Römischer Gutshof von Münsingen: Gebäude mit Bodenheizung entdeckt
Bei Grabungen rund um den römischen Gutshof von Münsingen im Kanton Bern kamen Reste eines gut erhaltenen Gebäudes zum Vorschein. Die Fundstücke werden derzeit dokumentiert, da die Gebäudeteile für die Entlastungsstrasse Nord weichen müssen.
Quelle: Archäologischer Dienst des Kantons Bern, Urs Liechti
Bereits 2018 wurden auf dem Areal Sondierungen durchgeführt: Links im Bild die Kirche, wo das Herrnhaus vermutet wird, in der Mitte die Ebene, wo der Ökonomieteil erwartet wird.
Die Reste des römischen Gutshofes werden seit September 2020 vom Archäologischen Dienst des Kantons Bern untersucht. Die Präsenz des historischen Baus ist seit längerem bekannt. Es sei darum keine grosse Überraschung gewesen, als bei einer ersten Grabung ein gut erhaltenes Gebäude an den Tag befördert wurde, wie die kantonale Bildungs- und Kulturdirektion am Donnerstag mitteilt.
Römische Bodenheizung
Das neu entdeckte Gebäude verfügt über eine noch teilweise vorhandene Unterbodenheizung (Hypokaust). Dies ist gemäss Mitteilung von besonderem Interesse, da das freigelegte Gebäude nicht zum Herrenhaus, sondern zum Ökonomieteil des Gutshofes gehört und beheizte Räume in diesem Bereich selten sind. Beim Ökonomieteil handelt es sich um ein Nebenhaus, das dem Gutshof als wirtschaftliche Grundlage diente.
Die neusten Funde deuten darauf hin, dass der Ökonomieteil eine lange Bau- und Nutzungsgeschichte in Münsingen aufweist. So liefern Pfostengruben, die in unmittelbarer Nähe zu den Mauerfundamenten liegen, Hinweise auf eine ältere Holzbauphase. Daneben belegen auch zahlreiche Münzen, dass die Anlage bis in die Spätantike, das heisst bis mindestens ins 4. Jahrhundert, genutzt wurde.
Weitere Untersuchungen würden nun zeigen, ob auch Gebäudereste aus dieser späten Zeit existieren, wie die Direktion weiter schreibt. Bislang wurden Amphoren, Glas, Keramik sowie Geschirr aus Speckstein auf dem Areal gefunden.
Grosse Ausdehnung des Gutshof-Areals
Durch die Lage des neu entdeckten Gebäudes lasse sich die Ausdehnung des römischen Gutshofes nun besser ermitteln. So erstreckt sich die römische Anlage mit den Wirtschaftsbauten auf einer Länge von mindestens 220 Meter entlang der heutigen Bahnlinie und hangaufwärts gegen Norden über rund 170 Meter. Der Ökonomiebereich könnte sich auch jenseits der Bahnlinie erstreckt haben.
Das Herrenhaus des Gutshofes dürfte sich nach Einschätzungen des archäologischen Dienstes im Bereich der reformierten Kirche befunden haben. Der dazugehörige Badetrakt wurde bereits 1941 ausgegraben. Damals wurden Mosaike des Bades gefunden, die heute auf dem Areal der Firma USM ausgestellt sind.
Rettungsgrabung für Entlastungsstrasse Nord
Da im Gebiet der Fundstelle im Sommer 2021 die Bauarbeiten für die Entlastungsstrasse Nord beginnen, werden die Ruinen und Siedlungsspuren in diesem Sektor nach wissenschaftlichen Massstäben dokumentiert. Der archäologische Dienst untersucht dabei aber nur die durch das Bauvorhaben unmittelbar bedrohten Bereiche, die einen Bruchteil der gesamten Gutshof-Anlage ausmachen.
In den peripheren Zonen würden baubegleitende Untersuchungen ausreichen, wie die Bildungs- und Kulturdirektion weiter mitteilt. Die Rettungsgrabung sei mit der Gemeinde Münsingen als Bauherrin des Projekts abgesprochen und verlaufe bislang plangemäss. (mgt/pb)