Stadt Bern wendet neues Verfahren an
Die Sanierung von Wasserleitungen ist für Städte eine Daueraufgabe mit entsprechender Kostenfolge. Erstmals in der Schweiz kam deshalb in der Stadt Bern ein neues Verfahren zum Einsatz. Dabei dauerten die Bauarbeiten nur halb so lang. Und der Verkehrsfluss wurde weniger beeinträchtigt.
Rund 13 Millionen Kubikmeter Trinkwasser fliessen jährlich durch den Stadtberner Untergrund. Entsprechend stellt der städtische Energieversorger «Energie Wasser Bern» (ewb) in der Stadt Bern neben der Feinverteilung des Trinkwassers auch sicher, dass das knapp 600 Kilometer lange Wasserleitungsnetz in Schuss gehalten wird. Die Werkleitungen durchziehen in einer Tiefe von rund 1,5 Metern den Untergrund. Sanierungs- und Unterhaltsarbeiten stören allerdings öfters das pulsierende städtische Leben, weil Strassen aufgerissen werden müssen. Die aufwendigen Tiefbauarbeiten führen vielfach zu Verkehrsbehinderungen und sorgen bei den Anwohnern für Ärger.
Unterhalt mit Tücken
Um die Tiefbauarbeiten schneller und kostengünstiger durchführen zu können und die Verkehrsbehinderungen auf ein Minimum zu reduzieren, prüft ewb immer wieder alternative Vorgehensweisen. Für die Sanierungsarbeiten am Wasserleitungssystem bei der Weissensteinstrasse wurde das sogenannte Swagelining-Verfahren eingesetzt. Unterhalb der stark befahrenen Strasse mussten 360 Meter Grauguss-Trinkwassertransportleitung mit der Norm DN300 sowie zwei Hydrantenanschlüsse aus dem Jahr 1959 erneuert werden.
Eine Sanierung in offener, konventioneller Bauweise kam dabei nicht in Frage. Auf herkömmliches Relining konnte ebenfalls nicht zurückgegriffen werden, weil durch den Ringspalt der Innendurchmesser der neuen Leitung zu klein geworden wäre. Auch das bewährte Berstlining-Verfahren wurde verworfen. Zu gross war das Risiko von Kollateralschäden an den querenden Erdgasleitungen und die Gefahr von Belagsverwerfungen. Auch der Einsatz eines Inliner-Verfahrens mit GFK-Liner und das U-Liner-Verfahren vermochten nicht restlos zu überzeugen. Somit waren Alternativen gefragt.
Reduktionsverfahren für Rohre
Die Lösung für das Problem lieferte schliesslich die Frutig Leitungsbau GmbH aus Mühlethurnen BE. Das Unternehmen bietet ein für die Schweiz neuartiges Reduktionsverfahren an, das speziell für die Sanierung von Gas-, Wasser- und Abwasserleitungen entwickelt wurde. Beim sogenannten «Swagelining» (engl. swage für stauchen, gesenkdrücken) handelt es sich um ein Relining-Verfahren ohne Ringraum (Close-Fit-Technik). Das Verfahren wurde in England entwickelt und von den Leitungsbau-Spezialisten zusammen mit der Simona AG an die technischen Gegebenheiten und die Anforderungen des Schweizer Marktes angepasst.
Dabei haben die beiden Firmen die für das Verfahren notwendigen Spezialwerkzeuge und Maschinen so lange optimiert, bis das Verfahren markttauglich war. Bei diesem Rohrreduktionsverfahren werden spezielle Liningrohre aus Polyethylen (PE) gleichmässig soweit im Durchmesser reduziert, dass sie ohne Beschädigung in die vorhandene Altleitung eingezogen werden können. Dabei wird der PE-Rohrstrang durch ein konisches Gesenk gezogen, so dass dessen Querschnitt durch Kaltverformung um bis zu 14 Prozent reduziert wird. Nach der Zugwirkung dehnt sich der PE-Rohrstrang aufgrund der Elastizität des Materials wieder aus und legt sich ohne Ringraumbildung passgenau an die Innenwand des Altrohres an. Trotz der Verkleinerung des Querschnitts bleibt die frühere hydraulische Leistungsfähigkeit der Rohrleitung bestehen. Für die Sanierungsarbeiten an der Weissensteinstrasse waren zwei Zuggruben von 4,5 auf 2 Meter sowie eine Einzugsgrube (12 Meter lang, 2 Meter breit) nötig.
Wie sich bei der Baustelle an der Weissensteinstrasse zeigte, lassen sich mit dem neuen Reduktionsverfahren Zeit und Kosten sparen. Zudem können unnötige Umweltbelastungen vermieden werden. Und die Anwohnerschaft sowie der Strassenverkehr werden weniger beeinträchtigt, als dies bei herkömmlichen Verfahren der Fall ist. Dank des Swagelining-Verfahrens konnte die neue Wasserleitung innerhalb von vier Wochen in das bestehende Rohr eingezogen werden, wobei die Arbeiten in zwei Etappen zu 180 und 150 Metern ausgeführt wurden. Zum Vergleich: Bei Anwendung eines konventionellen Bauverfahrens hätten die Sanierungsarbeiten rund neun Wochen gedauert.
Autorin: Alexandra Jäggi ist Kommunikationsspezialistin bei Energie Wasser Bern.
Beteiligte Firmen
Bauherrschaft: Energie Wasser Bern (ewb) Der Gesamtenergiespezialist versorgt die Stadt mit Strom, Wasser, Erdgas und Fernwärme. In den Zuständigkeitsbereich von «ewb» fällt zudem der Ausbau und Unterhalt des Glasfasernetzes sowie die Verwertung von Kehricht zu Energie.
Leitungsbau: Frutig Leitungsbau GmbH, Mühlethurnen BE
Rohrlieferant: Simona AG, Möhlin AG
Tiefbauarbeiten: Brogini AG, Lyss BE