Salzmehuus Kölliken: Ein neues Schilfdach für einen Zeitzeugen
Nur noch elf Strohdachhäuser gibt es hierzulande. In Kölliken AG wird derzeit das beeindruckende Walmdach des «Salzmehuus» neu eingedeckt – grösstenteils jedoch mit Schilf statt Stroh.
Quelle: zvg
Ein Ständerbau mit vier Hochstüden: Das Kölliker Salzmehuus entstand 1802 und damit relativ spät im Vergleich zu anderen Strohdachhäusern der Schweiz.
Der Ständerbohlenbau mit dem wuchtigen, weit heruntergezogenen
Walmdach scheint aus der Zeit gefallen. Und tatsächlich ist das mitten in
Kölliken stehende «Salzmehuus» eines der letzten seiner Art. Gerade einmal elf
Strohdachhäuser gibt es heute noch schweizweit. Umso spannender, dass sich ganze
drei davon im Aargauer Dorf Kölliken befinden – darunter das denkmalgeschützte
Salzmehuus.
900 Quadratmeter beträgt dessen Dachfläche, die derzeit Fachleute
unter Leitung von Andreas Bergamini neu eindecken. Dafür hat der Baselbieter Dachdecker
aber nicht etwa Stroh eingekauft, sondern 36 Tonnen Schilf. Strohhalme hätten
eine maximale Länge von 140 Zentimetern, die von seinen Leuten verbauten
Schilfbündel seien hingegen zwischen 180 und 220 Zentimeter lang, erläuterte
Bergamini jüngst in der Aargauer Wochenzeitung «Der Landanzeiger». Das ist denn
auch der Grund, weshalb Schilf Regenwasser besser abführt als Stroh.
Bereits bei der letzten umfassenden Renovation im Jahr 1982 erhielt
das Salzmehuus deshalb ein Schilfdach. Knapp 40 Jahre später waren rund 20 der
30 Zentimeter dicken Schicht vom Wetter abgetragen, eine neuerliche Sanierung
unausweichlich. Die Lebensdauer eines Schilfdachs beträgt denn auch zwischen
vier und fünf Jahrzehnten.
Schweisstreibende Arbeit
Die noch bis Ende August laufende Neueindeckung des 15 Meter
hohen Salzmehuus-Walmdachs verlangt vollen Körpereinsatz. Auch in der grössten
Sommerhitze positionieren die Arbeiter Schilfbündel um Schilfbündel im Abstand
von 30 Zentimetern auf der Verlattung des Dachs, das eine Neigung von 45 Grad
aufweist. Die Dachdecker, die teilweise aus Ungarn stammen, richten jedes
Bündel grob von Hand aus und passen es danach mit dem Klopfbrett genau an die
Neigung und Form des Daches an.
Das verwendete Schilf kommt ebenfalls aus Ungarn, wo Dächer
aus diesem Rohstoff noch häufiger anzutreffen sind. Entsprechend gibt es dort
auch noch Produzenten, die dieses explizit für das Eindecken von Häusern anbauen.
Ganz ohne Stroh geht es denn aber auch bei der Dachsanierung in Kölliken nicht.
Ein «Strohzopf» wird das renovierte Salzmehuus als Giebel zieren und auf
Geheiss der Denkmalpflege werden auch die sichtbaren Bereiche der
Dachuntersicht mit Stroh ausgeführt. Das Strohdachhaus bleibt also ein
Strohdachhaus. Und das ist denn auch ein grosses Anliegen des 62-jährigen
Bergamini: «Ich würde mir wünschen, dass alle mit Schilf oder Stroh gedeckten
Häuser der Schweiz als Kulturgut erhalten bleiben.»
Das ländliche Leben erleben
Im «Salzmehuus» befindet sich seit 1987 das Kölliker Dorfmuseum.
Die vor sieben Jahren neu konzipierte Dauerausstellung präsentiert die typische
Lebensweise von Bauern und Handwerkern um 1900 in den Kornanbaugebieten des
Schweizer Mittellands. Die verschiedenen Ausstellungsteile zeigen den Wandel
des ländlichen Alltags zwischen Tradition und Moderne sowie zwischen
Landwirtschaft und Industrie. Verschiedene Geräte können ausprobiert werden, Filme
zeigen Menschen bei der Arbeit. Geöffnet ist das Dorfmuseum von April bis Juni
sowie von September bis zum 1. November jeweils sonntags von 15 bis 17 Uhr. (gd)
Weitere Informationen unter www.museums.ch