Schulhaus in Birrwil (AG): Spielend lernen
Für die aargauische Gemeinde Birrwil haben Brandenberger Kloter Architekten ein Schulhaus entworfen, das die Kinder zum Entdecken einlädt. Die Räume des Gebäudes sind in der Höhe gestaffelt und folgen damit dem ansteigenden Gelände. Den Kern bildet das vielfältig nutzbare Forum im Split-Level.
Quelle: Brandenberger Kloter Architekten, Basel
Das neue Schulhaus wurde aus der Landschaft heraus entwickelt.
Von Brandenberger Kloter Architekten, Basel
Um alle Schulräume in Birrwil an einem Ort zu konzentrieren, wurde 2017 ein Wettbewerb für eine stufenübergreifende Schule mit Kindergarten und Primarschule ausgeschrieben. Der Neubau bildet zusammen mit dem bestehenden Mehrzweckgebäude ein Ensemble, gemeinsam fassen sie einen Pausenhof und Sportplatz ein.
Brandenberger Kloter Architekten haben das neue Schulhaus aus der Landschaft heraus entwickelt. Während sich das Erdgeschoss des kompakten Baukörpers in den Hang gräbt, entfaltet sich das Obergeschoss auf zwei Ebenen bis unters Dach; von dort sind Ausblicke in alle Himmelsrichtungen möglich. Mit dem kompakten Äusseren orientiert sich das Gebäude einerseits an den für diesen ländlichen Raum typischen Wirtschafts- und Wohngebäuden mit weit auskragendem Satteldach, massiven Giebelwänden und filigraner Holzfüllung. Andererseits bezieht es sich mit der schlichten Rasterfassade und den Materialien wie Beton und Aluminium auf den 60er Jahre-Bau nebenan.
Dabei sind – ganz pragmatisch – die durch das Dach geschützten Fenster an der Traufseite aus Holz, und die der Witterung stärker ausgesetzten Fenster an den Giebelseiten hingegen aus natureloxiertem Aluminium. In Anlehnung an die Mehrzweckhalle besteht das traditionelle Satteldach aus nicht eingefärbtem Faserzement.
Der Haupteingang an der Hofseite, der auf den ersten Blick wie ein Unterstand anmutet, unterscheidet sich klar von den drei Nebeneingängen. Diese sind auf eine Stirnseite sowie auf die gegenüberliegende Hangseite verteilt, wo sich auch der erhöhte Schulgarten Aussenklassenzimmer und der Spielplatz befinden.
Quelle: Basile Bornand
Im hohen Eingangsraum gelangt man über eine breite Treppe nach oben.
Erschliessungsraum und Forum in einem
So kompakt das Gebäude von aussen erscheint, so überraschend ist der gestaffelte und aussergewöhnliche Aufbau im Innern. Er animiert die Kinder vom Kindergarten bis zur Primarstufe zum Entdecken und Erkunden der vielfältig nutzbaren Innenräume. Im hohen Eingangsraum gelangt man über eine breite Treppe nach oben zur zentralen Halle im Split-Level, die durch einen tribünengleichen Aufgang in zwei Ebenen unterteilt ist. Die überhohen Stufen bieten sich auch als Sitzplätze an, sodass dieser Raum nicht nur als Erschliessungsraum dient, sondern auch als Forum: hier können Veranstaltungen stattfinden, oder man trifft sich um sich auszutauschen.
Auf der unteren Ebene des Forums sind die Garderoben für die Schülerinnen und Schüler angeordnet, auf der oberen Ebene liegt ein offener Erschliessungsgang, der die vier Klassenzimmer miteinander verbindet. Zwischen den über Eck belichteten Räumen befinden sich zwei kleinere Gruppenräume, die bei Bedarf zu einem fünften Unterrichtsraum zusammengelegt werden können.
Quelle: Brandenberger Kloter Architekten, Basel
Das Gebäude animiert die Kinder vom Kindergarten bis zur Primarstufe zum Entdecken und Erkunden der vielfältig nutzbaren Innenräume.
Low Tech statt Minergie
Da sich die Thermik als der stärkste und billigste «Lüftungsmotor» bewährt hat, wurden zwei Lüftungshöfe in das Satteldach integriert. Von den kleinen Fensterflügeln an der Fassade strömt die frische Luft über grosse Lüftungsklappen in die Lüftungshöfe unter dem Dach – so kann eine optimale Querlüftung und Nachtauskühlung gewährleistet werden. Auf den Einsatz einer teuren Lüftungsanlage konnte deshalb verzichtet werden.
Über das Oberlicht im Firstbereich und die Fenster an der Westfassade dringt viel natürliches Licht in den Binnenraum bis hinunter zum Erdgeschoss ein. Das gleichmässig von oben einfallende Tageslicht erzeugt damit eine angenehme Atmosphäre und reduziert den Einsatz von Kunstlicht.
Quelle: Basile Bornand
Schlichter Klassenraum.
Zu den aussergewöhnlichen Details im Gebäude gehören die kojenartigen Räume oberhalb der Klassenzimmer. Diese sind direkt unter dem Satteldach eingepasst. Über eine Leiter und durch eine kreisrunde Öffnung können die Kinder dort hineinklettern, sich verstecken oder diese als Lesenische nutzen. Durch einen kleinen runden Glasbaustein erhaschen sie einen geheimnisvollen Blick zurück in das Forum.
Auch im Kindergarten wurden verspielte Räume entwickelt. Hinter einem Vorhang, der im zugezogenen Zustand eine Schneckenform bildet, können sich die Kinder verstecken. Die Schiebewände und Wandoberflächen sind hier aus recycelten PET-Flaschen hergestellt. Sie dienen der besseren Akustik und als Pinwand. Als einzige Farben im Innern leuchten die blauen Kacheln an den Wänden der Toiletten und hinter den Waschbecken in den Unterrichtsräumen, sowie die Vorhänge in verschiedenen Blautönen.