiden. Deshalb ist es vor allem für die Verantwortlichen auf den betreffenden Baustellen, also für Vorarbeiter, Bauführer und Poliere, aber auch von Behörden wichtig, die Änderungen der Norm zu kennen.
Der speziellen Situation anpassen
Viele Anwesende sind Fachleute auf dem Gebiet der Signalisation. Sie kennen sich entsprechend gut in Theorie und Praxis aus. Und dennoch, keine Baustelle gleicht der anderen. Oft muss die Absperrung und Ausschilderung der Situation angepasst werden, die nicht die Norm ist.
Vor allem beim innerstädtischen Bauen stehen die für die Signalisation Verantwortlichen oft vor schwierigen Entscheidungen. Das bestätigt auch die Kursleiterin. «Auch die neue Norm ist nicht zu 100 Prozent festgenagelt. Es gibt immer Spezialsituationen die eine spezielle Lösung erfordern», erklärt Kursleiterin Pia Muhmenthaler.
Zunächst wird das Wissen der Teilnehmer mit einem Test mit 30 Fragen geprüft. Die richtige Umsetzung der Vorschrift kann vor Unfällen schützen und selbst Menschenleben retten. «Prävention kostet weniger, als für die Unfallkosten zu zahlen. Deshalb muss die Zeit dafür da sein, die Signalisation exakt auszuführen und auch regelmässig zu kontrollieren», betont die Sicherheitsfachfrau.
«Macht jeden Abend ein Foto, auf dem die vollständige Einrichtung zu erkennen ist. Das ist schnell und einfach gemacht, kann aber als Beweis sehr wichtig sein», rät sie. Besonders die Baustellenlampen werden gerne von Passanten entwendet. Geschieht danach ein Unfall, weil die Baustelle nicht genügend ausgeleuchtet war, ist die Beweislage zu klären.
Quelle: Claudia Bertoldi
Die neue Norm VSS 40 886 gibt genaue Informationen, wie Baustellen, Strassensperrungen und Umleitungen auf Haupt- und Nebenstrassen korrekt zu signalisieren sind.
Alle Teilnehmer kennen sich mit der alten Norm recht gut aus. Dennoch kommen manchmal kleinere Zweifel auf: Wie gross ist der reflektierende Streifen an den Absperrlatten? Man sieht ihn täglich. Sind sie 20, 25 oder gar 30 Zentimeter lang? Wie gross muss der Abstand der äusseren Kante des Warnschilds bis zur Fahrbahnkante sein? Offene Fragen werden anschliessend im Gespräch geklärt, zudem auf die wichtigsten Änderungen der Norm verwiesen.
Es sind nicht viele, doch sie müssen unbedingt umgesetzt werden, da die Folgen im Ereignisfall unangenehm sein könnten. Sie sollen auch dazu beitragen, die von Kanton zu Kanton wechselnden behördlichen Vorschriften zu vereinheitlichen und somit Verkehrsteilnehmern und Sicherheitsverantwortlichen der Baustellen den Alltag zu erleichtern.
Ob auf Haupt- oder Nebenstrassen, inner- oder ausserorts, für die Baustellentafeln bei Arbeiten auf der Strasse gilt jetzt ausschliesslich das Normalformat mit einer Schenkellänge von 90 Zentimetern. Alle kleineren Exemplare mit Seitenlängen von 60 Zentimetern dürfen nicht verwendet werden. Die Baustellentafeln werden in der Klasse R2, also sehr stark reflektierend, gefordert.
Beleuchtung vorgeschrieben
Die stehenden Latten haben nach wie vor eine Höhe von drei Metern, sind 15 Zentimeter breit und 21 Millimeter dick. Die reflektierenden Streifen befinden sich verkehrsseitig auf weissem Grund, Logos und Schriften dürfen nur im roten Bereich angebracht werden. «Eine normale Baustelle ist immer zu beleuchten!», erinnert die Kursleiterin. Die Baustellenbeleuchtung ist stehend, Blinklicht ist nur bei besonderer Gefahr oder bei nächtlichen Spezialeinsätzen zulässig.
Ketten und Absperrbänder haben auf Strassenbaustellen nichts zu suchen. Zu Beginn und am Ende der Baustelle wird die Absperrung mit doppelter Lattung ausgeführt, in Richtung Fahrbahn mit einer einzelnen Latte. Neu ist, dass die zweite Latte im Fussbereich auf der Höhe von 30 Zentimetern gefordert wird. Daher wird oft mit einer dritten Latte abgesichert. Sie dient der zusätzlichen Sicherheit sehbehinderter und blinder Menschen. In Zürich wird dies bereits seit längerem umgesetzt.
Quelle: Claudia Bertoldi
Üben mit Playmobil: Eine Normalbaustelle muss zu Beginn und Ende mit Baustellentafeln gekennzeichnet sowie mit Absperrlatten gesichert sein.
Gleich bleibt der Abstand der Vorsignalisation, die zwingend einzuhalten ist. Sie sind der Strasse beidseitig oben an ein bis drei stehenden Latten aufzustellen. Die Vorsignalisation muss innerorts in einem Abstand von maximal 50 Metern vor der Baustelle platziert werden, ausserorts im Abstand von 150 bis 250 Metern. Zu Beginn und am Ende des Baustellenbereichs steht nochmals eine Baustellentafel mit ein bis zwei stehenden Latten.
Zudem sollte eine Fahrbahnbreite von mindestens drei Metern garantiert werden. Der Fussweg muss 1,50 Meter breit sein, nur in Ausnahmefällen ist eine Breite von 1,20 Metern zulässig. Dies kann in eng bebauten Städten allerdings nur eine Wunschvorschrift sein, die bestehenden Platzverhältnisse lassen die Umsetzung nicht zu. Hier sind Sonderlösungen gefragt, die immer mit den Behörden geklärt und bewilligt sein müssen. Die Abschrankungen sind ebenfalls mindestens stark retroreflektierend in der Klasse R2 gefordert.
Stahlplatten auf der Fahrbahn, dem Radweg oder Trottoir stellen eine spezielle Gefahrensituation dar. Besonders Radfahrer kommen bei hoher Geschwindigkeit schnell zu Sturz. Stahlplatten innerorts sind immer anzurampen. Ausserorts und im Winter überall sind sie zu versenken.
In jedem Fall müssen sie vorsignalisiert werden, zudem muss die Stahlplatte beschichtet sein. Neue Richtlinien gibt es bei der direkten Signalisation. Am Anfang und am Ende jeder einzelnen Platte muss zur Ankündigung eine Baustellentafel gestellt werden. Ausserorts ist zudem die Geschwindigkeit von 80 auf 60 Stundenkilometer zu reduzieren.
Besondere Baustellen
Bis zu einer Dauer von maximal 24 Stunden können Kurzbaustellen durch ein Faltsignal mit der obligatorischen Schenkellänge von 90 Zentimetern und einem Leitkegel mit 50 Zentimeter Höhe angezeigt werden. Das Vorsignal mit Faltsignal ist innerorts mit einem maximalen Abstand von 50 Metern auf dem Trottoir aufzustellen. Dabei ist darauf zu achten, dass ein Mindestdurchgang von 1,2 Metern für die Fussgänger gewährleistet ist. Bei Kurzbaustellen, zum Beispiel bei Arbeiten an Schächten, muss jeder einzelne Teilbereich korrekt signalisiert werden.
Wird in der Nacht gearbeitet, müssen die Faltsignale beleuchtet sein. Für Fussgänger sollte der Situation angepasst eventuell eine Absperrung mit zwei Latten gestellt werden. Bei Kanalarbeiten muss jeder einzelne Schacht so abgesichert werden. Bei Nachtarbeiten sind Lampen auf der Vorsignalisation anzubringen. Für Fussgänger sollte, der Situation angepasst, eine Absperrung mit zwei Latten gestellt werden.
Quelle: Claudia Bertoldi
Fahrende Baustellen (rechtes Modell) sind mit einem Vorsignal anzukündigen, die Fahrzeuge vorne und hinten zu kennzeichnen.
Bei fahrenden Baustellen wie Schachtreinigungs- oder Mäharbeiten muss neu am Strassenrand ein Vorsignal mit Streckenlängenangabe ab dem Punkt des Arbeitsbeginns gestellt werden. Auf dem Fahrzeug selbst ist vorne und hinten eine Baustellentafel anzubringen. Dies macht die Verkehrsteilnehmer auch auf die langsame Geschwindigkeit des Fahrzeugs aufmerksam.
Bei Baustellen ausserhalb der Fahrbahn ist eine Signalisation nicht nötig. Allerdings muss der Baustellenbereich immer normgerecht vor Absturz oder unberechtigtem Betreten gesichert sein.
Umfangreicher und illustriert
Gut sechs Jahre hat die Revision der alten Norm VSS 40 886 zur Signalisation von Baustellen auf haupt- und Nebenstrassen gedauert. Diese ungewöhnlich lange Überarbeitungszeit begründet sich auf einer hohen Anzahl von Eingaben im Rahmen der Vernehmlassung.
Die neue Norm ist etwas umfangreicher und wird von zahlreichen Abbildungen ergänzt. Auf 40 Seiten werden verschiedene mögliche Situationen dargestellt. Neben üblichen Baustellen wird zwischen fahrenden Baustellen und Kurzbaustellen differenziert. Unterschiede bestehen auch bei der Signalisation für Baustellen inner- und ausserorts.
Wie bereits in der Vergangenheit wird zur neuen Norm eine ergänzende Broschüre in handlicher Form für den direkten Gebrauch auf der Baustelle erscheinen. Die überarbeitete Broschüre erscheint im Herbst 2019.
Dieser Artikel vermittelt nur einen kleinen Einblick in die Änderungen und Ergänzungen in Bezug auf die bisherigen Vorschriften. Weitere Termine für den Weiterbildungskurs zur neuen VSS 40 886 sind auf www.baukader.ch abrufbar
Wichtige Änderungen in der Norm VSS 40 886
- Fahrende Baustelle: Fahrzeuge mit geringer Geschwindigkeit, die zeitweise auch auf der Fahrbau stehen bleiben
- Kurzbaustelle: Baustelle mit einer Maximaldauer von 24 Stunden, die bei Dunkelheit beleuchtet werden muss
- Baustellentafeln: ausschliesslich im Normalformat mit Schenkellänge 90 Zentimeter, Ausführung in Klasse R2 (stark reflektierend)
- Stahlplatten auf der Fahrbahn: müssen beschichtet sein, sie sind innerorts immer anzurampen, ausserorts immer und im Winter überall zu versenken, die Platten müssen vorsignalisiert werden, Anfang und Ende der Stahlplatten müssen mit Baustellentafeln angekündigt werden
- Absperrungen: zweite Latte im Fussbereich auf der Höhe von 30 Zentimetern gefordert
(cb)