Schadstoffe: Neue Technologie soll vor PCP und Lindan schützen
Müssen bei Sanierungen Holzschutzmittel wie Pentachlorphenol und Lindan unschädlich gemacht werden, ist dies teuer. Zudem können entsprechende Massnahmen mit Denkmalschutzauflagen kollidieren. Ein Team des deutschen Fraunhofer Instituts will dies mit der «CycloPlasma»-Technologie ändern.
Quelle: Yogesh Pedamkar, Unsplash
PCP oder Lindan finden sich auch in früher restaurierten Gebälken wieder. (Symbolbild)
Mittlerweile haben das 2004 in Kraft getretene Stockholmer Übereinkommen 152 Staaten unterzeichnet. Damit verpflichten sie sich, die Herstellung und die Verwendung persistenter, organischer Schadstoffe (POP) zu beschränken respektive zu verbieten. Unter diese Stoffe fallen auch Pentachlorphenol (PCP) und Lindan, die zwischen den 1950er- bis 1980er-Jahren als Holzschutzmittel zum Einsatz gekommen sind. PCP gilt als krebserregend, ausserdem nimmt man an, dass es sich negativ auf die Fruchtbarkeit auswirkt. Wer Lindan intensiv oder regelmässig ausgesetzt ist, riskiert Schädigungen am zentralen Nervensystem. Des Weiteren besteht der Verdacht, dass Lindan krebserregend ist. (Mehr dazu auf dem PDF von www.holzbau-schweiz.ch)
Heute sind PCP und Lindan verboten – in der Schweiz seit 1989, ebenso in Deutschland. Trotzdem ist die Gefahr der giftigen Stoffe noch nicht ganz gebannt: Sie finden sich in historischen Bauten und Altbauten. Wegen der hohen Entsorgungskosten aber auch weil entsprechende Sanierungen mit denkmalpflegerischen Auflagen kollidieren können, ist ihre Entfernung oft anspruchsvoll. Dies will ein Forschungsteam des deutschen Fraunhofer Instituts für Bauphysik (IBP) ändern: Mit seiner «CycloPlasma»-Technologie lassen sich die gefährlichen Schadstoffe laut Medienmitteilung «rückstandslos und ohne Substanzverlust» auf umweltschonende Weise entfernen. – Die Forscherinnen und Forscher kombinierten die Adsorptionstechnologie zum Entgiften von Holz mit dem Plasmaverfahren zur Reinigung der Raumluft von bereits ausgetretenen Schadstoffen.
Dazu werden zunächst Cyclodextrine (CD) als Gel auf kontaminiertem Holz aufgetragen. CD können Schadstoffe wie Lindan und PCP einfangen und binden. Vor hundert Jahren entdeckt kommen sie zum Beispiel bei der Sanierung von schwermetall- oder ölverunreinigten Böden zum Einsatz.
Quelle: Fraunhofer IBP
Andrea Burdack-Freitag die Cyclodextrin-Rezeptur auf einen kontaminierten Holzbalken auf.
Das am IBP entwickelte CD-Gel ist farblos, es verändert weder die Holzstruktur noch kann es laut den Wissenschaftlern auf der Holzoberfläche wahrgenommen werden. Zudem hat es keine Schimmelbildung zur Folge, ist ungiftig, abwaschbar und biologisch abbaubar. «Die Rezeptur sickert in die Poren des Holzes ein, wo sie die Schadstoffe wie ein Schwamm aufsaugt», erklärt Andrea Burdack-Freitag vom IBP, die das Gel mit ihrem Team entwickelt hat. «Je nach Schadstoffkonzentration verbleiben diese in der CD-Schicht gebunden.»
Sind jedoch viele
giftige Substanzen im Holz vorhanden, können sie das Gel nicht komplett
adsorbieren und sie gelangen dann zum Teil in die Raumluft. Diese Lücke
füllt ein Plasmagerät: Es saugt die schädlichen Stoffe auf und macht sie
unschädlich. «Elektroden im Gehäuse erzeugen ein Plasmagas, durch das
der Luftstrom mit den Schadstoffen durchgezogen wird. Das Plasmagas baut
das Lindan und PCP chemisch ab. Zusätzlich verhindern Aktivkohlefilter,
dass gasförmige Abbauprodukte aus dem Gerät entweichen können.»
Tests am Dachstock einer historischen Mühle
Nachdem erst Laboruntersuchungen wurden erfolgreich abgeschlossen
werden konnten, wird die Technologie im Freileichtmuseum Glentleiten in
Oberbayern: Im Dachgeschoss der historischen Thürlmühle wird die
«CycloPlasma»-Technologie derzeit mit umfangreichen Messungen getestet.
«Gerade in den Dachstühlen historischer Bauten sowie den Exponaten
musealer Sammlungen befinden sich sehr häufig gefährliche Schadstoffe
aus Holzschutzmitteln, welche früher verwendet wurden, um das Kulturgut
möglichst langfristig zu erhalten», wird Ralf Kilian von der
Kulturerbeforschung in der Medienmitteilung des Fraunhofer Instistuts
zitiert.
Quelle: Fraunhofer IBP
Wie Burdack-Freitag erklärt, handelt es sich bei den Cyclodextrinen um ringförmige Dextrosemolekül-Ketten, die enzymatisch aus der Stärke gewonnen werden. Die Ringstrukturen aus Zuckerketten umschliessen das Lindan und PCP in einem Hohlraum und kapseln sie somit komplett ein.
Während im Labor die vorhandenen Schadstoffe komplett abgebaut werden konnten, konnte sich die Schadstoffkonzentration in der Thürlmühle bislang erst auf ein Drittel der Ausgangskonzentration gesenkt werden. Allerdings ist das Gel laut Fraunhofer Institut in den bisherigen Tests nur dünn auf die sichtbaren Holzoberflächen aufgebracht worden. Werde die Lasur dicker aufgetragen, lasse sich die Schadstoffkonzentration noch weiter senken, heisst es weiter.
Zudem klärt das Team des IBP in einem Langzeitversuch nun, wie lange die CD-Schicht stabil bleibt und ob auch langfristig keine Schadstoffe entweichen. Darüber hinaus starten die Tests mit der kombinierten Adsorber- und Plasmatechnologie. Weitere Versuche verwenden mit dem CD-Gel getränkte Kompressen, die um die Holzbalken gewickelt und später entfernt werden – eine klassische Restaurierungstechnik.
Die Adsorber- und die Plasmatechnologie können je nach Schadstoffbelastung und Raumgrösse kombiniert werden. «Die Sanierungsmassnahmen erfolgen quasi nach dem Baukastenprinzip. Wir haben unsere Rezeptur für den Sanierungs- und Baubereich zum Patent angemeldet. Denkbar ist auch die Restaurierung von Holzmöbeln und Holzobjekten», so Burdack-Freitag. Möglicherweise eignet sich die Lösung gemäss den Forschern auch für andere Baumaterialien wie Beton und Estriche, sofern diese ebenfalls Lindan und PCP enthalten. Hier stehen Tests mit potenziellen Industriepartnern jedoch noch aus. (mai)
Hier den Artikel des Fraunhofer Instituts lesen: www.fraunhofer.de